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Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Christen
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abwandte. Sie spürte ihr Erstaunen, aber sie ließ nicht zu, dass ein weiteres Wort ihre Freundschaft beschwor.
    Auf leisen Sohlen huschte sie zum Ende des Ganges. Ohne zu zögern, drückte sie vorsichtig die Tür auf. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Die Lederangeln gaben ein kaum hörbares Ächzen von sich.
    Eine Stundenkerze bildete die einzige Lichtquelle im Raum. Das bescheidene Kastenbett war leer. Die Decke lag ordentlich gefaltet am Fußende. Simon kniete auf einem hölzernen Betstuhl. Seine Stirn lag auf den gefalteten Händen, und er trug ein grobes Büßerhemd. Leise schloss sie die Tür hinter sich. Er hatte sie gehört und stand hastig auf. Seine hohe Gestalt wirkte ohne die Kutte noch hagerer, die dunklen Brauen, der Schatten des Bartes und die schmalen Lippen gehörten einem Mann, der sich jede Lebensfreude versagte. »Ysée!«
    Er nennt mich immer noch Ysée, dachte sie und verspürte eine Vertrautheit und Nähe, der sie nur zu gerne nachgegeben hätte.
    »Ich bin jetzt Violante von Courtenay«, erwiderte sie mit einer Stimme, der sie Festigkeit zu geben versuchte. »Was um Himmels willen tust du hier? Bist du ganz von Sinnen?« Der Augenblick der Schwäche ging vorüber. Sie fasste sich, verbarg die Hände in den Falten ihres Gewandes und sah ihn an.
    »Ihr habt gesagt, Ihr wollt mir Erklärungen geben. Ich habe gewartet. Ihr seid nicht gekommen.«
    »Ich habe dich auch gebeten, dein Gemach nicht zu verlassen und dich an Pater Étiennes Anordnungen zu halten.«
    »Das kann ich nicht länger. Der Pater ist gegen uns. Er will nicht mehr für die Beginen sprechen, weil er Angst vor Repressalien hat.«
    Simon stieß einen unwilligen Laut aus.
    »Zieh die Krallen ein, kleine Katze. Ich habe Étienne gesucht, um dich in diesem Palast in Sicherheit zu bringen. Von Mathieu erfuhr ich, dass du dich mit Colonna eingelassen hast. Du hast keine Ahnung, welche Gefahr das für dich bedeutet.«
    »Vielleicht hätte er mein Anliegen unterstützt?«
    »Meine liebe Violante, du hast keine Vorstellung, welche Intrigen in der Kirche gesponnen werden. Du weißt, wie viel mir daran liegt, dass du dich nicht in Gefahr begibst. Glaube mir, ich werde eine Lösung finden, mit der auch du leben kannst. Auf Colonna kannst du keinesfalls bauen.« Sein Ton verriet, dass es ihm ernst war. Violantes Hoffnungen schwanden.
    »Dann entspricht also Pater Étiennes Aussage der Wahrheit, dass die Entscheidung gegen die Beginen gefallen ist.«
    »Leider. Sie hat viele Hintergründe, aber vor allem ist es ein Handel zwischen König und Kirche. Der König will die Templer vernichten, die Ritter der Kirche, womit der Klerus empfindlich geschwächt wird. Sie waren lange für ihren Glauben in den Krieg gezogen, sie sind reich. Für die Kirche ist das ein finanzieller, ein Macht- und ein Prestigeverlust. Was die Beginen anbelangt, lässt der König dafür den Papst gewähren. Mit dem Verzicht auf die Beginenhöfe versucht er vor allem die italienischen Bischöfe, denen die Beginen ein Dorn im Auge sind, zu beschwichtigen. Den Verlust an Grundsteuer, der ihm bei diesem Handel entsteht, nimmt der König dabei gerne in Kauf. Du hättest nie eine Aussicht, in die Geschehnisse einzugreifen.«
    Der Ernst seiner Worte verlieh der Begründung bittere Endgültigkeit. Tränen der Verzweiflung standen Violante in den Augen. »Violante…«
    Er griff nach ihren Händen, aber sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Sie sah ihn verzagt an. Im dunkelblauen Ozean seiner Augen stand kein Zorn, nur Wärme und Sehnsucht. Eine Zuneigung, die allen Trotz und allen Widerstand in nichts auflöste.
    Führte sie wirklich nur ihre Mission zu ihm? Oder hatte das starke Verlangen, von ihm in die Arme genommen zu werden, ihre Schritte gelenkt? »Simon…«
     
     
     
    M ATHIEU VON A NDRIEU
    Vienne, Herberge »Zur Alten Mühle«, 21. Oktober 1311
     
    Der kleine Fluss Gère, der die Mühlen oberhalb der Herberge antrieb, rauschte unter seinem Fenster vorbei. Nach dem Gewitterschauer war das Flüsschen mächtig angestiegen. Mathieu fragte sich, ob auch in Andrieu solche Wassermassen vom Himmel gefallen waren und ob die Bauern ihre Ernte rechtzeitig in die Scheuern hatten bringen können. »Die Briefe sind fertig.«
    Jean Vernier trat ins Zimmer und legte einen Packen gesiegelter Pergamente auf den Tisch.
    »Willst du sie selbst in die Hülle tun?« Mathieu nickte.
    »Wenn ich schon die Verantwortung für die Korrespondenz trage, will ich auch sicher sein, dass alles

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