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Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Christen
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Fähigkeiten, noch immer mit einer einflusslosen Position zufrieden gebt? Wenn Ihr Wert auf den Rat eines Mannes legt, der Euch wohlgesinnt ist: Der Mutter Kirche wäre mehr gedient, wenn Ihr Eure Kraft nicht auf ihre schwächsten Vertreter verschwenden würdet.«
    »Ich fürchte, ich begreife nicht, was Ihr damit sagen wollt, Monsignore. Ich werde zu Gott beten, dass er die Schwachen stark macht.«
    »Ein frommer Mann, der seine Zunge zu beherrschen weiß und Gott in Bescheidenheit dient«, der Kardinal klang zynisch. »Achtet auf Euch. Ihr habt keinen leichten Weg in unseren Reihen gewählt.«
    Bedrückt schaute Simon dem Kardinal nach, der gemessenen Schrittes das Gotteshaus verließ. Die wenigen Italiener, die in der Kurie Macht und Ansehen besaßen, waren bemüht, ihre Fraktion zu stärken. Wie kam Colonna ausgerechnet auf ihn?
    Sah man ihm schon an, dass er am liebsten die Flucht ergriffen hätte?, ging es Simon durch den Kopf.
    Seine Augen glitten über prächtige Mosaikbilder, steinerne Heiligenstatuen und fingen sich in den farbigen Lichtpfeilen, die durch die schmalen Fenster schossen. Rote, blaue und grüne Blitze. Grün so hell wie Violantes unvergessliche Augen. Nein!, dachte er, nicht schon wieder!
    Hastig eilte Simon in den Palast des Erzbischofs von Vienne zurück.
    Nur die wichtigsten Ratgeber und der Haushalt des Heiligen Vaters hatten hier Quartier bezogen. Die übrigen rund dreihundert Teilnehmer des Konzils, unter ihnen über hundert Bischöfe und Äbte mit ihrem Gefolge, hatten sich Unterkünfte in der Stadt besorgen müssen. Vienne drängte sich auf dem rasch ansteigenden Gelände des Ostufers der Rhône auf engem Raum mit schmalen Gassen und bot wenig Platz für die vielen Gäste. Mancher Würdenträger hatte zu seinem Ärger auf die nicht mit Standarten geschmückte, bescheidene Westseite des Flusses oder auf umliegende Dörfer ausweichen müssen. Im Hause des Erzbischofs herrschte angespannte Stimmung. Die Kardinäle begegneten sich mit so viel übertriebener Freundlichkeit, dass es Simon auf den Magen schlug. Heute mied er die abendliche Tafel und nutzte die freie Zeit, den nächtlich leeren Garten des Erzbischofs aufzusuchen. Dass er dabei dem Erzdiakon in die Arme lief, hielt er nicht für einen Zufall. Schon der erste Satz bestätigte seine Vermutung. »Was wollte Colonna von Euch? Ich sah Euch in der Kathedrale mit ihm.«
    »Er suchte wohl nur das Gespräch. Es gab nichts Besonderes.«
    »Colonna tritt als Zeuge der Anklage im Ketzerprozess gegen Bonifaz VIII. auf. Es wäre für die Familie Colonna höchste Befriedigung, wenn der Papst, den sie so erbittert bekämpft hat, auch noch über seinen Tod hinaus verurteilt würde.« Der Erzdiakon berührte Simons Schulter.
    »Kardinal Colonna ist ein gefährlicher Mann. Ein Italiener. Wetterwendisch wie die meisten seiner Landsleute und eifersüchtig auf das französische Übergewicht in der Kurie. Lasst Euch von ihm nicht auf die italienische Seite ziehen«, warnte Pellegrue nachdrücklich. »Ich bin mir meiner Pflichten bewusst.«
    »Dann seid Ihr auf der Seite des Heiligen Vaters.« Pellegrue interpretierte die Auskunft nach eigenem Ermessen. »Vergesst es nie.« Simon vernahm die Mahnung. Seit er den Erzdiakon in Avignon gebeten hatte, ihn nach Fontenay zu entlassen, stand er offensichtlich unter Beobachtung. Der Neffe Seiner Heiligkeit mochte seine Ehrlichkeit rühmen, aber er war klug genug, Vorsicht walten zu lassen.
    »Wir haben Nachricht erhalten, dass die Vorhut des Königs im Laufe des morgigen Tages eintrifft«, wechselte Pellegrue das Thema. »Ein Edelmann mit dem Namen Andrieu führt sie an. Ein Verwandter von Euch?«
    Mathieu? Hatte er sich um dieses Amt beworben, um ihn zu treffen, oder war ihm schlicht ein Befehl erteilt worden? Seit Männer wie der Erzbischof von Sens um ihre Verwandtschaft wussten, musste man mit allem rechnen. »Es gibt nur noch meinen Bruder, der diesen Namen trägt«, erwiderte er sachlich.
    »Interessant. Zwei Brüder, einer dient der Krone und einer der Kirche.«
    »Das trifft in vielen Familien zu.«
    »Ihr habt diesen Bruder nie erwähnt.«
    »Aber Ihr wusstet, dass es ihn gibt.«
    »Werdet Ihr ihn Wiedersehen?«
    »Ich hoffe es«, antwortete er wahrheitsgemäß, denn er hatte viel mit Mathieu zu besprechen.
    Sobald Simon am nächsten Tag erfuhr, dass ein Schiff mit einer Abordnung des Königs in Vienne angelegt hatte, eilte er hinunter zur Anlegestelle. Mit einem Male konnte er es kaum erwarten,

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