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Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Titel: Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emrah Serbes
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Telefon klingelte.
    »Der Herr Lehrer ist aus unserer Mitte geschieden«, verkündete der Geier.
    Es war genau eine Stunde seit seinem ersten Anruf vergangen. Sie ließen sich von Melis das Kennzeichen des Wagens ihres Freundes geben und funkten Anweisungen an die Verkehrspolizei. Während er mit dem Funkgerät in der Hand auf- und abhetzte, schnitten ihm ein paar Kameraleute den Weg ab. Einen von ihnen stieß er mit der Schulter weg, einem anderen rammte er seinen Ellenbogen zwischen die Rippen. Dann gab er die Personenbeschreibung an den Zentralen Busbahnhof und den Flughafen durch und schickte zwei Streifenwagen zu den nächsten Verwandten des Jungen, bei denen er, neuesten Informationen zufolge, Zuflucht suchen könnte. Als er gerade grübelte, was es sonst noch zu tun gebe, kam von der Funkzentrale eine Durchsage. Der Typ war zur Wache in Dikmen gefahren und hatte sich dort gestellt.
    Behzat Ç freute sich, ohne es sich anmerken zu lassen.
    »Du Idiot«, sagte er. »Wenn du schon jemanden abknallst, dann versteck dich wenigstens ordentlich, damit wir unsere Arbeit machen können.«

8
    Am nächsten Morgen parkten sie den Dienstwagen vor dem städtischen Leichenschauhaus und warteten auf die Ankunft von Betüls Vater Hayrettin. Die Identifizierung der Toten war Routine; für die beiden Beamten ging es eher darum, mit ihm zu sprechen und etwas mehr über Betül zu erfahren. Der Radiomoderator verkündete, es sei der kälteste Winter seit acht Jahren und Ankara trage wieder ein weißes Brautkleid.
    Behzat Ç rieb sich die Hände warm und spottete: »Von wegen Brautkleid, ein verdrecktes Leichentuch ist das!«
    Es waren minus achtzehn Grad; in der Nacht waren zwei Obdachlose erfroren.
    Mit einem Lachen im Gesicht erzählte Harun: »Herr Hauptkommissar, gestern abend warst du auf allen Sendern in den Hauptnachrichten.«
    »Was?«
    »Na, mit dem Psychopathen, der den Lehrer erschossen hat. Die haben immer wieder dich gezeigt, wie du mit dem Funkgerät rumläufst.«
    »Das gibt’s doch nicht.«
    »Ehrlich. Wär ich mal auch dabeigewesen. Zweimal haben sie auch Suat gezeigt, aber weil der nicht so richtig wie ein Polizist aussieht, haben sie immer wieder dich genommen.«
    Ein schwarzer Mercedes hielt vor dem Leichenschauhaus.
    »Das müßte er sein.«
    Der Morgenfrost war beißend. Sobald Harun das Auto verlassen mußte, klagte er: »Wir sind ja alle in Ankara großgeworden, aber so eine Kälte hab ich noch nie erlebt.«
    Behzat Ç zog seinen Schal höher und sagte: »Ich muß mir neue Stiefel kaufen.«
    »Aber Herr Hauptkommissar, die sehen doch noch gut aus.«
    »Sind aber undicht. Ich hab nasse Füße.«
    Sie gingen auf Hayrettin zu und schüttelten ihm die Hand. Der Mann schaute ihnen nicht ins Gesicht, sondern starrte schmerzerfüllt wie ein entrückter Derwisch ins Leere. Er trug einen schwarzen Anzug, war hochgewachsen, penibel rasiert und gutaussehend. Es war deutlich, daß Betül das schöne Gesicht von ihrem Vater hatte. Der einzige Makel an seinem Gesicht war eine Narbe unter dem linken Auge.
    Im Leichenschauhaus war es recht angenehm, weil die Temperatur im Kühlraum höher war als die Außentemperatur. Der Angestellte zog eine Bahre hervor und hob das Tuch an. Hayrettin schloß die Augen.
    »Schauen Sie bitte noch einmal.«
    Hayrettin war wie versteinert, brach unvermittelt zusammen und stöhnte vor sich hin.
    Behzat Ç schaute sich Betül an. Obwohl eine Hälfte ihres Gesichtes zerschmettert war, fand er sie immer noch sehr schön. Der sanfte Bogen zwischen Kinnpartie und Hals, das auf die Schultern fallende Haar, die makellose Haut… Der Anblick war wirklich kaum zu verkraften. Er sagte »Danke« und der Angestellte die Bahre zurück. Ein Weile ließen sie Hayrettin allein. Der Mann schlug seinen Kopf gegen die Wand und stöhnte dabei unentwegt. Als er nach fünf Minuten ein wenig nachließ, nahmen sie ihn bei den Armen und führten ihn hinaus.
    In der Kantine der Gerichtsmedizin brachte Harun auf einem winzigen Tablett drei Teegläser an den Tisch. Behzat Ç zündete sich eine 216 an und bot Hayrettin die Packung an.
    »Herzliches Beileid.«
    Hayrettin schaukelte seinen Kopf vor und zurück.
    »Es mag nicht der angebrachteste Zeitpunkt sein, aber wir müssen Ihnen leider ein paar Fragen stellen.«
    Von Hayrettin kam ein hilfloses Murmeln, das wie ein »Bitte« klang. Während Behzat Ç darüber nachdachte, wie er anfangen sollte, preschte Harun vor: »Wurde sie am ersten Januar geboren, oder haben sie

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