Begrabene Hunde schlafen nicht
Akers Mek Verksted ein robustes Portal für den
ganzen Bereich, und auf dem Bryggetorg im Inneren, im Herzen
des Viertels, konntest du dich an einem Septemberabend, mit
Lichtreflexen in allen Glasfassaden, an weit kontinentalere
Treffpunkte versetzt fühlen, als die alte Vikabucht es war.
Die Luft war immer noch sehr kühl, und die meisten Leute
sammelten sich in den vielen Bars. Nur wenige liefen um diese
Tageszeit über den Marktplatz.
Nach einigem Suchen fand ich die Adresse von Svein Grorud.
Es war ein hohes, blankgeputztes Gebäude aus Glas und Beton,
mit großen Sonnenterrassen in den oberen Etagen und etwas
bescheideneren Balkons in den unteren Preisklassen. Die
Eingangstür war elektronisch verriegelt, aber du konntest auf
einer Tastatur den richtigen Zahlencode eingeben und hineinkommen, wenn du es dir verdient hattest. Das hatte ich nicht.
Ich betrachtete die Namensschilder neben den Klingeln. Ganz
richtig. Grorud befand sich in einer der unteren Etagen, mit
denen sich Leute aus der Inkassobranche wohl zufriedengeben
mußten – im Gegensatz zu Schiffsreedern auf der Spitze des
Palastes.
In Häusern wie diesem wohnte das Herrenvolk der neuen Zeit:
diejenigen, die aus den großen, weißen Palais mit Zugang zum
Meer und Segelboot hierher gezogen waren, in das süße Leben
in den Dachappartements, die sich kein gewöhnlicher Steuerzahler jemals leisten konnte. So schlecht konnte es denn auch um
die Inkassobranche nicht bestellt sein.
Ich klingelte bei Svein Grorud, sozusagen aus reinem Zeitvertreib. Sollte er in der Zwischenzeit nach Hause gekommen sein,
ich hätte keine Ahnung gehabt, was ich sagen sollte. Um
Entschuldigung dafür bitten, daß ich nicht gewartet hatte, als er
die Tür zu meinem Hotelzimmer zerschlug, vielleicht?
Aber er meldete sich nicht, und ich trottete weiter.
Ich sah auf die Uhr. Es war nach zehn.
Von einer Telefonzelle aus rief ich noch einmal Marit
Johansen an. Sie war noch nicht zu Hause.
Danach ging ich zur Stortingsgate hinauf und nahm die
Kjellsåsbahn nach Grünerløkka.
Bei der Schoushalle stieg ich aus und ging die Søndre Gate
entlang bis zum Anfang des Markveis.
Der Markvei lag da wie ein langer gerader Kanal nach Norden,
gesäumt von Häusern aus unterschiedlichen Epochen, viele der
ältesten waren diskret renoviert. Die Gehsteigseite entlang prägten diverse Geschäfte das Bild, eine traditionelle Reinigung, das
eine oder andere Antiquitätengeschäft und eine Reihe mehr oder
weniger exotischer Restaurants.
Das Gebäude, zu dem Axel Haugers Telefonnummer gehörte,
lag im oberen Teil. Es war ein frischgestrichener, kittfarbender
Wohnblock, schätzungsweise aus den 1880er Jahren.
Im Erdgeschoß war ein Gebrauchtwarenladen, und das Gebrauchte umfaßte alles, von Kindersitzen bis zu Büchern, von
kleinen Öfen bis zu zweireihigen Akkordeons.
Der Haupteingang des Hauses lag in einem Innenhof. Das
Hoftor war offen. Ich ging hinein und sah mich um.
Hinter dem Haus war ein kleiner Hof mit einem Fahrradständer, einem rechtwinkligen Wäscheständer mit leeren Leinen,
einer Reihe noch nicht verblühter Rosenbüsche und sechs
Abfalltonnen, eine davon mit offenstehendem Deckel.
Ich ging durch die Eingangstür und kontrollierte die Namen an
den Klingeln. Den Namen Hauger fand ich nirgends, aber neben
einem der Knöpfe stand gar nichts.
Ich versuchte es damit, trat zwei Schritte zurück und sah an
der Fassade hoch.
Keine Reaktion.
Ich drückte gegen die Tür. Sie war offen.
Ich ging hinein und sah mich um. Es war ein braungestrichenes Treppenhaus mit ausgetretenen Stufen.
Ich sah mir die Briefkästen links an der Wand an. Auch hier
fand ich keinen Hauger, aber auch hier fehlte an einem der
Name.
Der namenlose Klingelknopf draußen hatte zur zweiten Etage
gehört. Ich bewegte mich vorsichtig hinauf.
Im ersten Stock duftete es nach Kaffee. Von irgendwo weiter
oben im Haus hörte ich Kindergeschrei. An der Tür im zweiten
Stock hing ein zierlich ziseliertes Namensschild mit der Aufschrift: HAUGER.
Ich legte ein Ohr an die Tür und lauschte. Kein Laut.
Ich klingelte. Niemand kam, um zu öffnen.
Einen Moment lang stand ich da und zögerte. Dann fischte ich
mein Schlüsselbund aus der Tasche. Daran hatte ich unter
anderem ein paar kleine Geräte, die für dieses und jenes dienlich
sein konnten.
Dann verschaffte ich mir auf eine Weise Zugang zu der Wohnung, für die ich bei der Polizei in Grønland wohl kaum
stehende Ovationen geerntet hätte.
19
Ich kam in
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