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Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Christen
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die Wahrheit sagte. Das Wenige, was sie wusste, hatte sie bei einem Gespräch aufgeschnappt, in dem Renard und Jeannot die Praktiken der bischöflichen Untersuchungskommission kritisierten, und nicht bei Jean Vernier. Glücklicherweise wurde das Gespräch nicht vertieft. Mathieu sah auf den gesenkten Kopf mit der züchtigen Leinenhaube. Er hatte gelogen. Die Zeit für einen gemeinsamen Kirchgang hätte er sicher aufbringen können. Tatsache war jedoch, dass er sein Versprechen längst bereute. Je älter und reizvoller Ysée wurde, umso mehr musste er Abstand von ihr halten. Sie liebte Simon, daran konnte es keinen Zweifel geben. Das Funkeln in ihren Augen, sobald sein Name erwähnt wurde, verriet sie. Und er wollte nichts mit Frauen zu tun haben. Er rief sich diese Tatsachen energisch ins Gedächtnis und wandte sich an Jean.
    »Entsinne ich mich richtig, Alter, dass du einmal erwähnt hast, du würdest einen der Hauptleute aus dem Châtelet kennen?«
    »Du sprichst von Marcel, dem Dizenier, nehme ich an«, nickte der Waffenmeister. »Er ist Sergeant à verge des Prévôt.«
    » Was bedeutet das?«
    Mathieu fuhr zu Ysée herum. Da sie sich mittlerweile daran gewöhnt hatte, Renard und seine Gefährten ständig mit Fragen zu belästigen, fand sie nichts dabei, auch Jean zu unterbrechen. »Nun, ein Dizenier hat den Befehl über zwölf Männer, und die Sergeanten sind für die Aufrechterhaltung der Ordnung in Paris zuständig. Sie führen die Justizentscheidungen des Stadtvogts innerhalb der Stadtmauern von Paris aus«, erläuterte er gutmütig.
    »Was fragst du solche Dinge? Sammelst du unnützes Wissen?«, wunderte sich Mathieu.
    »Wissen ist nie unnütz.« Ysée hielt dem forschenden Blick stand, auch wenn ihr Herz ängstlich pochte. »Man sammelt es lediglich, bis es irgendwann gebraucht wird.«
    »Beschränke dich lieber auf die Arbeit der Frauen. Du tust sie gut, wie ich feststellen kann. Hab Dank für das Hemd, das du mir genäht hast. Ich hab nie ein schöneres besessen.« Das erste Mal bemerkte er die Mühe, die sie sich gegeben hatte. Ihr Gesicht hellte sich auf.
    Mathieu bedeutete Vernier dennoch mit einer knappen Handbewegung, ihn nach draußen zu begleiten. Bei dem, was er mit ihm zu besprechen hatte, störten Ysées Fragen.
     
     
     
    D ER FALSCHE G OLDSCHMIED
    Paris, Pont au Change, 11. Mai 1310
     
    »Wo hast du gesteckt? Ich hab schon gedacht, dein Herr hat dich zurückgeschickt nach Burgund.«
    Renard grinste seinen neuen Freund an, der keuchend um die Ecke des Annenportals gerannt kam.
    »Noch nicht«, antwortete Ysée atemlos und erleichtert darüber, dass sie nicht zu spät gekommen war. Sie sah, dass ein Teil der Scholaren sich bereits in Richtung Pont au Change bewegte. »Wohin geht ihr?«
    »Zum Hôtel de Sens«, erklärte Jeannot knapp. »Dem Palast des Bischofs?«
    Renard biss in einen kleinen, weißen Käse, den er soeben vom Brett eines Straßenhändlers stibitzt hatte, und nickte. »Seine Eminenz der neue Erzbischof von Sens, Monsieur Marigny, hat Wohnung im Hôtel de Sens genommen. Das bedeutet, dass das Urteil gegen die Tempelritter unmittelbar bevorsteht. Vielleicht erfahren wir schon etwas.«
    »Weshalb sollen die frommen Ritter verurteilt werden?« Ysée passte ihren Schritt Renards langbeinigem Schritt an. »Sie haben das Christentum gegen die Heiden verteidigt und Jerusalem zurückerobert. Dafür müssten ihnen König und Kirche doch dankbar sein?«
    »In Burgund weiß man aber auch gar nichts«, schnaubte Renard entrüstet und wischte sich die feuchten Finger an seinem fadenscheinigen Scholarenwams ab. »Die Ordensritter haben im Heiligen Land fabelhafte Schätze gesammelt, die sie im Laufe der Jahre geschäftstüchtig verdoppelt und verdreifacht haben. Genau auf diese Reichtümer hat es die Eule abgesehen.« Ysée hatte inzwischen gelernt, dass man in Paris Seine Majestät bei diesem respektlosen Namen nannte, weil er seine Gegner mit ungerührter Miene aus großen Augen anzusehen pflegte, ohne auch nur ein einziges Mal zu blinzeln. »Er kann sie doch nicht einfach berauben!«
    »Hohlkopf, er benutzt Kirche und Gesetz, um sie zu vernichten, und dabei kennt er keine Gnade. Der Bischof von Narbonne, der damals Großsiegelbewahrer des Königreiches war, hat sich in der geheimen Sitzung des Staatsrates geweigert, seinen Namenszug unter den Befehl zur Verhaftung der Templer zu setzen. Die Eule hat ihn abgesetzt und seine Aufgaben le terrible übertragen. Der tut alles für ihn.«
    »Und

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