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Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Christen
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vermute. Lebt etwa die Dame auch dort, die Ihr begleitet?«
    »Kardinal Colonna hat ihr seine Gastfreundschaft angeboten, und sie wollte noch heute in sein Haus ziehen. Ich war jedoch gezwungen, es ihr zu untersagen. Sie muss im Liebfrauenkloster bleiben, weil es für mich keine Möglichkeit gab, zu ihrem Schutz an ihrer Seite zu bleiben. Ich bin für sie verantwortlich.«
    »Vielleicht kann ich bei den hohen Geistlichen etwas für Euch tun«, lockte Simon den Pater, um ans Ziel zu kommen. »Das alte Kloster ist kein geeigneter Aufenthaltsort für eine Dame. Im erzbischöflichen Palast wurden Räume für den König und sein Gefolge freigehalten. Da er nun erst zum Weihnachtsfest kommt, stehen sie bis dahin zur Verfügung. Ich werde versuchen, Euch dort unterzubringen. Kommt nach der Vesper mit Eurer Dame und ihren Mägden zum Seiteneingang des erzbischöflichen Palastes. Seid pünktlich. Man wird Euch dort erwarten.« Pater Étienne überschlug sich vor Dankbarkeit.
    Obwohl von Natur aus misstrauisch, kam es ihm nicht in den Sinn, dass das hochherzige Angebot keineswegs ihm galt. Er war nach Vienne gekommen, um jede noch so kleine Gelegenheit zu ergreifen, die Aufmerksamkeit eines hohen Würdenträgers auf sich zu lenken. Er gierte nach Anerkennung und Einfluss, nach einem Titel, einer Soutane, einer eigenen Pfarrei und mehr.
    Violantes Mission, das Wohlergehen der Beginen und der Erhalt ihrer Gemeinschaften, berührten ihn nicht. Die Sache schien wohl auch entschieden zu sein.
     
     
    Als Violante mit Pater Étienne und ihren beiden Begleiterinnen die Räume in Besitz nahm, die Simon für sie erkämpft hatte, sah sie sich befremdet um.
    »Warum sind wir umgezogen? Das ist nicht viel besser als im Kloster.«
    Simon stand am Fenster und wartete auf seine Gäste. Er wandte ihnen den Rücken zu, als sie den für Violante vorgesehenen Raum betraten. Die Kapuze seiner Kutte hatte er über den Kopf geschlagen.
    Er zögerte, bevor er sich umdrehte. Hoffentlich würde Violante sich nicht verraten.
    »Wir müssen dankbar dafür sein, dass der Sekretär des Papstes uns geholfen hat, für alle ein gemeinsames Dach zu finden«, wies Bruder Étienne sie tadelnd zurecht. Violante gab einen unwilligen Laut von sich. Sie legte keinen Wert darauf, mit dem Pater Tür an Tür zu wohnen. »Es ist sicher richtig, was der Pater rät, Madame.« Entschlossen hatte Simon sich umgedreht und sich an Violante gewandt. Ihre Augen weiteten sich ungläubig. Genau dieses überraschte Erkennen hatte er gefürchtet. Mit strengem Blick sah er sie an.
    »Wir können Euch keinen Luxus bieten, aber ein ungestörtes Quartier. Der Novize wird Euren Mägden zeigen, wo sie finden, was für Eure Bequemlichkeit und Euer Wohlergehen nötig ist.«
    Während er sprach, sah er sie heftig atmen. Im Augenblick konnte er nichts anderes tun, als ihr Zeit zu geben, sich zu fassen. Er schickte die anderen Frauen mit dem Novizen aus dem Raum und nahm Pater Étiennes Arm.
    »Kommt, ich zeige Euch selbst, wo Ihr untergebracht seid, Bruder.«
    »Wird man nicht fragen, wer wir sind und warum wir hier sind?«
    Simon schüttelte den Kopf. »Sorgt Euch nicht. Hier fragt keiner. Es wohnen zurzeit zu viele Menschen unter diesem Dach.«
    Die Auskunft beruhigte den Pater erkennbar. Als Simon zurückkam, stand Violante immer noch reglos bei offener Tür am Fenster. Sie hielt jetzt die kleine Heiligenfigur in den Händen, die sie sich aus ihrem Bündel geholt hatte, und sie wich seinem Blick aus.
    »Versprich mir, dass du diesen Raum nicht verlässt, Violante«, bat er sie eindringlich. »Gehorche Pater Étienne. Dies ist keine Situation, in der du auf eigene Faust handeln darfst.« Er erhielt keine Antwort. Wie sollte er ihr Herz, ihren Verstand erreichen? Ihm blieb keine Zeit für lange Auseinandersetzungen.
    »Ich weiß, dass es dir schwer fällt und dass du am liebsten mit dem Kopf durch die Wand möchtest. Aber da sind andere, die von dir abhängen.«
    Jetzt endlich hob sie den Kopf, und er entdeckte die Ratlosigkeit in ihren Augen.
    »Ich habe nicht erwartet, Euch hier zu treffen. Was hat dies alles zu bedeuten? Könnt Ihr es mir erklären?«
    »Später, heute fehlt mir die Zeit dafür. Sei gewiss, dass ich so schnell wie möglich eine Gelegenheit finden werde, allein mit dir zu sprechen. Wirst du es zulassen?«
    »Müsst Ihr das fragen?«
    »Hast du Paris vergessen?«
    »Ich habe nichts vergessen.«
    Der erste Impuls trieb ihn, sie in die Arme zu nehmen, da hörte er die

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