Behemoth - Im Labyrinth der Macht

Keine fünf Meter von seinem Kopf entfernt hatte die Kralle des Ladearms eine breite Furche in den Boden gezogen.
    »Gern geschehen, Euer Erzherzoglichkeit.«
    »Danke, Dylan.« Alek stand auf, klopfte sich den Staub von der Kleidung und schaute sich benommen um.
    Die vordere Hälfte des Orient-Express war endlich zum Halt gekommen und wäre beinahe bis in die Tesla-Kanone gerutscht. Der eiserne Golem lag zischend und dampfend auf dem Boden, die hintere Hälfte des Zuges hatte sich um ihn herum zusammengeschoben. Alek trat ein wenig näher und fragte sich, ob Meister Klopp und Bauer heil davongekommen waren.
    Aber Bovril knurrte und ahmte ein leises Brummen nach, das über das Gelände hallte. In der Luft baute sich ein Knistern auf.
    Dylan zeigte zum Südhimmel, wo endlich eine langgezogene Silhouette erschienen war: die riesige Leviathan , die sich schwarz vor den Sternen abzeichnete.
    Alek wandte sich wieder der Tesla-Kanone zu. Nun wanderte das grässliche Schimmern immer weiter in Richtung Spitze hinauf.
    »Wir müssen es verhindern«, sagte Dylan. »Außer uns ist niemand mehr da.«
    Alek nickte stumm. Klopp und Bauer, Lilit und Zaven – sie alle brauchten seine Hilfe. Doch die Tesla-Kanone war schon so gut wie gefechtsbereit und an Bord der Leviathan befanden sich über hundert Männer.
    Frustriert ballte er die Fäuste. Wenn er nur einen Läufer hätte, mit dessen Armen er den Turm niederreißen könnte!
    »Express«, zischte Bovril.
    »Der Zug«, sagte Alek leise. »Wenn wir die Lok kapern, können wir die Ladearme benutzen!«
    Dylan starrte ihn kurz an, dann nickte er. Sie rannten über den Boden, auf dem überall Trümmer lagen, und mussten immer wieder verstreuten Teilen der Ladung ausweichen, die vom Zug gefallen war.
    Der Orient-Express war nur fünfzehn Meter vor der Tesla-Kanone zum Stand gekommen. Die Ladearme bewegten sich nicht, aber aus den Schornsteinen stieg Rauch auf. Einige Soldaten taumelten aus dem Triebwerkswagen. Sie trugen deutsche Uniformen und hatten sich ihre Gewehre über die Schultern gehängt.
    Alek zerrte Dylan in Deckung. »Die sind bewaffnet, wir aber nicht.«
    »Aye. Komm mit.«
    Der Junge rannte zum letzten Wagen in der Reihe, einem Güterwaggon, der schräg in der Furche lag, die der Zug in den Boden gezogen hatte. Er kletterte hinauf, lief darauf entlang und näherte sich so dem Triebwerkswagen. Alek folgte ihm geduckt, damit man sie nicht entdeckte.
    Die Soldaten machten keinen sonderlich wachsamen Eindruck. Sie liefen sprachlos umher, begutachteten den Trümmerhaufen, der nach dem Kampf geblieben war, oder husteten sich Gewürze aus den Lungen. Ein paar Mann schauten hinauf zur Leviathan .
    Alek hörte ein vertrautes Geräusch – das Dröhnen der Motoren eines Luftschiffes. Er sah nach oben. Die Leviathan hatte bereits halb gewendet, denn die Besatzung hatte die schimmernde Tesla-Kanone entdeckt und versuchte, das Schiff in Sicherheit zu bringen.
    Aber es war zu spät. Um außer Reichweite zu gelangen, brauchte das Schiff mehrere Minuten, und die Tesla-Kanone summte bereits wie ein Bienenstock. Sie war nahezu einsatzbereit.
    Dylan hatte den Kohlenwagen hinter dem Triebwerk erreicht und Alek sprang nach ihm hinein. Die Kohle verrutschte unter seinen Füßen, und seine Hände färbten sich sofort schwarz, als er sich abstützte.
    Dylan krabbelte nach vorn, stieg wieder auf die Kante und reichte Alek die Hand.
    »Los, schnell«, flüsterte der Junge.
    Alek zog sich hoch. Jetzt waren sie genau zwischen den beiden riesigen Ladearmen. Er spürte das Knistern in der Luft; das Funkengewitter des mächtigen Turms ließ die Schatten zucken. Doch der Führerstand lag genau vor ihnen.
    »Da ist nur ein Mann drin«, flüsterte Dylan, reichte Bovril an Alek weiter und zog ein Messer aus der Jacke. »Mit dem werde ich fertig.«
    Er wartete die Antwort nicht ab, sondern schwang sich in einer Bewegung nach unten und durch ein Fenster in den Führerstand. Als Alek die Tür erreichte, hatte Dylan den einsamen Maschinisten schon in die Ecke gedrängt.
    Alek ging hinein und schaute sich die Steuerung an – eine Legion ihm unbekannter Anzeigen, Bremshebel und Schieber für die Motoren. Doch die Greifer bestanden aus Metallhandschuhen auf Stangen, ganz so wie die Steuerung für die Arme von Ş ahmeran.
    Er setzte Bovril auf dem Boden ab, steckte seine Hände in die Greifer und ballte die zur Faust.
    Ein Dutzend Meter entfernt reagierte eine riesige Kralle und schloss sich. Der Lärm weckte