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Begraben

Begraben

Titel: Begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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brauchen, wo er die Kinder versteckt hält.«
    Die beiden sahen sich schweigend an. Plötzlich erklärte Cyrille bestimmt:
    »Sie müssen die kleine Dok Mai untersuchen und Ihre Methode bei ihr anwenden. Vielleicht erinnert sie sich an ein Detail, das uns zu ihm führen kann. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um Ihnen zu helfen.«
    Sanouk Arom schloss sein gesundes Auge und seufzte tief.
    »Die Heime sind personell unterbesetzt, und mein gesamtes Team ist mit dem Kongress beschäftigt. Ich kann erst in zwei Wochen jemanden hinschicken, um sie abzuholen, und allein kann sie die Reise nicht unternehmen.«
    Cyrille Blake richtete sich auf.
    »Ich fahre hin!«
    »Sie?«
    »Ja, ich breche morgen auf und komme sofort wieder zurück. Übermorgen Abend könnte ich wieder hier sein, und wir wenden Ihre Behandlungsmethode an. Mit etwas Glück kann sie uns weiterbringen.«
    Arom verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln.
    »Ihre Hilfe wäre unschätzbar.«
    »Gut, dann machen wir es so. Ich bringe Ihnen das Mädchen, und wir versuchen die TMS bei ihr.«
    »Dann behandele ich Sie auch – versprochen.«
    Cyrille bedachte ihn mit einem wundervollen Lächeln.
    »Das wäre phantastisch!«
    Die beiden erhoben sich. Arom drückte ihre Hände.
    »Verzeihen Sie mir, dass ich Sie so schlecht empfangen habe. Sie haben große Qualitäten. Ich werde sofort Anuwat anrufen, damit er Ihnen die nötigen Einzelheiten für die Reise gibt. Seien Sie vorsichtig. Und halten Sie sich nicht unnötig lange in diesem Gebiet auf.«
    »Ich komme sofort zurück. Ich muss mich bei Ihnen bedanken. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühle ich mich besser.«

40
     
    Im Tuk-Tuk, das sie zum Hotel zurückbrachte, war Cyrille zwar nervös, doch zugleich hatte ihr Optimismus wieder die Oberhand gewonnen. Sie hatte einen Sieg über das Unglück errungen. Sie würde das kleine Mädchen abholen, endlich aktiv werden, statt immer nur auf die Ereignisse zu reagieren, und Arom hatte versprochen, ihr wirklich zu helfen … Sie vertraute ihm. Sie würde die VGCD unterstützen, und der Professor würde sie heilen. Ihr iPhone vibrierte. Das Display zeigte keine Nummer an.
    »Doktor Blake? Hier ist Anuwat von der VGCD.«
    »Guten Abend, Anuwat. Hat der Professor Sie informiert?«
    Der Sekretär des Heims erklärte kurz, Arom habe ihm in einer SMS mitgeteilt, sie würde nach Surat Thani fahren, und er solle ihr die Genehmigung erteilen, die Kleine abzuholen. Seine Stimme war laut, und er sprach sehr schnell.
    »Außerdem möchte ich, dass Sie jemanden kennenlernen, der Ihnen vorher einiges erläutern kann.«
    »Sehr gut. Sagen Sie mir, wann und wo. Morgen?«
    »Tut mir leid, Doktor Blake, er kann sie nur jetzt treffen.«
    »Es ist Mitternacht!«
    »Er arbeitet nur nachts. Ich schicke Ihnen eine SMS mit der Adresse, die können Sie dann dem Taxifahrer zeigen.«
    »Ich sitze in einem Tuk-Tuk.«
    »Sehr gut, geben Sie mir den Fahrer.«
    Es folgte ein Gespräch zwischen den beiden, woraufhin der Chauffeur am Hotel vorbeifuhr und den Südosten der Stadt ansteuerte. Und wieder eine Tour durch die erleuchtete Metropole. Dann verließ das Tuk-Tuk die Hauptstraßen und fuhr durch dunklere Gassen. Cyrille fühlte sich eigenartig beunruhigt.
    An einer Kreuzung bog die Rikscha nach rechts ab. Ein großes grünes Transparent mit dem Aufdruck »Chang Beer, Patpong« war über die Straße gespannt und zeigte Cyrille, dass sie nach Patpong, dem Vergnügungsviertel von Bangkok, kamen. Sie war noch nie dort gewesen. Hier fand man alles, was zu den widerwärtigsten Bereichen des Sexgeschäfts gehörte. Die Neonreklame blendete sie. Dutzende junge Thaimänner und -frauen saßen in den zur Straße hin geöffneten Bars auf ihren Hockern und lächelten die Passanten an. Ladyboys, jene unbehaarten Transvestiten, stöckelten auf Plateausohlen und in ihren engen Minikleidern über die Straßen. Die grellen Leuchtreklamen verhießen »Show girl«, »Safari gogos bar« und sämtliche lokalen Biersorten. Sie kamen an einem dicken bärtigen Weißen vorbei, der am Arm eines zierlichen jungen Mädchens von kaum einem Meter fünfzig hing. Cyrilles Herz zog sich zusammen. Sie verfluchte den Touristen im Stillen. Die Straßen waren sehr belebt. Betrunkene Europäer torkelten zwischen den Prostituierten und ihren Kunden umher, auf den Bürgersteigen schliefen Leute, Kinder bettelten, Jugendliche tanzten. Ein anderer übergab sich neben einer Mülltonne.
    Das Tuk-Tuk fuhr noch ein Stück weiter und

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