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Begrabene Hunde schlafen nicht

Begrabene Hunde schlafen nicht

Titel: Begrabene Hunde schlafen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Mittelpunkt einer hart spielenden Handballmannschaft gewesen sein können. Und immer noch wäre ich
ungern Schiedsrichter gewesen, hätte sie in einer Mannschaft
mitgespielt.
Ihr Haar war entsprechend zerzaust, aus dem Nacken hochgezogen und zu einem Zwischending zwischen Knoten und Pferdeschwanz am Hinterkopf zusammengebunden. Sie trug verblichene Jeans, ein dunkelgrünes Polohemd und eine lässige braune Lederweste.
»Ich denke, die Polizei ist hiergewesen und hat mit dir geredet,
über diesen Todesfall – gestern?«
»Nur am Telefon. Ich habe nicht … Woher kommst du? Von
einer Zeitung?«
»Nein, ich – bin Privatermittler.«
»Und für wen?«
Eine gute Frage. »Für – Mons Vassenden.«
»Für wen? Den Namen hab’ ich noch nie gehört.«
Das hatte ich auch nicht erwartet. »Nein, er ist aus dem
Vestland. Aus Bergen.« War wäre die korrektere Form gewesen,
aber das behielt ich noch für mich. »Du weißt, wer ermordet
worden ist?«
»Als ich mit der Polizei geredet habe, sagten sie, er sei noch
nicht identifiziert.«
»Nein, das stimmt vielleicht.«
Sie warf erneut einen Blick ins Treppenhaus. Dann schenkte
sie mir eine blasse Kopie ihres ersten Lächelns. »Hör zu, wir
können nicht … Komm lieber herein.«
Sie hielt die Tür auf und führte mich in einen langen, offenen
Flur. Durch einen Bambusvorhang wurde ich direkt in ein
großes und überraschend helles Wohnzimmer geführt – verglichen mit der düsteren Stimmung im Treppenhaus. Die Wände
waren weiß getüncht, behängt mit Textilkunst und Fotos. Die
meisten davon schwarzweiß, einige farbig, und es gab von allem
etwas: Nahaufnahmen von Menschen mit vielen Falten, Landschaftsaufnahmen aus dem Flachland im Osten,.
Nebel über schmalen Birken an irgendeinem stillen Waldsee
und sonnenverbrannte Kornfelder vor kleinen roten Gehöften,
riesige Schiffsrümpfe aus der Froschperspektive auf einer sturmgepeitschten Werft und starke Kerle vor glühenden Schmelzöfen
in einem Stahlwerk – und den diskreten Akt einer gedrungenen
Blondine, das Gesicht versteckt hinter den angezogenen Knien.
Es hätte durchaus meine Wirtin sein können, in einem existentiellen Augenblick, mit dem Ehemann hinter der Kamera.
Sie blieb mitten im Zimmer stehen und kam gleich zur Sache.
»Ich denke, du verstehst, daß ich darüber nicht besonders gern
rede. Ich habe versucht, all das – hinter mir zu lassen.«
Sie hatte eine putzige kleine Nase. Ihr ganzes Gesicht war
flach wie das eines Schoßhundes – oder als hätte sie irgendwann
einmal richtig eins draufbekommen, nach meinen Informationen
möglicherweise auf dem Handballfeld.
»Aber dir ist bekannt, daß ein Umschlag mit dem Namen
deines Mannes am Tatort gefunden wurde?«
»Die Polizei hat es erwähnt.«
»Und du kannst dir nicht denken, warum?«
»Nein. Ich kann dir nur dasselbe sagen wie der Polizei. Ich
habe keine Ahnung. Aber …«
»Ja?«
»Pål Helge hat im Laufe der Jahre Tausende von Fotos gemacht, in allen möglichen Auflagen. Einige Auftraggeber
behalten die Bilder natürlich jahrelang – und meistens in dem
Umschlag, den sie bekommen haben.«
»Da hast du ganz sicher recht. Ich habe ein Bild gesehen, das
dein Mann einmal gemacht hat.«
Sie sah mich mißtrauisch an. »Ach ja?«
»1986. Vier Männer an einem Restauranttisch. Zwei Schweden. Der eine hieß Jansson.« Ich sah sie scharf an. »Schon mal
gehört, den Namen?«
»Nein.«
»Sicher?«
»Ja.«
»Der andere hieß Loewe. Fredrik Loewe. Mit einer Norwegerin verheiratet. Merete Sjøwold. Aus Oslo. – Diese vielleicht?«
»Noch nie.«
»Der dritte war Preben Backer-Steenberg.«
»Ja, wer das ist, weiß ich. Ich glaube auch, Pål Helge hat ein
paar Arbeiten für ihn gemacht. Oder für seine Firma. PREBAC
A/S – oder so.« Sie runzelte die Stirn, um zu zeigen, daß sie
nachdachte. »Ich frage mich gerade, ob nicht eine davon in
Schweden war. Backer-Steenberg hatte großes Interesse an
einem Industrieprojekt da drüben.«
»Ach ja? Weißt du noch, welches es war?«
»Nein.«
»Nicht einmal, welcher Industriezweig?«
»Nein, nein. Es – fiel mir nur gerade so ein. Es hat mich nicht
sonderlich interessiert.«
»Außerdem war ein vierter Mann auf dem Bild, den ich noch
nicht identifiziert habe.«
»Wenn du mir das Bild zeigen würdest …«
»Ich – hab’ es nicht mehr.«
Sie hob die Arme. »Tja, dann …«
»Aber ich habe guten Grund zu glauben, daß es genau dieses
Bild war – oder eine Kopie davon –, was die Polizei in dem

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