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Begraben

Begraben

Titel: Begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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Verbrechen! Nach anfänglichem Zögern hatte er Cyrille ins Vertrauen gezogen. Es folgten heftige Diskussionen. Cyrille war eindeutig gegen diesen Versuch. Bis zu dem Tag, an dem sie plötzlich ihre Meinung geändert und selbst einen ihrer Patienten, Julien Daumas, in die Versuchsreihe eingegliedert hatte. Diese Sache hätte, wie so vieles andere, im Giftschrank der Medizingeschichte bleiben müssen. Als Julien Daumas jedoch wieder in ihrem Leben aufgetaucht war, war auch das Gespenst der Vergangenheit wieder auferstanden.
    Es gab keine Alternative. Dieser ehemalige Patient musste zum Schweigen gebracht werden. Die Beweise des Überfalls auf Marie-Jeanne waren belastend genug, um ihn für den Rest seines Lebens in eine psychiatrische Klinik wegzusperren. Seiner Frau musste er verständlich machen, dass die Wahrheit auch für sie schädlich wäre. Er würde versuchen, sie zur Vernunft zu bringen. Sonst gab es nur eine letzte Lösung. Radikal zwar, aber letztlich für einen guten Zweck … Durch diese konstruktiven Überlegungen beruhigt, schlief Benoît Blake endlich ein.

44
     
    Ein eisiger Wasserstrahl riss Cyrille aus ihrer Betäubung und nahm ihr fast den Atem. Sie stützte sich auf den Ellenbogen und schnappte nach Luft. Ihre Nase war voller Staub, sie hatte den Geschmack von Laub und Salz im Mund. Sie lag auf einem harten Fußboden. Als sie die Augen halb öffnete, sah sie vor sich zwei schmutzige Männerbeine in Sandalen. Ihr Schädel brummte, ihr Hals kribbelte, und ihr Rücken war vor Schmerz wie gelähmt. Die Hände des Mannes griffen nach ihren Armen, er zerrte sie gewaltsam hoch und drückte sie auf einen wackligen Holzstuhl. Cyrille blickte sich um. Sie befand sich in einer düsteren, leeren Holzhütte. Durch Lücken in den Bretterwänden drang ein wenig Licht herein, und es roch nach verrottenden Pflanzenabfällen und Schweiß. Der Mann stand direkt hinter ihr.
    »Who are you?«, bellte er ihr ins Ohr.
    Cyrille zuckte zusammen, ihr Herzschlag setzte einen Augenblick aus. Reflexartig zog sie die Schultern hoch.
    »Ich bin Doktor Cyrille Blake«, antwortete sie.
    »Und der Mann, der Sie begleitet?«
    »Er ist mein Patient.«
    Was hätte sie sonst sagen sollen?
    »Wie hast du unsere GPS-Koordinaten gefunden?«
    Was? Cyrille zog den Kopf ein.
    »Ich … ich weiß nicht.«
    Sie hörte, dass der Mann seine Position wechselte, und senkte verängstigt den Kopf. Ihr Körper wurde von Adrenalin geradezu überschwemmt und schrie nach Hilfe. Der Schlag traf sie genau an der Schläfe. Mit einem erstickten Schrei fiel sie rückwärts vom Stuhl. Auf allen vieren, Blut auf der Zunge, versuchte Cyrille vergebens, sich aufzurichten. Dieses Mal traf sie der eisige Wasserstrahl am Rücken. Cyrille stöhnte. Der Mann zog sie brutal hoch und setzte sie wieder auf den Stuhl. Die Beine zusammengepresst, die Hände zu Fäusten geballt, wagte sie nicht, den Kopf zu heben. Sie schlotterte vor Kälte und Angst.
    Der Mann sprach mit starkem thailändischem Akzent, konnte sich jedoch gut ausdrücken. Langsam hob die junge Frau den Kopf. Nun sah sie ihn vor sich. Ein riesengroßer Thai mit finsterem zerfurchtem Gesicht und einem langen schwarzen Zopf, der ihm über die Schultern fiel. Mit gespreizten Beinen und verschränkten Armen stand er da. T-Shirt und Hose aus Drillich. Riesige Pranken.
    »Wirst du mir wohl antworten? Wie hast du unsere GPS-Koordinaten gefunden?«
    Cyrille hielt seinem Blick nicht stand.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Los, hoch!«
    Er zwang sie dazu, aufzustehen. Er war zwei Kopf größer als sie. Erbarmungslos schleifte er sie zur Tür, die er mit einem Fußtritt öffnete. Er war wütend, seine Züge verrieten Wut und Ungeduld. Cyrille wurde nach draußen gezerrt. Plötzlich befand sie sich inmitten von undurchsichtigem, feuchtem Grün. Vom Licht geblendet, brauchte sie einige Sekunden, bis sie begriff, dass sie nicht am Boden stand, sondern auf einer Plattform. Eine Plattform, die ins Leere ragte. Nun erkannte Cyrille, dass die Hütte in über zwanzig Metern Höhe in einer Baumkrone errichtet worden war, inmitten eines dichten Waldes. Der Mann deutete auf etwas, das weiter unten in dem Pflanzengewirr zu erkennen war.
    »Willst du auch so enden?«
    Cyrille kniff die Augen zusammen. Sie konnte nicht erkennen, was er ihr zeigte. Sie sah etwas, das im Baum hing. Der Mann stieß sie bis zur Brüstung. Cyrille klammerte sich an das Geländer und beugte sich vor. Sie konzentrierte sich auf das Gebilde. Plötzlich

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