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Behemoth - Im Labyrinth der Macht

Behemoth - Im Labyrinth der Macht

Titel: Behemoth - Im Labyrinth der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Keith; Westerfeld Andreas; Thompson Helweg
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Bislang hatte sie die erst einmal beim feierlichen Gelöbnis getragen. Der Schneider, der sie in Paris für sie genäht hatte, musste sich gewundert haben, welchen Aufwand dieses dumme Mädchen für einen Kostümball trieb.
    Jetzt, einen Monat später, spannte sich die schicke Jacke über ihren neuen Schultermuskeln, und das Hemd fühlte sich am Hals so eng an wie ein Priesterkragen.
    »Ehrlich gesagt komme ich mir ein wenig vor wie ein Pinguin«, sagte Newkirk und richtete seine Seidenfliege.
    »Mag sein«, erwiderte Dr. Barlow, »aber für Botschafter Mallet müssen wir uns schick machen.«
    Seufzend wandte sich Deryn wieder dem Fenster zu. Die Lagerräume waren leer, und ihnen blieben lediglich vierundzwanzig Stunden, um die Vorräte für das gesamte Schiff aufzufüllen. Da erschien es ihr völlig überflüssig, Diplomaten auf den Großen Basar zu begleiten, noch dazu in Gala-Uniform. Dr. Barlow trug Reitkleidung wie eine Herzogin zur Fuchsjagd.
    »Glauben Sie, wir finden Cornedbeef in Konstantinopel?«, fragte Newkirk voller Hoffnung.
    »Is-tan-bul«, sagte Dr. Barlow und schlug für jede Silbe mit der Reitgerte auf ihren Stiefel. »Wir dürfen nicht vergessen, die Stadt so zu nennen. Sonst verärgern wir die Einheimischen.«
    »Istanbul?« Newkirk runzelte die Stirn. »Aber auf den Karten steht ›Konstantinopel‹.«
    »Auf unseren Karten«, beharrte Dr. Barlow. »Wir verwenden den Namen, um Konstantin zu ehren, den christlichen Kaiser, der die Stadt gegründet hat. Aber bei den jetzigen Bewohnern heißt sie bereits seit 1453 Istanbul.«
    »Die haben die Stadt schon vor über vierhundert Jahren umbenannt?« Deryn wandte sich wieder dem Fenster zu. »Vielleicht sollte man das mal auf unseren brüllenden Karten ändern.«
    »Weise Worte, Mr Sharp«, sagte Dr. Barlow und fügte leise hinzu: »Ich frage mich, ob die Deutschen das auf ihren schon berichtigt haben.«
    Die Leviathan landete auf einem meilenweiten staubigen Landeplatz am Westrand der Stadt.
    In der Mitte des Feldes stand ein Ankermast wie ein Leuchtturm in einem Meer aus Gras. Er unterschied sich nicht von dem Mast daheim in Wormwood Scrubs. Offensichtlich spielte es keine Rolle, ob ein Luftschiff von den Darwinisten oder den Mechanisten kam, es musste auf jeden Fall zum Schutz vor dem Wind auf ähnliche Weise gesichert werden.
    Das Bodenpersonal, ein Dutzend Männer mit hellrotem Fez, passte gut auf und schnappte sich sofort die Landeleinen.
    »Mr Rigby sagt, sie haben viel Übung wegen der deutschen Luftschiffe«, meinte Newkirk. »Er möchte, dass wir uns ihre Technik anschauen.«
    »Das wäre durchaus möglich, wenn wir näher dran wären«, erwiderte Deryn.
    Sie hätte am liebsten beim Anlegemanöver geholfen oder wäre zumindest gern bei den Taklern oben auf dem Rückgrat gewesen. Aber Dr. Barlow hatte die beiden Kadetten davor gewarnt, die Gala-Uniformen schmutzig zu machen.
    Über ihnen tuckerten die Motoren und drehten das Schiff in den Wind. Sogar Alek und seine Mechanisten-Freunde durften sich jetzt mit ehrlicher Arbeit beschäftigen.
    Zehn Minuten später war die Leviathan mit einem Dutzend Leinen gesichert, die jeweils von zehn Mann festgehalten wurden. Die Nase des Flugtiers wurde an den Ankermast gedrückt und die großen Augen wurden mit Scheuklappen abgedeckt.
    Deryn runzelte die Stirn. »Die haben uns ein bisschen hoch festgemacht. Wir sind immer noch fünfzig Fuß über dem Boden!«
    »Ganz nach Plan, Mr Sharp«, sagte Dr. Barlow und zeigte mit ihrer Reitgerte in die Ferne.
    Deryn sah auf und entdeckte etwas, das zwischen den Bäumen hervorkam. Vor Überraschung bekam sie den Mund nicht mehr zu.
    »Ach, die Mechanisten haben auch Elefantiner!«, rief Newkirk. »Das wusste ich gar nicht.«
    »Das ist kein Tier«, gab Deryn zurück. »Das ist ein brüllender Läufer .«
    Die Maschine rumpelte auf riesigen Beinen vorwärts, die Stoßzähne schwangen hin und her. Vier Piloten in blauen Uniformen saßen in Sätteln an den Beinen und steuerten ihr jeweiliges Bein. Ein mechanischer Rüssel, der aus einem Dutzend einzelner Segmente bestand, wedelte wie der Schwanz einer schlafenden Katze.
    »Das Ding ist wenigstens fünfzig Fuß hoch«, sagte Newkirk. »Größer als ein richtiger Elefantiner!«
    Sonnenlicht schien auf den Läufer, als er unter den Bäumen hervortrat, und der polierte Stahl glänzte wie ein Spiegel. Die Plattform auf dem Rücken wurde von einem Sonnenschirm überdeckt, der an die Haube eines Kampffalken

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