Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur
Gemüsehändler Vahap? Willst du es vielleicht noch einmal hören?«
Vahap Hoca blieb bei seiner Aussage: »Das ist nicht meine Stimme auf der Kassette.«
»Gut, dann hören wir sie uns einfach nochmal an.«
Vahap wischte sich beträchtliche Mengen Schweiß von seiner Stirn und fragte: »Warum spielen Sie mir das immer wieder vor, wenn es doch nicht meine Stimme ist?«
»Weil du versucht hast, diese Kassette für viel Geld zu kaufen.«
»Ich kenne diese Männer nicht. Ich bin Opfer einer Verschwörung.«
»Wenn das stimmt, warum gibst du fremden Männern fünftausend Lira?«
Behzat Ç zerquetschte die 216 im Aschenbecher und warf Vahap Hoca einen Köder hin. Mit freundlichem Lächeln sagte er: »Du hast wohl zuviel Geld. Dann gib uns doch einfach auch fünftausend, und wir vergessen die Geschichte. Wir haben unsere liebe Not, mit unserem Monatsgehalt auszukommen…«
Vahaps Gesicht hellte sich schlagartig auf, doch da er sich nicht sicher war, ob das Angebot ernst gemeint war, antwortete er stokkend.
»Also… wenn… Sie möchten…«
»Ich fänd das klasse. Wir sind ja schließlich nicht von der Sittenpolizei. Stimmt’s oder hab ich recht?«
»Sie haben recht.«
»Wenn wir von der Sittenpolizei wären, hätten wir ja wohl gefragt, warum du Lifelike Vaginas kaufst, was du mit deinen Bondage Kits gemacht hast und so weiter. Haben wir je solche Fragen gestellt?«
»Nein.«
»Dein Sexualleben interessiert uns nicht. Was die Kassette angeht, da hast du wohl ein Mädchen in deinem Zimmer bedrängt und hier und da ein bißchen angetatscht. Das meiste wird sie sich wohl selbst ausgedacht haben, weil sie sich für eine schlechte Note an dir rächen wollte. Wenn sie es nicht darauf angelegt hätte, hättest du so etwas doch bestimmt nicht gemacht. Es ist eben kurz mit dir durchgegangen. Vermutlich hat sie sogar zuerst ihren Körper an dir gerieben. Ich kenn doch das Weibervolk, die nehmen sich alle nichts. Oder irre ich mich? Wir sind hier bei der Mordkommission, solche Dinge gehen uns nichts an. Wir vergessen die Geschichte. Das Geld, das du Kısmet und Fedai gegeben hast, haben wir noch nicht einmal als Beweismittel aufgenommen. Das bleibt einfach als kleines Geschenk bei uns. Alles klar? Haben wir uns geeinigt?«
Vahap sagte nichts, doch aus seinem Blick sprach der feste Glaube an die Geschlechtersolidarität und eine tiefe Dankbarkeit. Dann flüsterte er fast unhörbar: »Abgemacht…«
»Du verfickter Hurenbock!«
Behzat Ç krallte seine Hände wie zwei Pranken in Vahaps Schultern und riß ihn so hart vom Stuhl hoch, daß seine Winterjacke an den Nähten aufplatzte. Er schleuderte ihn gegen den Aktenschrank in der gegenüberliegenden Ecke des Zimmers. Da Vahap recht schwer war, verbeulte er die Metalltür, hinter der die Unterlagen aufbewahrt wurden, die man im Brandfall mit Priorität schützen mußte. Es gab einen Heidenlärm. Er griff sich den Mann, der zu Boden gestürzt war, und schickte ihn wieder in die Richtung, aus der er kam. Dieses Mal schleifte Vahap den Tisch mit, gegen den er auf halbem Weg geprallt war. Behzat Ç nahm den Mann vom Tisch auf, schaute auf seine zerbrochenen Brillengläser und seine aufgeplatzte Augenbraue. Die Teufel, die ihn ritten, hatten einander bei den Schultern gefaßt, warfen ihre Köpfe rhythmisch nach vorn und skandierten im Chor: »Hau zu, hau zu, hau zu, hau zu…«
Cevdet kam mit dem schnurlosen Telefon ins Zimmer und fing an zu stottern, als er die Szenerie sah: »He-he-he-Herr Vorgesetzter…«
»Ich fick deinen Vo-Vorgesetzten, und dich gleich mit, und zwar he-he-heftig! Was ist?!?«
»Der Staatsanwalt ist dran«
Ohne mit seiner rechten Hand von Vahap Hocas Kragen abzulassen, öffnete Behzat Ç seine zur Faust geballte Linke und nahm das Telefon entgegen.
»Warum bist du überhaupt hier?«, fragte er Cevdet. »Hab ich dir nicht gesagt, du sollst mit dem Geier die Krankenhäuser abklappern?«
Cevdet drückte sich vor einer Antwort. Schließlich brachte er wie ein beleidigtes Kind hervor: »Er wollte mich nicht dabeihaben.«
»Warum nicht?«
»Er ist es gewohnt, allein zu arbeiten. Es macht ihn nervös, zu zweit herumzulaufen.«
»Was ist denn da los?«, fragte der Staatsanwalt. »Sind die Akten fertig? Wir müssen die Leute dem Bereitschaftsrichter vorführen.«
»Heute klappt das nicht mehr. Wir arbeiten daran.«
»So geht das nicht! Ihr könnt die Leute nicht mehr einfach so verhaften und dann zwei Tage an ihnen arbeiten. Du schickst mir jetzt
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