Beginenfeuer
wird.«
Jähe Stille. Hätte er sie gebeten, die steife Haube abzulegen, die fromme Schwester hätte nicht entrüsteter sein können. »Das vermag ich nicht zu entscheiden.« Sie kämpfte um eine Antwort, ohne Zusage oder Ablehnung. »Das ist allein Sache unserer ehrwürdigen Mutter.«
Solange Methildis van Ennen atmete, konnte die zweite Meisterin die geforderten Auskünfte unter dem Deckmantel des Gehorsams verweigern, ohne die Autorität des Königs in Frage zu stellen. Andrieu gratulierte ihr stumm zu dieser geschickten Zurücknahme ihrer Empörung.
»Aber Ihr werdet mir bestimmt erklären können, wie der Beginenhof über die beträchtlichen Gewinne verfügt, die beim Verkauf der Tuchballen steuerfrei anfallen.« Alaina betrachtete den Gesandten, als sei er vom Teufel geschickt und nicht von Philipp dem Schönen. »Das Leben unserer Gemeinschaft schreibt ein Gleichgewicht zwischen vita contemplativa und vita activa vor, Seigneur. Der Erlös unseres aktiven Lebens ernährt und kleidet uns, er flickt das Dach über unseren Köpfen und erlaubt, die Armen zu speisen, die Kranken zu pflegen und Gott mit unseren Gebeten zu preisen.«
Er erlaubt ihnen auch, Grundstücke zu kaufen, nach eigenen Regeln zu leben und die Autorität der Männer in Frage zu stellen, vervollständigte Mathieu im Geheimen diese Liste. Er hatte die vergangenen Tage genutzt, sowohl die erstaunliche Größe des Beginenhofes als auch die wirtschaftliche Macht zu ergründen, die er verkörperte. Allein die regelmäßigen Einkünfte aus dem Tuchhandel, dem Kerzen-, Seifen- und Bortenverkauf mussten dem Gewinn eines erfolgreichen, mächtigen Handelshauses entsprechen.
Das befriedete Gebiet der frommen Damen nahm die Fläche eines ganzen Stadtviertels in Anspruch. Hinter seinen Mauern versteckte sich, wie vom Beifried aus zu sehen, ein Meer aus Dächern, überragt von einem hölzernen Kirchturm und den entlaubten Kronen mächtiger Linden. Nördlich wurde es von weiten Brachfeldern, auf denen die Wolle getrocknet wurde, von Viehweiden und Lagerhäusern gesäumt, im Süden vom Hospital begrenzt. Er hatte das Glitzern von Kanälen entdeckt, die Färberwerkstätten ausgemacht und vergeblich zu schätzen versucht, was all dies in einer so dicht besiedelten Stadt wie Brügge wert sein mochte.
»Eure gottesfürchtigen Absichten sind über jeden Zweifel erhaben«, erwiderte er, seine kritischen Gedanken für sich behaltend. »Ebenso wie Euer Fleiß, sonst würden die Zünfte Eure Handelsgeschäfte wohl kaum zur Kenntnis nehmen…«
»Es wäre eher an uns, beim König Klage über die Männer der Stack zu führen, die uns das Leben schwer machen«, wiederholte Alaina ihren Vorwurf gegen die Gilden. »Man behindert die Flusskähne, die uns beliefern. Man legt den Hansekaufleuten nahe, nichts bei uns zu kaufen, und übt Einfluss auf die englischen Lieferanten aus, damit sie uns keine Schafschur mehr schicken. Für das Waschen, Färben und Walken ersinnt der Rat der Stadt jede Woche neue Schikanen, die nur für uns gelten, während die Färber draußen ihre Arbeit unbehindert tun dürfen. Dabei schickt man uns immer mehr Arme und Kranke in die Infirmerie und ist froh, dass wir uns um die Alten kümmern, die in ihrer eigenen Familie keine christliche Seele finden, die sich ihrer annimmt.«
Wahrhaftig, die Frau konnte reden. Mathieu in seiner umfassenden Abneigung gegen solchen Disput mit Frauen war fast geneigt, es eifern zu nennen. Er verschränkte die Arme und wartete geduldig darauf, dass sie zu einem Ende kam. Alaina begegnete seinem Blick und presste die Lippen aufeinander. Sie verabscheute diese männliche Anmaßung. Sie war Begine geworden, um dem Einfluss ihres tyrannischen Vaters und ihrer hohlköpfigen Brüder zu entkommen, die sie schlimmer als jede Dienstmagd behandelt hatten. Mit Ausnahme von Pater Felix schuldete sie jetzt keinem Manne mehr Rechenschaft. Dabei sollte es auch künftig bleiben, egal, was Mathieu von Andrieu und sein König im Schilde führten. »Ihr könnt nicht verlangen, dass wir all dies hinnehmen und demütig schweigen«, fügte sie nach einer Weile feindselig hinzu.
»Ich verlange gar nichts.« Andrieu verlieh dem ersten Wort besondere Betonung. »Seine Majestät wünscht einen objektiven Bericht. Sprecht mit Eurer Magistra und gebt mir Nachricht, wann es Euch genehm ist, Eure Rechnungsbücher offen zu legen.«
Alaina tat so, als überhöre sie die Aufforderung. »Werdet Ihr dem König von dem Unrecht berichten, das uns
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