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Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Christen
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Vienne genügend Raum bieten können. »Was gibt’s?«, fragte Mathieu unwirsch. »Ein Bote aus dem Palast des Erzbischofs, Seigneur.«
    »Herauf mit ihm. Die Nachricht von unserer Ankunft muss sich in Windeseile in der Stadt verbreitet haben, wenn man im Palast schon Bescheid weiß.«
    »Wundert dich das?« Vernier gab dem Hausherrn zu verstehen, dass er gehen solle, um den Boten hereinzubitten. »Diese Stadt wird von Geistlichen und Domherren beherrscht. Niemand verfügt über so viele Spitzel wie der Klerus.« Mit dem Rücken zum offenen Fenster empfing Mathieu die Nachricht.
    »Seine Eminenz Erzdiakon Pellegrue bittet um den Besuch des königlichen Gesandten, sobald es seine Zeit erlaubt.«
    »Simon hat in Paris den Erzdiakon erwähnt«, sagte Mathieu, sobald der Bote wieder verschwunden war. »Es würde mich nicht wundern, wenn Simon hinter dieser Einladung steckt.«
    »Du glaubst, dein Bruder ist in Vienne?«
    »Seine Heiligkeit benutzt ihn, wie der König mich benutzt. Die Tatsache, dass Violante auch noch hier auftaucht, macht die ohnehin vertrackte Lage zusätzlich kompliziert.«
    Der Waffenmeister versagte sich eine Antwort. Das Gesicht seines Herrn verriet nichts Gutes.
    »Zum Henker, ich vertue hier Zeit, die ich besser in Andrieu verbringen sollte.«
    Mathieu wandte sich ab und starrte aus dem Fenster. Er war tief in seinen Erinnerungen versunken. »Dennoch darfst du jetzt nicht deine Pflichten vergessen.«
    »Weniger denn je«, bestätigte er düster. »Ich muss mir das Wohlwollen des Königs erhalten, damit er mich nach Andrieu entlässt, wenn mein Auftrag hier erfüllt ist. Verärgere ich ihn, wird er mir daraus einen Strick drehen.«
    »Du kannst auf meine Hilfe zählen.«
    »Dann versuche herauszufinden, wo die Reisegruppe aus Strasbourg inzwischen untergekommen ist. Ich habe gehört, dass auch Gäste im Hospital einquartiert werden, ebenso kommen die beiden Klöster neben der Kathedrale und die übrigen Häuser des Domkapitels in Frage. Jeannot soll dir helfen. Sein harmloses Gesicht ist die beste Tarnung.« Vernier nickte.
    »Und hüte dich vor diesem Pater Étienne«, fügte Mathieu hinzu. »Ich fürchte, sie hat sich in ihm bereits einen Feind gemacht. Er belauert sie auf Schritt und Tritt.« Violante in Vienne! Seit er sie am Kai in Lyon entdeckt hatte, befand er sich in einem seltsamen Zustand der Erregung. Er hatte geglaubt, sein Bestes getan zu haben. Er hatte sich sogar dazu beglückwünscht, dabei seinen Bruder nicht verletzt zu haben.
    »So in Gedanken, Bruder?« Erschreckt sah er sich um. »Simon! Woher kommst du?« Sie schlossen sich in die Arme.
    »Pellegrue hat mir schon gestern gesagt, dass du eintriffst«, berichtete Simon. »Ich habe dich am Flusskai erwartet, aber verpasst. Es gibt wichtige Neuigkeiten.«
    »Von mir auch.«
    »Meine sind dringlicher. Hör zu.«
    In kurzen Worten schilderte er Ferrands Besuch und die Nachrichten, die ihm aus Fontenay zugetragen worden waren. »Du kannst dich nicht länger deiner Verantwortung entziehen, Bruder. Du musst nach Andrieu zurück und dein Erbe fordern. Du darfst dich nicht weigern. Hast du vergessen, wie viel dir Andrieu einmal bedeutet hat? Es ist deine Heimat. Wie ich dich darum beneide, dass du heimkehren darfst.« Mathieu vernahm den bitteren Unterton und legte Simon die Hände auf die Schultern.
    Er suchte den Blick der tief liegenden dunkelblauen Augen und erschrak noch mehr. »Was ist mit dir? Hast du deinen Glauben verloren?«
    »Wundert dich das? Der Gott, an den ich glaube, und der Gott, von dem uns die Kirche lehrt, sind so verschieden, dass meine Zweifel mit jedem Tag größer werden.« Mathieu wusste keine Antwort.
    »Ich muss meinen Weg alleine finden«, gab Simon sie sich selbst. »Sorge dich nicht um mich. Sag mir lieber, welche Neuigkeiten du für mich hast. Wir werden nicht miteinander sprechen können ohne Zeugen. Ich bin sicher, der Erzdiakon heftet mir einen Spion an die Fersen, sobald er offiziell davon erfährt, dass du in Vienne bist.«
    »Er weiß es bereits. Sein Bote war schon da. Komm zum Fenster. Das Rauschen des Wassers macht es so unmöglich, uns irgendwoher zu verstehen. Und was die Neuigkeiten betrifft… es hat keinen Sinn, groß herumzureden. Violante ist hier. Sie ist ebenfalls nach Vienne gekommen.«
    »Violante?«
    »Ja, Violante«, nickte sein Bruder. »Angekommen mit einem Dominikanerpater namens Étienne, ein paar weiteren Mönchen und zwei Frauen, die wie sie Beginen sind, obwohl sie sich als

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