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Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Christen
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sich den Beginen im Haus zum Turm angeschlossen hatte. »Ihr wart verheiratet?«
    »Sechs schlimme Jahre war ich es. Mein Vater hat mich mit fünfzehn dem Leinweber Jakob Burkar gegeben. Er war drei Jahrzehnte älter als ich. Ich habe der Heiligen Jungfrau auf Knien gedankt, als er starb.«
    Violantes Erinnerung an brutale männliche Gewalt wurde gegenwärtig. Sie hatte Pit Cornelis fast vergessen. Die Zeit und Simon hatten die Wunde in Vergessenheit geraten lassen. Spontan legte sie den Arm um die Schultern der anderen. »Kein Mann wird künftig Macht über uns haben. Und was Mathieu von Andrieu betrifft, er bellt, aber er beißt nicht. Er war nur so aufgebracht, weil er weder für seinen Bruder noch für mich etwas tun kann.«
    »Es bekümmert Euch sehr, dass Bruder Simon fort ist, nicht wahr?«
    »Ich will nicht darüber sprechen.«
    »Das ist ein Fehler. Es erleichtert die Seele, wenn man sich jemandem anvertraut. Ihr habt mir zwar nichts erzählt, aber ich habe erkannt, dass der Pater und der Ritter Brüder sind. Die Ähnlichkeit liegt nicht im Äußeren.« Lieber Himmel, schoss es ihr durch den Kopf. Wieso war ihr diese Ähnlichkeit noch nie aufgefallen? Es erklärte plötzlich die Vertrautheit, die sie in Mathieus Gegenwart fühlte. »Habt Ihr Bruder Simon gekannt, als er noch kein Mönch war?«, fragte Eudora zunehmend neugieriger. »Wie dumm ich doch war, dass ich auf der Rhône dachte, es ging Euch um die Aufmerksamkeit des Ritters. Ihr wolltet ihn nach seinem Bruder fragen, nicht wahr?«
     
     
     
    M ATHIEU VON A NDRIEU
    Vienne, Palast des Erzbischofs, 12. Dezember 1311
     
    Die breite Marmorbank im Garten des erzbischöflichen Palastes glänzte nass und kalt, die Bäume reckten ihre kahlen Zweige in den Winterhimmel. Mathieu fragte sich, wer ihn zu einem so ungastlichen Treffpunkt bestellt haben mochte. Violante? Seit ihrem letzten Treffen hatte er nichts mehr von ihr gehört, und jeden Morgen fragte er sich aufs Neue, wie es ihr wohl erging. Wie immer es um Simon und Violante stand, es hatte ihn nicht zu kümmern. Sein Amt in Vienne ließ ihm ohne die Anwesenheit des Königs viel zu viel Zeit, über alles nachzudenken. »Verzeiht meine Verspätung!«
    Mathieu schreckte hoch. Verblüfft starrte er die junge Frau an, die ihm kaum bis zur Brust reichte, wenngleich sie ihn im Umfang überlegen war. Es musste Eudora sein. »Ihr habt mir den Jungen mit der Nachricht geschickt?«, fragte er erstaunt. »Was ist geschehen? Bringt Ihr mir eine Botschaft von Violante?«
    »Nein, im Gegenteil, sie wäre sehr böse, wenn sie erfahren würde, dass ich mich an Euch wende. Sie will nicht, dass wir Euch unnötig belästigen.«
    »Was ist passiert? Hat es mit Kardinal Colonna zu tun?«
    »Aber nein, auch von ihm haben wir nichts mehr gehört, seit wir unter dem Dach des Erzbischofs wohnen.«
    Eudora rang die Hände. Sie sprach hastig weiter, und ihre Worte überschlugen sich förmlich. »Ich wollte Euch fragen, ob Ihr schon etwas wegen des Hauses und wegen unseres Vermögens unternommen habt? Wir sind tatenlos zum Warten gezwungen. Violante verlässt das Gemach nicht mehr. Sie sitzt da und starrt den ganzen Tag aus dem Fenster. Es ist von Übel, dass ihr so viel Zeit bleibt, über ihren Kummer nachzudenken.«
    »Welchen Kummer?«, fragte Mathieu wider besseres Wissen. Ihm war unklar, wieweit Eudora Violantes Geheimnisse teilte. »Ich weiß nicht genau, was sie bedrückt, aber ich sehe, dass sie Hilfe braucht. Wir müssen aus diesem Palast mit seinen Priestern, Mönchen und Prälaten heraus. Die Atmosphäre erdrückt sie, aber sie ist zu stolz, Euch um Hilfe zu bitten. Es ist höchste Zeit zu handeln, Seigneur.«
    »Geht es ihr denn schlecht?«, fragte er zögernd. »Sie schläft kaum, betet zu viel und will nicht zugeben, dass sie sich grämt. Sie wird mit jedem Tag durchsichtiger und bleicher. Ich fürchte um ihre Gesundheit.«
    Mathieu tat einen tiefen Atemzug und kam zu einem Entschluss. »Ihr sollt Euch nicht umsonst an mich gewandt haben, Schwester. Ich will versuchen, die Sache zu beschleunigen.«
    »Ich bin keine Schwester mehr«, widersprach Eudora mit hörbarem Stolz. »Ich bin jetzt die Kammerfrau der Dame von Courtenay.«
    »Eine Dame, die künftig Schleiertuch weben will. Seid Ihr sicher, dass das klug ist?«
    »Auch feine Damen sitzen am Spinnrad oder am Webrahmen«, entgegnete Eudora heiter. »Ihr werdet sehen, es hilft ihr. Besser sie hat wunde Finger als ein wundes Herz.« Mathieu musste sie

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