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Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Titel: Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emrah Serbes
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das Geburtsdatum so eintragen lassen, damit sie früher eingeschult wird?«
    »Erster Januar.«
    Harun blickte zu Behzat Ç hinüber, öffnete seine Hände nach beiden Seiten und setzte seinen Hab-ich’s-dir-nicht-gesagt-Blick auf. Dann begann er, den Zucker in seinem Tee umzurühren. Hayrettin hatte seine Hand zur Faust geballt, schlug sich damit mit voller Wucht gegen den Kopf und sagte: »Sie kam sogar in die Zeitung, als erstes Neugeborenes des neuen Jahres.«
    »War sie suizidär? Hatte es in der Vergangenheit bereits Selbstmordversuche gegeben?«
    »Auf keinen Fall.«
    Voller Wut starrte Hayrettin die Polizisten an. Es war das erste Mal, daß sie Blickkontakt hatten.
    »Oder denken Sie etwa in diese Richtung?«
    »Wir denken noch gar nichts. Wir ermitteln. Hatte sie Feinde, ist sie von irgend jemandem bedroht worden?«
    »Darüber hat sie mir nichts gesagt, aber…«
    »Aber?«
    »Es könnten die Terroristen gewesen sein.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich erzähl es Ihnen am besten von Anfang an, Herr Kommissar. Lassen Sie sich in Ihren Ermittlungen nicht davon beeinflussen. Aber falls die Mörder meiner Tochter die Kommunisten, diese Terroristen, sein sollten, müssen Sie die ausfindig machen und stellen. Betül wurde vor vier Monaten verhaftet. Davon werden Sie gehört haben.«
    »Nein, bisher nicht. Wußtest du das?«
    »Ich auch nicht, Herr Vorgesetzter.«
    »Dann kümmern Sie sich um die Sache.«
    Wie immer waren sie bedacht, nicht zu zeigen, was sie wußten und was sie nicht wußten.
    »Nun, Sie werden das sicher schnell in Erfahrung bringen. Die haben Betül das Gehirn gewaschen. Die Geisteswissenschaften sind sowieso ein einziges Kommunistennest. Ich war schon auf Habacht, als sie sich immatrikulieren wollte. Aber dann hab ich mir gesagt, meine anderen Kinder haben nicht studiert, wenigstens soll aus Betül was werden. Also hab ich sie nach Ankara geschickt. Das hab ich nun davon.«
    Hayrettin schwieg, seine Augen wurden feucht, doch er versuchte, sich zusammenzureißen.
    »Wir haben ja, Allah sei Lob und Dank, recht viel Landbesitz und eine große Familie in Urfa. Seit unserem seligen Vater sind wir alle Anhänger der Demokratischen Partei, der gesunden Mitte. Aus den Grabenkämpfen zwischen rechts und links haben wir uns gottlob immer herausgehalten. Wenn unser Vaterland so verkommen ist, dann wegen der Politik. Es kann doch nicht sein, daß jeder Dahergelaufene so tut, als würde er etwas von Politik verstehen. Das ist eine Sache für Fachleute. Es muß doch einen klaren Unterschied geben zwischen Staatslenkung und Politik.«
    »Weshalb verdächtigen Sie die Kommunisten?«
    »Das will ich Ihnen sagen. Ich bin nur nicht ganz bei mir, entschuldigen Sie, wenn ich abschweife. Hab ich also meiner jüngsten Tochter erlaubt, nach Ankara zu gehen. Ich hab sie in ein Wohnheim gegeben, damit ihr nicht noch was passiert. Da sagt sie mir: ›Papa, ich fühl mich hier nicht wohl, es gibt da ein privat betriebenes Wohnheim, kann ich nicht da wohnen?‹ Hab ich ihr auch noch erlaubt. Wir haben ja schließlich Geld, wir haben gute Beziehungen, ich hätte ihr auch ein Hotel zahlen können, solange sie da nur in Sicherheit ist. So denke ich nämlich. Konnte natürlich nicht ahnen, daß sie in Richtung Politik abgedriftet ist. Als ich das hörte, hätte ich fast einen Schlaganfall bekommen.«
    »Wie haben Sie es erfahren?«
    »Als sie verhaftet wurde. Herr Aybars, ein leitender Beamter bei der Terrorbekämpfung, den werden Sie kennen.
    »Kennen wir.«
    »Der ist auch ein Kind unserer Heimatstadt. Zu unserer Familie ist er wie ein Bruder. Jedesmal, wenn er nach Urfa kommt, stattet er uns einen Besuch ab. Wir sind ja eine gut situierte Großfamilie. In jeder Legislaturperiode hat einer aus unserer Familie im Parlament gesessen. So eine Familie sind wir. Rief also der Herr Aybars an, so und so, deine Tochter haben wir in Gewahrsam genommen. Aber mach dir keine Sorgen, ich werd ihr nur gehörig die Ohren langziehen und sie dann freilassen. Ich dachte, jemand schüttet mir siedendes Wasser über den ganzen Körper. Bloß nicht, Herr Aybars, hab ich gesagt, bloß nicht die Ohren langziehen, ich hab meine Tochter bis heute nicht einmal richtig geschlagen. In meinem Zustand bin ich dann zum Flughafen und hierher gekommen. Am nächsten Tag haben wir dann Betül aus der Haft geholt. Sie war in einer Einzelzelle, sie wurde nicht mit den anderen zusammen festgehalten. Und deshalb ist das alles so gekommen.«
    »Was ist so

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