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Begraben

Begraben

Titel: Begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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gleich wieder zurück, übermorgen bin ich wieder da.«
    »Ja, seien Sie wachsam, dann wird alles gut gehen.«
    Anuwat räusperte sich.
    »Bringen Sie uns die Kleine, aber wenn möglich auch das Handy, das sie bei sich hat. Wenn es ihr jemand gegeben und sie freigelassen hat, dann deshalb, weil er uns helfen will. Möglicherweise hat er einen anderen Hinweis hinterlassen, wie wir die Kinder finden können.«
    *

15.   Oktober
    Es war drei Uhr morgens, als Cyrille ihren Schlüssel an der Rezeption des Hilton abholte. Sie konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten. Der Portier reichte ihr die Magnetkarte und einen verschlossenen Umschlag.
    »Ein Fax für Sie, Madame Blake.«
    Im Aufzug, der sie in den zehnten Stock brachte, betrachtete Cyrille das Kuvert und zögerte, es zu öffnen. Schon wieder neue Probleme?
    In ihrem Zimmer ließ sie sich erschöpft aufs Bett sinken. Ihre geröteten Augen brannten, Füße und Rücken schmerzten, und sie hatte Hunger. Wann hatte sie zuletzt etwas gegessen? Sie zog sich aus, schlüpfte ins Bett und stellte den Wecker ihres iPhones auf acht Uhr. Erst dann riss sie den Umschlag auf.
    Es war ein handgeschriebenes Fax. Sofort erkannte Sie Benoîts Schrift.
    Sie rieb sich die Augen und überflog die Nachricht, die für jemanden, der nicht an Benoîts Art gewöhnt war, schwer zu entziffern war. Nach der ersten Lektüre war Cyrille wie gelähmt. Sie las den Brief noch einmal. Ohne die verdrehten Buchstaben ergab das Folgendes:
     
    Cyrille,
    das Hilton hat mich von Deiner Ankunft informiert.
    Vorhin habe ich einen eigenartigen Anruf von R. M. bekommen, der offenbar eine E-Mail erhalten hat, deren vermeintlicher Absender ich sein soll. Ich habe Deine kleine List, die im Übrigen sehr gut funktioniert hat, durchschaut.
    Was soll ich Dir noch sagen, ich denke, Du hast alles verstanden. Ja, ich wusste von der Akte, aber ich wollte es vor Dir geheim halten. Ich möchte Dir auch erklären, warum.
    Vor zehn Jahren hat mich R. M. gebeten, ihm alles Nötige für ein Experiment zur Verfügung zu stellen. Das habe ich getan, ohne mir etwas Böses dabei zu denken. Als Du mich dann informiert hast, welche verheerenden Folgen dieser Versuch hatte, habe ich sofort begriffen, dass wir unsere Karriere und unser Leben auf Spiel setzen würden. Ich habe dich davon abgebracht, R. M. anzuzeigen, da wir zu sehr in die Sache verstrickt waren und ebenfalls Schwierigkeiten hätten bekommen können.
    Als Du mit mir zusammen F.-S. verlassen hast, habe ich dich zu diesem Schritt ermutigt. Nach Deiner »Flucht« in Bangkok hast Du nie wieder über das Thema gesprochen. Und auch später nicht. Ich habe Dein Schweigen respektiert, weil ich glaubte, Du wolltest einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen. Erst vor wenigen Tagen habe ich begriffen, dass Du wirklich alles vergessen hast. Es stimmt, ich hatte Angst, durch den Kontakt mit J. D. könnte Deine Erinnerung wieder aufleben, also habe ich versucht, Dich davon zu überzeugen, ihn in eine Klinik zu überweisen.
    Dadurch wollte ich uns schützen, die Vergangenheit sollte bleiben, wo sie war.
    Ich hoffe, ich täusche mich nicht, wenn ich R. M. sage, dass Du nichts gegen ihn unternehmen wirst. Das würde niemandem nützen.
    Ich liebe Dich und wünsche mir mehr als alles auf der Welt, dass Du mir meine Lüge verzeihst, die nur das Ziel hatte, unser Glück zu bewahren.
    Liebe mich bitte weiter.
    B.

41
    15.   Oktober, morgens
    Cyrille Blake hatte eine lange Hose angezogen und ihre Schultern bedeckt. Am Schalter kaufte sie eine Eintrittskarte und passierte die Kontrolle. Wat Phra Kaeo war der bekannteste buddhistische Tempel Thailands, erbaut gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts, um einen prächtigen Smaragd-Buddha aufzunehmen. Nach einer kurzen unruhigen Nacht war Cyrille früh aufgestanden, um in diesem Tempel Bilanz zu ziehen. Sie war gleich bei der Öffnung um zehn Uhr da gewesen. Nun schlenderte sie durch die Anlage – ein beeindruckendes Zusammenspiel von bunten Dächern, Skulpturen, vergoldeten Stupas und Fassaden, besetzt mit Mosaiken aus Glas und Fayencen … Sie stieg die Stufen zum Haupttempel hinauf. Als sie das Reisebüro des Hilton verlassen hatte, war ihr plötzlich die Idee gekommen, sich an einen heiligen Ort zu begeben.
    In ihrer Handtasche hatte sie für denselben Abend ein Ticket nach Surat Thani. Mit etwas Glück könnte sie morgen im Laufe des Tages einen Zug nach Bangkok erwischen und wäre abends erneut in der Stadt. Sie würde

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