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Behalt das Leben lieb

Behalt das Leben lieb

Titel: Behalt das Leben lieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaap Ter Haar
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ihm beinahe wie von selbst eine Hand entgegenstreckte – eine Hand, die sehr schnell wieder zurückgezogen wurde.
    »Heh, soll ich mal reihum weitermachen? Wir sind nämlich sechse, mit dir zusammen.«
    »Gerne«, murmelte Beer noch etwas verlegen. Er wusste noch immer nicht, wie er sich verhalten sollte.
    »In der Ecke am Fenster – da rechts von dir – liegt der Bäcker. Er ist am Magen operiert und will nicht lachen, sonst platzt er vor Schmerzen. Du müsstest mal sein ängstliches Gesicht sehen, wenn wir ins Witzereißen kommen. Seine Frau schmeißt uns mit Kuchen und Gebäck tot, also, was das betrifft, haben wir Schwein mit dem Knaben.«
    Ja, Beer sah den Bäcker vor sich. Er hatte bestimmt ein gelblich weißes Gesicht, wie es die meisten Bäcker haben.
    »Drüben in der Mitte sitzt der Junker aufrecht im Bett. Er hat ’nen orangefarbenen Pyjama aus reiner Seide an, den er gerne jedem zeigt.«
    »Verdammt, Gerrit«, explodierte eine gepflegte Haager Stimme. »Ich hab dir schon fünfmal gesagt, dass meine Frau dieses abscheuliche Ding gekauft hat.«
    »Er sieht darin aus wie Cruyff in der Mannschaft von Oranien, bloß mit einem vornehmen Rattenkopf.«
    Beer lachte. Schade, dass er nicht sehen konnte, wie der Schiffer triumphierend zu ihm hinsah und den anderen das breite Lächeln unter dem Verband zeigte.
    »Der Raschelfritze mit seinen Büchern und Papieren dir gegenüber studiert Pissologie.« Gerrit verhaspelte sich bei dem Wort Psychologie absichtlich, dachte Beer. Er verstand auch gleich, warum.
    »Der Kerl hat mehr Pisse als Logie, er schreit sechsmal am Tag nach der Flasche. Er hat’s an den Nieren. Das letzte Bett ist noch frei. Aber falls da noch so ’n alter Knacker wie Onkel Ab reinkommt, dann hau ich ab aus dem Saal hier, und wenn meine Hinterpfoten dreimal kaputt sind!«
    Als Schwester Wil mit dem Transistor zurückkam, fühlte sich Beer schon ein bisschen heimisch im Saal 3. Das hatte er dem drastischen Schiffer zu verdanken, der mit ein paar kräftigen Worten so viel Ruhe in die kleine Welt unter dem Verband gebracht hatte. Es war Beer, als hätte er das erste Hindernis auf dem langen Weg voller Hindernisse, der noch vor ihm lag, schon überwunden.

3
    »Wo bin ich?«, überlegte Beer, als er am nächsten Morgen aufwachte. Er fühlte, noch im Halbschlaf, dass er nicht mehr in seinem kleinen Zimmer lag. O ja, er wusste es wieder. Er war nach Saal 3 umgezogen.
    Es war totenstill. Schliefen die anderen noch? Neben sich hörte er Gerrit schwer atmen. Vom Bäcker in der Ecke kam ein unruhiges, beinahe gurgelndes Geräusch. Ein Bett knarrte. War es schon Morgen? Oder noch mitten in der Nacht? Nur der Transistor konnte jetzt Antwort geben. Beer richtete sich auf. Tastend streckte er seine Hand nach dem Nachttisch neben seinem Bett aus. Seine Hand stieß gegen etwas Kaltes. Geklirr, Gegluckse, ein lauter Knall und das Geräusch von Scherben und Wasser.
    »Heh . . . heh . . .!« Gerrit schoss erschrocken in die Höhe, vergaß aber, dass seine verletzten Füße in einem steifen Verband steckten. »Au, verdammt noch mal . . .!« Er stieß einige Flüche aus.
    Betten knarrten, Decken wurden zurückgeschlagen. Saal 3 war aufgeschreckt und schüttelte den Schlaf ab.
    »Was ist passiert?«
    »Ist was runtergefallen?«
    »Was war das für ein Knall?«
    Beer war sich schmerzlich bewusst, dass er sichin seiner Blindheit schon wieder schrecklich ungeschickt benommen hatte.
    »Ich . . . ich hab was umgestoßen. Der Nachttisch steht hier viel weiter vorn als bei meinem vorigen Bett«, stammelte er entschuldigend.
    »Du hast ’ne Vase mit Narzissen umgeschmissen«, erklärte Gerrit mit seiner Singsangstimme. »Ich hab die Blumen und ’ne Ladung Wasser abgekriegt. Die Schwester denkt bestimmt, ich hab ins Bett gemacht.«
    »Das . . . das tut mir furchtbar leid!«
    »Bist du verrückt? Das braucht dir doch nicht leidzutun, Junge. Ich bin in meinem ganzen Leben noch nicht mit Blumen geweckt worden!«
    »Ist es schon Morgen? Oder ist es noch Nacht?«
    »Es ist genau zehn nach sechs«, sagte der Junker mit seiner präzisen Stimme. »Die Schwestern werden sowieso gleich mit ihren Thermometern und Waschlappen und ihrer Morgenlaune ankommen.«
    Und sie kamen, Schwester Ria und Schwester Ras. Beer hörte heraus, dass der Junker und Onkel Ab – für den es der letzte Tag war – zum Waschen ins Bad gingen. Für den Rest besorgten die Schwestern das tägliche Großreinemachen.
    Gerrit schien das nicht besonders zu

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