Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur
sie anzuzünden; seine Hände zitterten zu sehr. Er pfefferte das Feuerzeug gegen die Wand. Selim gab ihm Feuer. Er nahm gleich mehrere hastige Züge hintereinander und sagte: »Dann wünsche ich euch alles Gute. Aber reißt euch am Arbeitsplatz zusammen. Vergeßt nicht, daß wir hier in einer Behörde sind. Und jetzt raus.«
Nachdem sie das Zimmer verlassen hatten, setzte er sich auf einen Stuhl und starrte Harun an: »Ich dachte, du hättest mit dem Thema abgeschlossen?«
Harun hatte Tränen in den Augen.
»Ich lieb sie nun mal, Herr Vorgesetzter, es ist stärker als ich«, sagte er. Seine Stimme klang, als würde er bei der leisesten Berührung anfangen zu weinen. »Du kennst Selim besser als ich, der will sich doch nicht verloben, der betrügt das Mädchen nur und hält sie hin.«
»Ja und? Das ist nicht deine Angelegenheit. Jeder ist für sich selbst verantwortlich. Ihr seid keine Grünschnäbel mehr. Ihr könnt euch hier nicht um ein Mädchen prügeln.« Er schien mit seiner 216 ein Loch in den Aschenbecher stanzen zu wollen. Doch so fest er sie auch ausdrückte, seine Wut ließ nicht nach, bis er den Aschenbecher nahm und gegen die Wand warf. »Du Hornochse«, rief er, »du warst doch sogar auf mich eifersüchtig. Hast du sie noch alle?«
»Was soll das denn jetzt, Herr Vorgesetzter?«
»Hör mir doch auf. Warum hast du Eda bei mir anrufen lassen, als ich bei Gönül übernachtet hab? Meinst du, ich hätte dir ihre Nummer gegeben, damit du Eda zeigen kannst, daß ich bei einer Frau bin? Für den Notfall hab ich sie dir gegeben. Aber du hast nur Dreck im Kopf. Du Sack, Eda ist für mich wie eine Tochter. Schäm dich!«
Sein Kopf war wie ein verdächtiger Gegenstand, den ein Spreng-stoffexperte hatte detonieren lassen. Überall lagen verstreute Fetzen böser Gedanken. Er atmete tief durch und sagte: »Du hast jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder, du vergißt die ganze Sache. Oder aber du fickst dich selber und haust ab. Zum Bereitschaftsdienst oder in eine andere Abteilung, such dir was aus.«
Harun preßte seine Nasenwurzel zwischen zwei Fingern und nahm sich zusammen.
»Okay, Herr Vorgesetzter«, sagte er. »Ich fick mich selber und hau ab. Kein Problem.«
Er knallte die Tür hinter sich zu. Der Knall hallte lange Zeit in seinem Kopf nach. Er stützte seine Ellenbogen auf den Tisch und vergrub sein Gesicht in den Händen. Er versuchte vergeblich, die Ereignisse des Tages Revue passieren zu lassen. In seinem Geist entstand nichts als eine Abfolge kurz aufblitzender, einander jagender Einzelbilder. Nur Streit und Schlägereien.
Liefert mir Leute, die ich durchprügeln kann. Wenn ich was im Kopf hätte, wär ich ja nicht hier. Unsinn
, sagte eine andere Stimme,
du bist vielleicht keine Leuchte, aber dumm bist du auch nicht. Du hast so viele Mordfälle aufgeklärt. Was hab ich denn aufgeklärt, gib mir eine zerstückelte Leiche und ich sage dir, es war seine Frau, wer würde den Knallkopf schon umbringen außer seiner Frau. Es klopft. Es klopft. Was… Was?
Tatsächlich klopfte jemand zaghaft an die Tür des Vernehmungszimmers. »Herein!«
Cevdet schaute durch den Türspalt hinein und hielt ihm mit beleidigter Miene das schnurlose Telefon hin.
»Herr Vorgesetzter, der Geier ist dran«, sagte er.
Er nahm das Telefon und fragte: »Warum rufst du mich nicht auf dem Handy an?«
»Ich versuche es seit einer halben Stunde, aber du gehst nicht ran.«
Er tastete all seine Taschen ab. Sein Telefon war nirgendwo.
»Eine Sekunde«, sagte er und rief Cevdet. »Geh zu den Sonderoperationen und schau im Eingangsbereich und auf dem Flur nach. Ich glaub, ich hab in meiner Wut mein Telefon da irgendwo hingeschmissen.«
Dann konzentrierte er sich wieder auf den Geier.
»Warum hast du Cevdet verscheucht?«, ging er ihn an. »Wann soll der Junge denn mal was lernen?«
»Von mir kann er nicht viel lernen. Er hat mehr davon, wenn er bei euch ist…«
»Ist ja gut. Was gibt’s?«
»Ich habe das Krankenhaus gefunden, an das Betül sich gewandt hat. Geburtsklinik Zekai Tahir Budak. Sie hat einen Schwanger-schaftstest machen lassen.«
»Was für einen Test? Gibt es die nicht in der Apotheke?«
»Keinen Urintest, sondern einen Bluttest. Da sind die Ergebnisse sicherer.«
»Und dann? Hat sie sich einen Abtreibungstermin geben lassen?«
»Nein. Das ist eine staatliche Klinik. Die machen keine Abtreibungen bei unverheirateten Frauen. Vermutlich hat sie dort ihr Ergebnis abgeholt und ist dann zu einer Privatklinik
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