Behemoth - Im Labyrinth der Macht
redest du denn da?«
Alek verdrehte die Augen. »Bist du tatsächlich so naiv? Ist dir gar nicht aufgefallen, wie gern sie dich hat?«
Deryn öffnete den Mund, brachte jedoch keinen Laut heraus.
»Guck nicht so überrascht«, sagte Alek. »Sie hat dich von Anfang an gemocht. Glaubst du, sie lässt dich an der Spinne arbeiten, weil du so ein großartiger Mechaniker bist?«
»Aber … aber … ich dachte, du und sie …«
»Ich? In ihren Augen bin ich das perfekte Exemplar eines nichtsnutzigen Aristokraten.« Alek schüttelte den Kopf. »Du bist echt ein Dummkopf. «
»Aber sie kann mich nicht mögen«, sagte Deryn. »Ich bin ein … brüllender Flieger!«
»Ja, das findet sie ziemlich romantisch. Wahrscheinlich ist es die Art, wie du auftrittst. Und außerdem siehst du ja nicht schlecht aus.«
»Ach, hör auf!«
»Ehrlich gesagt, als ich dich kennengelernt habe, dachte ich: ›Na, so ein Junge wäre ich auch gern. Wenn ich nicht so hoffnungslos als Prinz geboren wäre.‹«
Deryn starrte Alek an, der sich jetzt eindeutig über sie lustig machte. Seine Augen funkelten, weil er sich kaum noch halten konnte. Am liebsten hätte sie ihn geboxt, und doch …
»Findest du wirklich, ich sehe gut aus?«, fragte sie.
»Ganz schön verführerisch, wirklich. Und nachdem du jetzt den großen Plan für die Revolution entworfen hast, ist Lilit völlig aus dem Häuschen.«
Deryn stöhnte und schüttelte den Kopf. Sie musste dem Einhalt gebieten, bevor es völlig aus dem Ruder lief.
»Aber dein Liebesleben sollten wir ein andermal besprechen.« Alek hielt das Futteral hoch. »Ich muss dir etwas über das hier erzählen.«
Deryn sah ihn stumm an und bemühte sich, ihre kreisenden Gedanken zu stoppen. Mit Lilit würde sie schon fertig werden. Sie brauchte ja nur … Also, die Wahrheit konnte sie ihr gewiss nicht sagen, aber ihr würde schon etwas Vernünftiges einfallen. Schließlich stimmte es ja, dass die Frauen Flieger mochten – Mr Rigby erzählte das ständig. Es gehörte einfach zum Soldatensein dazu. Dazu, ein Junge zu sein. Sie konnte sich eine Geschichte ausdenken, dass zu Hause ein Mädchen auf sie wartete …
»Also gut«, brachte Deryn schließlich heraus. »Was ist so brüllend wichtig an dieser Schriftrolle?«
»Tja, es ist so.« Alek holte tief Luft. »Zusammen mit unserer Revolution in Istanbul könnte dieser Brief den Krieg beenden.«
35. Kapitel
Der Junge sah ihn einfach nur sprachlos an.
Alek stand im Dunkeln und hörte sein eigenes Herz klopfen. Diese ersten Worte herauszubringen, hatte seine gesamte Willenskraft erfordert. Aber nachdem Volger jetzt nicht mehr bei ihm war, schaffte er es nicht, das Geheimnis allein zu bewahren. Und Dylan hatte sich schon ein Dutzendmal als treuer Freund erwiesen.
»Der Brief ist vom Heiligen Vater«, sagte Alek und hielt das Futteral in die Höhe.
Dylan schwieg noch einen Moment, ehe er sagte: »Du meinst, vom Papst ?«
Alek nickte. »Damit wird der Ehevertrag meiner Eltern geändert und ich werde zum Erben meines Vaters erklärt. Dementsprechend habe ich dich wohl angelogen. Ich bin nicht einfach nur ein Prinz.«
»Du … du bist ein Erzherzog?«
»Ich bin der Erzherzog von Österreich-Este und Thronfolger von Ungarn und Böhmen. Wenn mein Großonkel stirbt, bin ich vielleicht in der Lage, diesen Krieg zu beenden.«
Dylan riss die Augen auf. »Weil du der brüllende Kaiser wirst!«
Alek seufzte und ging zu dem großen Sessel mit Troddeln, in dem er am liebsten gesessen hatte. Plötzlich erschöpft, ließ er sich hineinfallen.
Er hatte dieses Hotelzimmer mit seinem levantinischen Luxus vermisst. In der Woche hier hatte er sich zum ersten Mal als sein eigener Herr gefühlt, weil es keine Lehrer und Ratgeber gab, denen er gehorchen musste. Jetzt hatte er sich einem Komitee von Revolutionären angeschlossen und musste sich um jede Kleinigkeit streiten.
»Es ist kompliziert. Franz Joseph hat einen anderen Nachfolger ernannt, doch meinen Vater hatte er zuerst ausgewählt.« Alek betrachtete die gekreuzten Schlüssel auf dem Lederfutteral, das Zeichen päpstlicher Macht, über das sich kein gläubiger Österreicher hinwegsetzen konnte. »Dieses Dokument könnte die Thronfolge in Frage stellen, vor allem wenn der Krieg schlecht verläuft und die Menschen einen Wandel wollen . Mein Vater hat immer gesagt: Ein Land mit zwei Königen wird stets scheitern.«
»Aye«, sagte Dylan und kam näher. »Und wenn es hier eine Revolution gibt, wird Deutschland
Weitere Kostenlose Bücher