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Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Christen
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unter welchem Vorwand will der König die frommen Ritter verhaften lassen?«
    »Die unglaublichsten Dinge werden ihnen vorgeworfen. Sie sollen auf das Kreuz gespuckt haben, Christus verleugnen, Götzenbilder verehren, die Sakramente missachten und…«
    »Das glaube ich nicht«, warf Ysée empört ein. »Die Beweise dafür hat ein gewisser Esquieu von Floryan aus Beziers für Gold an den König verkauft«, sagte Renard. »Unter uns gesagt, ich glaube den Gerüchten, die behaupten, dass er diese Beweise in Nogarets Auftrag gesammelt hat. Le terrible hasst die Templer. Sein Großvater wurde von Ordensrittern als Ketzer verbrannt. Man munkelt, er sei Katharer gewesen.«
    »Gekaufte Beweise kann man doch sicher entkräften?«, entgegnete Ysée nachdenklich.
    »Nicht wenn Nogaret im Spiel ist. Er hat sich persönlich um die Verhöre der Tempelritter gekümmert. Sie wurden auf das Übelste gefoltert, und viele von ihnen haben in ihrem Schmerz Taten gestanden, die sie nie in Erwägung gezogen haben. Den Großmeister Jacques de Molay hat er selbst befragt. Er hat ihm zum Beispiel die Aussage eines Knappen vorgehalten, an dem er sich vergangen haben soll. Am Ende hat Molay die Anklagen bestätigt und seine Brüder aufgefordert, dasselbe zu tun.«
    »Er war tatsächlich schuldig?« Renard stieß ein heiseres Lachen aus.
    »Er ist ein Graubart, ein schwacher, alter Mann ohne viel Rückgrat. Schon der Anblick seiner gefolterten Ritter hat genügt, ihn zu brechen. Später hat er sein Geständnis widerrufen, aber das nützt ihm nichts mehr. Die Templer sind verloren, ihre Schätze längst in den Händen des Königs.«
    »Und der Papst…«
    »Seine Heiligkeit wagt nicht, gegen die Eule aufzumucken, Kleiner. Er erpresst den Papst mit dem Ketzerprozess gegen den achten Bonifaz. Wenn die Kurie in der Templerfrage nicht nachgibt, wird er darauf bestehen, den verstorbenen Papst als Ketzer anklagen zu lassen.«
    Ysée schwirrte der Kopf von all diesen Einzelheiten. »Ein Papst als Ketzer?«, fragte sie schwach. »Das kann ich nicht glauben.«
    »Man sagt, es sei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen, als Bonifaz das Amt von seinem Vorgänger Coelestin übernahm.« Renard zuckte mit den Schultern. »Zudem hat er erfolglos versucht, den König exkommunizieren zu lassen und die Macht der Krone zu beschränken. Da kommt einiges zusammen, und Seine Heiligkeit tut alles, diese Vorgänge in Vergessenheit geraten zu lassen. Damit hat der König ihn in der Hand. Die Kommission, die im bischöflichen Palast tagt, kann nur noch das Gesicht der Kirche wahren. Im Grunde hat sie keinen Einfluss auf die Entscheidung. Der Orden der Templer ist dem Untergang geweiht. Da können noch so viele fromme Mönchsritter ihr Leben riskieren und zu seiner Verteidigung nach Paris eilen.«
    Sie gingen an den Goldschmiedewerkstätten auf dem Pont au Change vorbei, und dieses Mal schenkte Ysée den glitzernden Kostbarkeiten, die hinter herabgeklappten Läden angeboten wurden, keinen Blick. Sie war so in die verwirrenden Einzelheiten von Renards Erzählung vertieft, dass sie nicht einmal das Gewitter bemerkte, das sich über dem westlichen Fluss zusammenbraute.
    »Ich wundere mich, woher du das alles so genau wissen willst. Bist du sicher, dass dies so ist?« Ysée kam es unwahrscheinlich vor.
    »Marigny war schließlich der Inquisitor von Lothringen. Er kennt sich aus mit Ketzern. Er wird mit den Templern genauso umspringen, wie er es mit der Begine getan hat, die neulich verurteilt wurde. Glaub mir, die Gesetze lassen es zu, und die Interessenlage liegt klar auf der Hand. Lass uns laufen und herausfinden, ob es schon eine Entscheidung gibt.« Renard rannte voraus, um die anderen einzuholen. Es fiel ihm nicht auf, dass sein Schützling einen Augenblick zögerte, das Gleiche zu tun.
    Ysée hatte Renard und seine Freunde in erster Linie gesucht, um zu erfahren, ob es etwas Neues über Marguerite Porète gab, und ihre Erwähnung durch ihn hatte sie wieder schmerzlich an sie erinnert.
    Schließlich lief sie ihm nach. Vor dem Haupteingang der Residenz des Erzbischofs hatte sich jedoch eine riesige Volksmenge versammelt. Den Grund für die Aufregung nannte Ysée ein Gerber, dessen übel riechende Kleider seine Arbeit verrieten. »Pierre von Bologne, der Verteidiger der Templer, ist aus dem Châtelet entflohen. Er hat le terrible und seinen Schergen einen sauberen Streich gespielt. Als man ihn vor die Kommission bringen wollte, war seine Zelle leer. Er muss gute Freunde

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