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Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Christen
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du?«
    Simon fühlte, wie sich ihre Stärke auf ihn übertrug. Er streifte das Büßerhemd ab und zog sie auf das Lager. Ohne Zögern fanden sich ihre Hände, ihre Lippen.
    Es gab weder Scham noch Zurückweichen, als die letzten Hüllen fielen und sie einander Haut an Haut entdeckten. Sie waren nicht mehr Mönch und Begine, sondern eine Einheit von Leib und Seele.
    Zeit und Raum lösten sich auf, und ein unendliches Gefühl der Freiheit trug sie fort. Wie von selbst fanden sie zueinander, erfüllt von grenzenlosem Staunen und überwältigt von der Wirklichkeit ihrer Liebe.
    Lange danach hielten sie einander stumm und beglückt in den Armen. Nur allmählich fand ihr Bewusstsein in die Realität zurück.
    Simon spürte, dass Violante auf ein Wort wartete. »Sag mir nicht, dass du es bereust«, hörte er sie flüstern. »Wir wissen beide, dass es nie hätte geschehen dürfen. Aber ich weiß nicht, was ich bereuen sollte. Meine Liebe zu dir ist grenzenlos, und nur mein Gelübde wird mich wieder von dir trennen. Ich hoffe, ich habe dir nicht wehgetan.«
    »Du hast mir nicht wehgetan. Du hast mir das größte Glück meines Lebens geschenkt. Du hast mir gezeigt, dass körperliche Liebe nicht Gewalt bedeuten muss. Glaubst du wirklich, dass es keine Zukunft für uns gibt?«
    »Die Kirche wird mich nie freigeben. Durch meine Arbeit für den Heiligen Vater bin ich zum Geheimnisträger geworden. Gleichgültig, wohin ich mit dir fliehe, die Inquisition wird uns suchen, finden und nicht nur mich, sondern auch dich bestrafen. Das werde ich nie zulassen! Bist du damit einverstanden, dass ich mit Mathieu rede?«
    Simon hielt inne. Er spürte Tränen auf seiner Brust. Zärtlich strich er ihr über das Haar und küsste sie, betroffen von ihrem Schmerz.
    »Ich wünschte, ich könnte dein Leid, das ich mit dir teile, lindern. Wir müssen darauf vertrauen, dass die Zeit es für uns tut.«
    Violante befreite sich aus seinen Armen und griff nach ihrem Hemd.
    »Bei den Beginen habe ich gelernt, dass wir das Glück in der Pflichterfüllung finden. Es war bis heute leichter für mich, das zu akzeptieren, doch ich will dir vertrauen. Sprich mit Mathieu. Nur, bitte erhoffe nichts Unmögliches von mir, du kennst mich.«
    Das Flackern der herabgebrannten Stundenkerze rief ihnen die verrinnende Zeit wieder ins Bewusstsein. Schweren Herzens kleidete auch Simon sich an.
    »Ich muss gehen, solange der Palast noch nicht erwacht ist. Kein Mensch darf wissen, dass ich bei dir gewesen bin«, sagte Violante.
    »Senk den Kopf«, riet er ihr nach einem letzten Kuss, ehe er sie zur Tür zog. »Und dann bete, dass uns niemand sieht.«
    Solange er ihre Hand hielt und ihre Wärme spürte, während sie auf Zehenspitzen durch die Gänge eilten, war noch nicht alles verloren.
    Doch kaum hatte Violantes Tür sich hinter ihr geschlossen, umfing ihn tiefe Niedergeschlagenheit.
    Langsam durchquerte er den Palast, während über den Bergen im Osten die Nacht dem Morgen wich. Er hatte gesündigt, und doch lehnte er es ab, Beichte und Buße zu tun. Sein Weg führte ihn nicht in die Kapelle, sondern zurück in seine Kammer, die noch von der Aura Violantes erfüllt sein würde. Als er die Tür öffnete, schrak er zurück. Auf seiner Bettkante saß ein Franziskaner, der mit einem kleinen Gegenstand spielte. Simon erkannte eine von Violantes Haarnadeln. Zorn und Schuldgefühl stiegen in ihm auf. »Gott zum Gruße, Bruder. Was tut Ihr in meiner Kammer?«
    »Auf Euch warten.«
    Der Mönch erhob sich und schob die Hände in die weiten Ärmel seiner braunen Kutte. Auch die Haarnadel verschwand darin.
    »Mein Herr, Kardinal Colonna, bittet um ein Gespräch mit Euch. Er erwartet Euch nach der nächsten Sitzung des Konzils in der Seitenkapelle des Doms, am Grab des früheren Burgunderkönigs.«
    Ehe Simon auch nur einen Widerspruch formulieren konnte, hatte er den Raum verlassen.
    Gütiger Himmel, auch das noch. Gab Colonna denn nie auf? Konnte der Franziskaner etwas entdeckt haben? Prüfend schaute Simon sich um.
    Der Raum mit den weiß gekalkten Wänden war kahl. Die Reisetruhe an der Wand enthielt nur seine Ersatzgewänder und wenige Bücher, der Psalter lag auf dem Betstuhl. Der karge Eindruck wurde nur von der halb herabhängenden Bettdecke aufgelockert. Nun, auch ein Mönch durfte einen unruhigen Schlaf haben und seine Decken zu Boden werfen. Er hatte gesündigt, aber es gab keinen erkennbaren Beweis dafür.
    Wirklich nicht? Was war mit dem feinen Duft, der in der Luft lag?

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