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Begraben

Begraben

Titel: Begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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Hotelrestaurant.
    »Marie-Jeanne, ich bin da, ich gehe in mein Zimmer, dort ist es ruhiger. Was ist passiert?«
    »Es tut mir so leid, du hattest recht, er ist verrückt.«
    Cyrille fror plötzlich. Sie lief die Treppe neben dem Empfang bis in den dritten Stock hinauf.
    »Erzähl mir alles.«
    Sie ging über den Korridor und steckte mit der freien Hand die Magnetkarte in das Türschloss von Zimmer 39.
    »Julien …«
    Cyrille schloss die Tür leise hinter sich und ließ sich aufs Bett sinken. Marie-Jeanne weinte lautlos, aber man hörte das Schniefen.
    »Du hattest recht, er hat Tiere gequält, das haben sie im Fernsehen gesagt, sie haben gesagt, dass er es war.«
    Schweigen.
    »Er war also dein Geliebter …«, murmelte Cyrille mit tonloser Stimme. Sie versuchte, so sanft wie möglich zu sprechen und ihre Wut zu unterdrücken.
    »Es tut mir so leid. Für dich, wegen allem«, erwiderte Marie-Jeanne.
    »Du willst damit also sagen, dass er die letzten Tage über uns gewohnt hat?«
    »Ja …«
    Cyrille biss sich auf die Lippen.
    »Hat er Astor verstümmelt? Marie-Jeanne, antworte mir.«
    »Ich … ich weiß es nicht. Er war in dieser Nacht zwar bei mir, aber er hat das Zimmer irgendwann verlassen.«
    Marie-Jeanne unterdrückte ein neuerliches Schluchzen. Cyrille räusperte sich.
    »Mein Liebes, wir sprechen ein anderes Mal darüber. Jetzt ist mir wichtig, dass du in Sicherheit bist. Bist du bei uns zu Hause?«
    »In meinem Zimmer.«
    »Hat er den Schlüssel?«
    Die Antwort war Schweigen.
    »Marie-Jeanne? Antworte mir. Hat er den Schlüssel?«
    »Ja, aber … Oh! Cyrille, es tut mir so leid.«
    »Warum?«
    »Er ist abgereist.«
    »Wohin?«
    Wieder ein Schluchzen und Schniefen.
    »Nach Thailand …«
    Cyrille erstarrte. Verflucht.
    »Hast du ihm gesagt, wo ich bin?«
    Sie versuchte, die Erregung in ihrer Stimme zu unterdrücken, um ihre Nichte nicht am Erzählen zu hindern, aber Marie-Jeanne war bereit, alles, oder fast alles zu gestehen.
    »Das war, bevor ich das über ihn gehört hatte. Er sagte mir, er wolle dich unbedingt sehen, mit dir sprechen, um gesund zu werden.«
    Cyrille presste die Hand auf die Augen.
    »Und?«
    »Ich wollte doch so gerne, dass er mit dir redet und es ihm besser geht! Denn du hättest ihn von seinen Albträumen, von seinen Ängsten heilen können, und er wäre nicht einfach abgehauen. Also … Also habe ich ihm gesagt, dass du früher als geplant nach Bangkok aufgebrochen bist, um dich in diesem Hotel auszuruhen. Er könnte aber in Paris auf dich warten oder dir eine E-Mail schicken.«
    »Wann ist er geflogen?«
    »Gestern. Ich weiß nicht genau, wann, ich … ich habe geschlafen. Ich konnte nicht zur Arbeit gehen. Als ich aufwachte, war er nicht mehr da.«
    Cyrille versuchte, das Zittern ihrer Hände zu beherrschen.
    »Wenn er abgeflogen ist, bist du in Sicherheit. Rufe einen Schlüsseldienst, sobald es hell ist, und lass das Türschloss austauschen. Ja? Wirst du das tun?«
    »Ja … Aber du, du musst vorsichtig sein. Er weiß, wo du bist.«
    »Mach dir keine Sorgen um mich. Das wird schon gut gehen.«
    Es folgte Schweigen.
    »Entschuldigung, Cyrille, bitte verzeih mir.«
    »Es wird schon gut gehen, glaub mir. Aber tu mir bitte einen Gefallen. Ruf den Kommissar vom siebten Arrondissement an, der wegen Astor gekommen ist. Er heißt Yves. Nein, Yvon Maistre, M   A   I   S   T   R   E, hast du das aufgeschrieben? Sage ihm, dass du die Nichte von Benoît Blake bist. Erzähl ihm alles, was du weißt, und er soll noch einmal die Fingerabdrücke überprüfen, die er bei uns gefunden hat.«
    »Okay.«
    »Sehr gut. Also, mach dir keine Sorgen, alles wird wieder gut. Bis bald und geh Montag wieder zur Arbeit.«
    »Bis bald.«
    »Ich umarme dich.«
    »Ich dich auch.«
    Cyrille legte auf. Sie war leichenblass. Julien Daumas war hier, er war ihr auf der Spur. Die einzige gute Nachricht war, dass sie – vielleicht – Astor nicht getötet hatte.
    Marie-Jeanne war angezogen und saß auf der kleinen Liege gegenüber dem Fenster in ihrem Zimmer. Sie schniefte. Es roch nach kaltem Tabak. Sie wusste nicht einmal, wie spät es war, ob es Tag oder Nacht war. Diesmal drückte sie auf die linke Taste und wählte die 1 und dann die 5. Man ließ sie einige Minuten in der Warteschleife, dann wurde sie mit der Vermittlung verbunden. Sie beherrschte das Zittern in ihrer Stimme. Noch einmal musste sie kurz warten, dann ertönte eine Frauenstimme:
    »Hier ist der Rettungsdienst, was kann ich für Sie

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