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Behemoth - Im Labyrinth der Macht

Behemoth - Im Labyrinth der Macht

Titel: Behemoth - Im Labyrinth der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Keith; Westerfeld Andreas; Thompson Helweg
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Wachwechsel der Königlich Löwenartigen beobachtet hatte. Der Buckingham Palace war vier Stockwerke hoch und viereckig wie ein Schwarzbrot. Hier hingegen gab es niedrige Gebäude, die von Säulengängen umschlossen waren, deren Bögen in einem schwarz-weißen Schachbrettmuster aus Marmor verkleidet waren und wie die Tasten eines Klaviers glänzten. Dampfrohre wanden sich an den Mosaikwänden entlang wie die Röhren von Boteneidechsen und schwitzten und schnauften von der Energie, die in ihnen befördert wurde. An jeder Tür standen Wachen: mit Hellebarden und Krummsäbeln bewaffnete Afrikaner in hellen Seidenuniformen.
    Deryn fragte sich, wie es sein musste, in solchem Prunk und Pomp zu leben, dessen wilde Muster das Auge verwirrten. War auch der arme Alek in solcher Pracht aufgewachsen? Das musste einen ja in den Wahnsinn treiben, wenn man von einer Million Diener umgeben war, die auf jede Bewegung achteten.
    Die Wachen verbeugten sich tief vor dem Kizlar Agha und murmelten die gleiche Grußformel, die auch Dr. Barlow benutzt hatte.
    »Ist das Türkisch für ›guten Tag‹?«, flüsterte Deryn und fragte sich, ob sie den Satz vielleicht lernen sollte.
    »Arabisch. Im Palast werden viele Sprachen gesprochen.« Dr. Barlow betrachtete die Dampfrohrleitungen. »Hoffentlich gehört Deutsch nicht dazu.«
    Kurze Zeit später wurden sie in ein großes Marmorgebäude geführt, das ein wenig abseits vom Palast stand. Drei Schornsteine ragten vom Dach aus in den Himmel, und von innen hörte man das Knurren und Knarren einer Maschine.
    Der Kizlar Agha blieb vor einem Bogengang stehen, der von zwei Steintüren verschlossen wurde. »Wir betreten jetzt den Thronsaal von Sultan Mehmed V., Herrscher der Horizonte.«
    Er klatschte dreimal in die Hände und die Türflügel öffneten sich unter dem Zischen von Dampf. Ein Geruch wallte ihnen entgegen nach brennender Kohle und Motoröl, vermischt mit dem Duft von Weihrauch.
    Nach dem grellen Sonnenlicht konnte Deryn im ersten Moment kaum etwas erkennen. Doch vor ihr schien im Schneidersitz ein Riese zu hocken, der sich in der Größe mit den eisernen Golems messen konnte, die sie gestern in den Straßen gesehen hatte. Es handelte sich dabei um eine Metallstatue, die mit vielen Metern schwarzer Seide bekleidet war. Über die ordensgeschmückte Brust spannte sich eine Schärpe aus silbernem Stoff und den eigenartig gehörnten Kopf zierte ein roter Fez von der Größe einer Badewanne.
    Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, bemerkte Deryn einen Mann unter der Statue. Er trug exakt die gleiche Kleidung und saß auf einem mit Seide bezogenen Diwan in derselben Position im Schneidersitz. Seine Hände ruhten auf den Knien.
    »Willkommen, Dr. Barlow«, sagte er und hob zum Gruß die rechte Hand.
    »Das Oberhaupt des Osmanischen Reiches:
der Sultan und Kalif.«
    Hinter ihm bewegte sich die Statue und vollzog seine Bewegung nach. Es war ein Automat – der gesamte Thronsaal stellte einen riesigen Mechanismus dar! Doch die Geräusche der Mechanik wurden durch dicke Teppiche und die Steinmauern gedämpft. Die riesige Statue wirkte tatsächlich lebendig.
    Aus den Augenwinkeln sah Deryn, wie Dr. Barlow geschmeidig knickste, als würde sie jeden Tag mit Riesenstatuen verkehren. Deryn überwand ihre Verblüffung und verneigte sich tief, so wie Alek, wann immer er die Offiziere der Leviathan begrüßte. Plötzlich wurde ihr klar, dass sie keine Ahnung hatte, wie sie sich einem brüllenden Sultan gegenüber verhalten sollte, und sie wünschte, die Wissenschaftlerin hätte ihr vielleicht einen Tipp gegeben.
    »Erhabener Sultan«, sagte Dr. Barlow. »Ich überbringe Euch Grüße von Seiner Majestät König George.«
    »Friede sei mit ihm«, sagte der Sultan und neigte den Kopf leicht. Hinter ihm vollführte der Automat die gleiche Bewegung.
    »Außerdem bringe ich Euch ein Geschenk.« Dr. Barlow deutete auf die Eierkiste.
    Der Sultan zog die Augenbrauen hoch. Deryn war erleichtert, weil der Automat wenigstens die Mienen des Herrschers nicht nachahmte. Die Riesenmaschine war so schon unheimlich genug.
    »Eine eigentümliche Form für ein Kriegsschiff«, sagte der Sultan. »Und ein bisschen klein für einen Behemoth .«
    Nach einem unbehaglichen Moment des Schweigens räusperte sich Dr. Barlow. »Unser kleines Geschenk soll keineswegs als Ersatz für die Osman oder ihr Begleittier dienen. Seine Majestät bedauert diese unselige Affäre zutiefst.«
    »Ach wirklich?«
    »Überaus«,

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