Behemoth - Im Labyrinth der Macht
die Aufmerksamkeit einiger deutscher Soldaten, doch die meisten waren viel zu sehr mit der schimmernden Tesla-Kanone und dem Luftschiff beschäftigt.
»Trödel nicht!«, zischte Dylan. »Reiß das Ding um!«
Alek streckte den Arm aus und langte nach dem Turm. Doch es fehlten noch einige Meter bis zur ersten leuchtenden Strebe.
»Wir müssen näher ran!«, sagte Dylan.
Alek betrachtete die Hebel für die Motoren, bis ihm einfiel, dass Eisenbahnräder ohne Schienen nicht fahren konnten. Aber er erinnerte sich an einen beinlosen Bettler, den er in Lienz gesehen hatte. Der Mann hatte sich auf einem Rollbrett mit den Händen voranbewegt.
Er stellte die beiden Krallen auf den Boden links und rechts und zog sie zurück. Der Triebwerkswagen hob sich ein Stück und rückte vielleicht einen Meter vor, ehe er wieder auf der Erde landete.
»Näher«, sagte Bovril anerkennend.
»So, jetzt sind die Deutschen auf uns aufmerksam geworden«, murmelte Dylan, der aus dem Fenster blickte.
»Die Beschäftigung mit denen überlasse ich dir«, antwortete Alek und zog die riesigen Krallen erneut über den Boden. Der Triebwerkswagen bewegte sich mit fürchterlichem Quietschen vorwärts, weil das Metall jetzt über den Fels der Klippen glitt.
Durch die Fenster waren Rufe zu hören und ein Soldat sprang herauf und pochte an die Tür. Dylan schlug dem Maschinisten in den Bauch, der daraufhin auf dem Boden zusammensackte. Dann nahm er mit seinem Messer Kampfhaltung ein.
Alek streckte die Ladearme erneut aus.
Diesmal erreichte er mit der einen großen Kralle die vorderste Verstrebung des Turms. Als er zupackte, ging ein Knistern durch den Führerstand. Die Metallhandschuhe, die Alek hielt, zischten, und eine unsichtbare Kraft schien sich um seine Brust zu schnüren. Bovrils Haare standen steil vom Körper ab.
»Brüllende Spinnen!«, schrie Dylan. »Der Blitz schlägt bei uns ein!«
Funken tanzten über die Steuerung und die Wände des Führerstandes und der Soldat an der Tür schrie und sprang von der Metallstufe.
Alek biss die Zähne zusammen, um die Schmerzen zu ertragen, und zog stärker an dem Greifer. Der Triebwerkswagen stemmte sich in die Luft und die Verstrebung ächzte und bog sich langsam. Unten am Turm bildete sich eine Kugel weißen Feuers und bewegte sich in Spiralen.
»Gleich schießen sie!«, rief Dylan.
Alek zog so stark er konnte und mit einem Mal ging ein Beben durch den Wagen. Die Greifer erschlafften in seiner Hand und das Flackern an den Wänden hörte auf.
»Du hast die Strebe durchgebrochen und die Kanone …« Dylan runzelte die Stirn. »Sie kippt. Das ganze brüllende Ding kippt um!«
»Wegen einer durchtrennten Verstrebung?« Alek trat ans Fenster und sah nach oben.
Der Turm neigte sich langsam zur anderen Seite und das Blitzen kroch von den oberen Verstrebungen abwärts. Eine riesige schlangenartige Gestalt klammerte sich dort auf halbem Weg nach oben an die Streben und war in einen glühenden Kokon aus Elektrizität gehüllt.
»Ist das …?«
»Aye«, stieß Dylan hervor. » Ş ahmeran.«
Irgendwie hatte es Zaven mit seinem verwundeten Läufer bis zum Turm geschafft. Jetzt war er zu einer Art Blitzableiter geworden, der die Energie der Kanone auf sich selbst zog.
Der Blitz kreiste wie ein Wirbelwind um den Läufer, der eine Göttin verkörperte, leuchtete heller und heller, bis Alek die Augen schließen musste.
»Das kann doch kein Mensch überleben«, sagte Dylan, und Alek nickte.
Ein paar Sekunden später begann die Tesla-Kanone umzustürzen.
»Eine Göttin und Märtyrerin stürzt den Turm.«
40. Kapitel
Der Turm kippte in einem Strudel weißen Feuers auf Ş ahmeran.
Lichtranken zuckten in alle Richtungen und tanzten über den erstarrten Dschinn, über die Elefanten und die anderen Läufer und über das Wrack des Orient-Express. Auf den Metallwänden des Triebwagens knisterten Funken und ein Spinnennetz aus Flammen.
Als der Blitz aufhörte, erfüllte das Krachen des einstürzenden Turms die Luft. Eine Strebe traf den Triebwagen – die Decke wurde nach innen gedrückt, und alle Fensterscheiben zersprangen. Metall, das verbogen wurde, erzeugte ein lautes Heulen und eine Wolke aus Rauch und Staub wallte durch den Führerstand.
Lange Augenblicke später legte sich lastendes Schweigen über das Schlachtfeld.
»Alles in Ordnung, Dylan?« Aleks Worte klangen seltsam gedämpft in seinen Ohren.
»Aye. Und was ist mit dir, Tierchen?«
»Zaven«, sagte Bovril leise.
Dylan nahm das Tier
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