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Begrabene Hunde schlafen nicht

Begrabene Hunde schlafen nicht

Titel: Begrabene Hunde schlafen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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einen dunklen, L-förmigen Flur. Einen Augenblick
lang blieb ich hinter der geöffneten Tür stehen und horchte nur.
Alles war still. Vorsichtig zog ich die Tür zu und sah mich um.
    Auf einer Kommode lag die Aftenposten Morgenausgabe . Ich
sah auf das Datum. Sie war vom selben Tag.
Ich öffnete einen Garderobenschrank. Einige Jacken und
Mäntel, ein breitrandiger Damenhut und ein paar schmale
Stiefeletten.
Durch die halboffene Küchentür fiel Licht. Ich ging dorthin.
Es war ein ziemlich unpersönlicher Raum. Die Gardinen sahen
verstaubt aus, und die Spülmaschine war voller als ein U-BahnAbteil zur Stoßzeit. In einem Bastkorb lagen ein paar alte Äpfel
und Apfelsinen, und auf der Anrichte standen einige leere
Weinflaschen.
Ich ging zum Kühlschrank und sah hinein. Orangensaft, Bier,
ein Karton fettarme Milch, eine geöffnete Packung Leberpastete,
ein kleines Glas Marmelade und ein Stück Käse. Nach dem
Inhalt des Kühlschrankes zu urteilen, lebten sie von Arbeislosenhilfe oder den letzten Resten eines Studiendarlehens.
Der Rest der Wohnung war kaum persönlicher eingerichtet als
die Küche. Es war, als wohnte eigentlich niemand dort, es sei
denn auf einer flüchtigen Durchreise. Irgendwie erinnerte mich
das an die verlassenen Büroräume in der Urtegate.
Ich ging ins Wohnzimmer. Es lag zum Markvei hin, und das
Geräusch eines vorbeifahrenden Autos erreichte mich. Eine
angelehnte Tür führte zu einem winzig kleinen Altan. Die
Pflanzen auf der Fensterbank hatten dort seit der Zeit Oskars II.
gestanden. Die Möbel waren an einem Regentag von Ikea
angeliefert worden, und der Fernsehapparat trug das Zeichen
einer Verleihfirma in der linken oberen Ecke des Bildschirms.
Es gab kein einziges Buch im Raum, aber wenigstens lasen sie Aftenposten; und wenn sie sie nicht lasen, so lag sie jedenfalls in
großen, hübschen Haufen da.
An den Wänden hing ein Bild, ein großes, etwas welliges
Ölgemälde, das einen Teil von Akerselva zeigte und das sie
vermutlich mitgemietet hatten, als sie einzogen, oder was immer
sie hier auch getan haben mochten.
Vielleicht war es tatsächlich so, denn das Schlafzimmer war
zweifellos der gemütlichste Raum der Wohnung.
Ein dreigeteiltes Erkerfenster zeigte nach Nordwesten. Davor
hingen dunkelrote, bodenlange Samtgardinen auf schwarzen
Großmutterstangen. Die Tapete hatte ein Muster von roten
Rosen auf braunem Grund. Die gleichen Rosen fanden sich in
natura, in einer kegelförmigen, blau-weißen Porzellanvase auf
einem grünen Stativ in einer der Ecken. Die Wirkung war
raffiniert wie bei einer Komposition von Magritte.
In einer anderen Ecke stand ein Kleiderständer, auch dieser in
Grün. Daran hingen zwei seidene Morgenmäntel, ein hellblauer
und ein silbergrauer. Die Türen eines großen Garderobenschranks standen einen Spalt offen, und darin erkannte ich eine
Menge Kleidungsstücke, von Kleidern und Anzügen bis zu
Blusen und Schlipsen, fein säuberlich auf Bügeln aufgehängt.
Kleidung bedeutete eindeutig mehr als Essen hier im Hause.
Oder aber sie aßen meistens außer Haus.
Das Bett, das mit der Längsseite an der Wand stand, war
mittelbreit, nicht so groß wie ein normales Doppelbett, aber
mehr als groß genug für zwei, die sich nicht feind waren. Darauf
lag ein Bettüberwurf aus eierschalenfarbener Seide, so glatt
gebügelt wie in einem Hotelzimmer nach der Visite des Zimmermädchens.
Entlang der gegenüberliegenden Wand stand eine große,
altmodische Kommode aus dunkelbraunem Holz, mit hohem
Rücken, in den in einem beweglichen Rahmen ein breiter, ovaler
Spiegel eingelassen war. Als ich eine der Schubladen herauszog,
erkannte ich mich selbst im Spiegel, halb verwischt in dem
schwachen Licht von draußen.
Die Schublade enthielt eine zufällige Auswahl Damenunterwäsche von unterschiedlicher Farbe und Stoffqualität, aber alles
von höchst exklusivem Fabrikat. Ich hob ein paar Teile vorsichtig hoch, um zu sehen, ob darunter etwas versteckt lag, fand aber
nichts.
Ich öffnete die obere Schublade. Dort lagen ein paar säuberlich
zusammengelegte Hemdblusen, einige ungeöffnete Packungen
Strumpfhosen und Seidenstrümpfe, letztere unzweifelhaft zum
Gebrauch bei festlichen Gelegenheiten, nach der delikaten
Auswahl seidig leichter Strumpfhalter in Perlgrau, Schwarz und
Weiß zu urteilen. Ein Fetischist hätte auf der Basis dieses
Schubladeninhalts eine Doktorarbeit schreiben können, aber ich
nicht. Ich suchte nach etwas.
Ich fand es in der unteren

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