Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Christen
Vom Netzwerk:
Burschen machte den Kaufmann unverkennbar wütend. Seine Sätze wurden drohender, während der andere den Kopf schüttelte und in sich zusammensank.
    »Oh mijn God«, wiederholte er ein um das andere Mal, und Mathieu vermutete, dass er den Himmel um Hilfe bat. Cornelis ließ sich davon nicht beeindrucken. Er fasste in den Beutel an seinem Gürtel und hielt ihm eine Münze auf ausgestreckter Hand entgegen. Gold? Mathieu runzelte die Stirn. Einen Mann wie den Blonden bezahlte man in Kupfermünzen. Silberpfennige waren schon zu viel, ein Goldstück schier unglaublich.
    Wenn dies wirklich ein ducato d’oro sein sollte, wie ihn die venezianischen Kaufleute an allen Handelsplätzen verbreiteten, so war diese glänzende Münze, die jetzt ihren Besitzer wechselte, rund fünfhundert Silberpfennige wert. Welcher Dienst wurde so fürstlich entlohnt? Zudem versprach die beredte Geste des Handelsherrn eine zweite Rate nach getaner Arbeit. Der Erfolg ließ auf sich warten. Nur zögernd griff die schwielige Hand nach dem Geldstück, während die Stimme des Herrn immer schärfer und befehlender wurde. Schließlich neigte der Knecht ergeben den Kopf und sagte Unverständliches wie: »Zoals u wenst, Herr!« und »God sta mij bij!«, ehe er zwischen den Lagerhäusern schwerfällig davonhumpelte, als trüge er die Last einer schweren Entscheidung auf seinen verwachsenen Schultern. Er vergaß sogar, die Mütze wieder über seine Zotteln zu stülpen.
    Piet Cornells blickte ihm lange nach. Als er sich umwandte, machte er nicht die Miene eines Mannes, der sich seines Erfolges sicher war. Er kratzte sich gereizt die Bartstoppeln an seinem Kinn und murmelte etwas, das sein Besucher für einen Fluch hielt.
    Mit einem fröhlichen »Gott zum Gruße, Herr Cornelis!« machte Mathieu auf sich aufmerksam und hatte die Genugtuung, den sonst so selbstbewussten Handelsherrn erbleichen zu sehen.
    »Herr im Himmel, habt Ihr mich erschreckt«, schnaubte er dann mit einem Lachen, das so unecht war wie die überschwängliche Begrüßung, die er hinterherschickte. Kein Zweifel, er fragte sich, ob der Ritter Zeuge seines Disputs geworden war, und er lieferte eine eilfertige Erklärung, um die Mathieu gar nicht gebeten hatte.
    »Josse ist ein armer Teufel, der im letzten Winter in der Waterhalle von einem umstürzenden Kran verletzt wurde. Er hat ein steifes Knie zurückbehalten, und auch sein Kopf ist seit dem Unfall nicht mehr der alte. Man muss ihm jeden Auftrag dreimal erklären, und auch dann darf man nie sicher sein, ob er alles richtig verstanden hat. Aber ich kann ihn ja schlecht davonjagen. Er ist in meinen Diensten verunglückt. Da sorg ich eben dafür, dass er sein Auskommen hat.«
    Nur ein besonders heller Kopf war einen ganzen Golddukaten wert, dachte Mathieu bei sich. Für ihn hatte es eher danach ausgesehen, als habe der verunstaltete Knecht diesmal einen Auftrag erhalten, dessen Ausführung ihm aus tiefster Seele widerstrebte.
    »Lasst uns hineingehen, mein Freund«, versuchte Cornelis Gastfreundschaft zu demonstrieren. »Es freut mich, dass Ihr meiner Einladung gefolgt seid. Kommt, ich hoffe, Ihr habt einen guten Appetit mitgebracht.«
    Die rechteckige Stube mit einem gewaltigen Steinkamin, vier hohen Fenstern, geschnitzten Lehnstühlen, Truhen und Schränken, in die Cornelis seinen Gast im ersten Stock des großen Hauses führte, diente dazu, Reichtum und Bedeutung zur Schau zu stellen. Die bleigefugten Kreisglasfenster erlaubten einen leicht verschwommenen Blick in den Garten. An den holzgetäfelten Wänden hingen kostbare Wandteppiche, die Szenen aus dem Leben des heiligen Petrus zeigten, und der gewachste Holzboden glänzte wie der Wasserspiegel des Kanals im Sonnenschein. Dass es in dem beeindruckenden Raum kalt und unfreundlich war, entlockte dem Hausherrn einen neuerlichen Fluch.
    »Ihr entschuldigt, ein Heim ohne Herrin ist steter Grund zum Verdruss.« Er ging zurück zur Tür und brüllte mit einer Stimme, die im ganzen Haus widerhallte: »Kateliiin!« Bis die Gerufene atemlos herbeistürzte, trat Mathieu an eines der Fenster. Unter ihm wanden sich schmale Kieswege zwischen Kräuter- und Blumenbeeten hindurch, deren Außenkanten von niedrigem, sorgsam beschnittenem Grün begrenzt wurden. Gestutzte Platanen und eine steinerne Bank im Hintergrund verrieten, dass dieser Fleck Erde im Sommer ein wahres Paradies sein musste.
    Inzwischen wurde hinter seinem Rücken die Magd Katelin dafür gerügt, dass weder Feuer im Kamin brannte noch

Weitere Kostenlose Bücher