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Begraben

Begraben

Titel: Begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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eine andere Geschichte erzählen. Vor fünfzehn Jahren habe ich an der Universität Pittsburg meine Gedächtnisforschungen abgeschlossen. Ich habe das Labor mit einem anderen thailändischen Forscher namens Rama Supachai geteilt, der jünger ist als ich.«
    Arom nahm einen tiefen Zug aus seiner Wasserpfeife und stieß eine parfümierte Rauchwolke aus.
    »Unser Ziel war es, die negativen Erinnerungen bei einer Ratte vollständig auszulöschen … und es ist uns gelungen.«
    »Ich habe Ihre Veröffentlichungen gelesen. Sie haben das Prinzip der ›Rekonsolidierung der Gedächtnisbildung‹ entdeckt.«
    »Genau: Eine Erinnerung ist labil, solange man sich ihrer entsinnt. Man kann sie bei der Rückerinnerung verfestigen, aber auch verändern. Wenn ein Schock oder ein Molekül diese Rückerinnerung stört, kann sie geschwächt oder ausgelöscht werden – zumindest im Bewusstsein. Genau das haben wir mit der Ratte gemacht.«
    Cyrille trank den bitteren Tee in kleinen Schlucken.
    »Sie haben die Erinnerungen der Ratte beeinflusst?«
    »Ja, wir hatten sie so abgerichtet, dass sie Angst vor einem roten und einem blauen Ball hatte. Durch Stromstöße, die dem Cortex im richtigen Moment verabreicht wurden, ist es uns gelungen, sie die Furcht vor dem roten Ball vergessen zu lassen – nicht aber die vor dem blauen.«
    »Selektive Auslöschung der Erinnerung …«
    Arom atmete tief durch.
    »Ganz genau.«
    »Das ist genial!«
    »Danke … Ja, es war eine Revolution. Nach diesem Erfolg haben sich unsere Wege getrennt. Man hat mir eine Stelle am Brain Hospital angeboten, und ich habe sie sofort angenommen, weil meine Frau und meine Töchter sich meine Rückkehr wünschten. Dann habe ich zwei Jahre lang nichts mehr von Rama Supachi gehört, und irgendwann ist auch er nach Bangkok zurückgekommen. Er hat in einem öffentlichen Krankenhaus gearbeitet und war dort nicht sehr glücklich. Er kam zu mir, um mich über seine Pläne zu informieren. Er wollte eine Klinik für Touristen eröffnen und damit ein Vermögen verdienen.«
    »Eine einträgliche Quelle in Ihrem Land.«
    »Ja, die Gewinne sind enorm. Die Ausländer sind reich und in ihrer Verzweiflung bereit, viel Geld zu bezahlen. Sogar wenn die Methoden in ihrem Land nicht zugelassen oder gar verboten sind.«
    »Und Rama Supachai ist also zurückgekommen.«
    »Ja. In den letzten zwei Jahren hat er versucht, eine von unserer Forschungsarbeit abgeleitete Methode zu entwickeln, um die Erinnerung bei kleinen Tieren, Großsäugern, Primaten und schließlich beim Menschen auszulöschen.«
    Cyrille Blake sah ihn ungläubig an.
    »Wozu?«
    »Um Menschen, die leiden, wieder glücklich zu machen! Alles auszuradieren, die Ängste, die Traumata. So wie Sie es mit Meseratrol machen, nicht wahr?«
    »Nein!«, unterbrach ihn Cyrille heftig. »Wir heben den Schmerz auf, nicht die Erinnerung selbst.«
    »Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Tatsache ist, dass Rama Supachai seinen Weg für den richtigen hielt und überzeugt war, dass Glück durch Vergessen der Gral der Neurologie sei.«
    »Hat er seine Methode getestet?«
    »Ich weiß es nicht. Er wollte, dass ich sein Partner werde, denn er ist zwar ein hervorragender Techniker, aber kein guter Theoretiker, und manchmal mangelt es ihm an Objektivität. Für mich war das ganz klar. Ich zweifele nicht daran, dass so etwas eines Tages möglich sein wird, aber mit welchen Langzeitschäden und Nebenwirkungen? Außerdem war ich Chefarzt und hoffte auf den Posten des Klinikleiters. Und ich misstraute den Menschen, mit denen er Umgang hatte, und der Herkunft der Gelder, über die er zu verfügen vorgab. Er war wütend, ist erneut verschwunden, und ich habe nichts mehr von ihm gehört … Bis jetzt.«
    Nach einer Pause legte Cyrille die Hand auf die Brust und sagte:
    »Mein Gott, das Video … Sie haben ihn auf dem Video von Anuwat wiedererkannt.«
    Die fleckigen Hände des alten Mannes umklammerten zitternd das Mundstück seiner Wasserpfeife.
    »Anuwat hat es mir geschickt, kurz bevor er es Ihnen gezeigt hat. Ja, ich habe Rama Supachai wiedererkannt. Da er weder Haare noch Augenbrauen hat, ist er unverwechselbar. Ich war schockiert.«
    »Und was macht er dort Ihrer Meinung nach? Testet er seine Methode an Kindern?«
    »Ich bin weit davon entfernt, es beweisen zu können, aber ich glaube es.«
    Cyrille Blake blinzelte.
    »Man muss ihn schnellstens daran hindern, noch mehr Schaden anzurichten.«
    »Dazu, liebe Frau Kollegin, würden wir ein Indiz

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