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Bei Anbruch des Tages

Bei Anbruch des Tages

Titel: Bei Anbruch des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sveva Casati Modignani
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denken und merkte, dass ihn diese junge Frau nach wie vor anzog wie ein Magnet.
    Der dunkle Teint, das weizenblonde Haar, die großen grünen lebhaften Augen, ihre Blicke, die ihn zu durchbohren schienen, machten sie unwiderstehlich. Und ihre heisere Stimme klang nach wie vor äußerst verführerisch.
    Die jungen Frauen, mit denen Guido sonst zu tun hatte, gehörten einer ganz anderen Welt an als Amaranta. Doch keine von ihnen hatte je ein vergleichbares Interesse in ihm geweckt.
    Er trug ihre Akte höchstpersönlich ins Personalbüro zurück und fragte eine Angestellte, ob Signorina Casile zur Arbeit erschienen sei.
    Die Frau sah schnell in der Anwesenheitsliste nach und sagte: »Sie hat eingestempelt, und zwar wie jeden Tag zehn Minuten vor Arbeitsbeginn. Sie kommt immer sehr früh und geht erst nach Betriebsschluss.«
    Â»Danke«, erwiderte Guido und verließ das Büro.
    An diesem Vormittag konnte er sich nicht auf die Arbeit konzentrieren. Er ärgerte sich, dass ihn die Begegnung mit Amaranta dermaßen aus der Bahn geworfen hatte. Das war doch lächerlich, völlig irrational! Er rief einen Freund aus Villanova an, der wie er mit Amaranta zur Schule gegangen war und anschließend Sport in Mailand studiert hatte. Jetzt war er Tennislehrer und spielte manch mal mit ihm im Club.
    Â»Hast du eine Stunde Zeit für mich?«, fragte er.
    Er verließ das Büro und ging zum Tennisspielen. Anschließend aß er mit dem Freund im Clubrestaurant.
    Während sie einen Salat zu sich nahmen, fragte Guido: »Hast du noch Kontakt zu Leuten aus der Grundschule?«
    Â»Ich treffe mich noch mit Giovanna Zappa, die beim Kaufhaus Rinascente arbeitet, und mit Fausto Baroni. Erinnerst du dich an ihn? Er war damals der Klassentrottel. Heute ist er Musikprofessor und spielt die zweite Geige im Scala-Orchester. Er tourt gerade durch Südamerika und besorgt mir immer Konzertkarten. Wenn du willst, kann ich ein gutes Wort für dich einlegen. Dann sehe ich noch Francesca, die Ratti-Tochter …«
    Â»Die treffe ich auch manchmal auf der einen oder anderen Party.«
    Â»Sie hat Chemie studiert und forscht jetzt an der Uni. Eine wunderschöne junge Frau! Sie ist mit einem Mailänder Anwalt verlobt. Und dann ist da …«
    Â»Erinnerst du dich noch an Amaranta Casile?«, fragte Guido beiläufig.
    Â»An Mara? Ja, natürlich. Wir haben sie immer die Eidechse genannt, weil sie so eine komische Hautfarbe hatte, so mager war und sofort weglief, wenn man ihr zu nahe kam. Nein, die habe ich nie mehr gesehen. Sie hat in einem aufgelassenen Bauernhof gewohnt, zusammen mit jeder Menge Geschwister. Ihre Familie war furchtbar arm …«
    Guido kehrte ins Büro zurück und beschloss, sich abends bei seinem Vater nach Amaranta zu erkundigen. Der kannte alle seine Angestellten und wusste bestimmt auch etwas über Amaranta Casile. Doch auf einmal schämte er sich für das übertriebene Inter esse an der jungen Frau und sprach lieber nicht mit seinem Vater. Stattdessen rief er Bona Visconti an, um sie nach Mailand ins Kino einzuladen.
    Bona zählte zu Guidos Freundeskreis in Mailand und war ihm nicht gleichgültig.
    Sie war Innenarchitektin in einem Architekturbüro und hatte ihm bei mehr als einer Gelegenheit gezeigt, dass sie seine Gesellschaft schätzte. An diesem Abend fanden sie sich nach dem Kino auf dem Corso Vittorio Emanuele wieder.
    Â»Und was machen wir jetzt?«, fragte Guido.
    Â»Morgen habe ich einen Termin in einem Palazzo am Corso Magenta. Ich gehe nach Hause«, erwiderte Bona.
    Â»Ich begleite dich«, schlug Guido vor.
    Bona war unbefangen und fröhlich, und gemeinsam alberten sie herum, bis sie vor ihrer Haustür standen.
    Â»Ich habe einen amerikanischen Freund, der uns bald besuchen kommt. Wir fahren nach Irland und verbringen dort ein paar Tage auf den Aran-Inseln. Wir wollen ein Boot mieten und Hummer fangen«, erzählte Guido.
    Â»Ich werde mit meiner Familie in Cap Ferrat sein. Wieso kommst du uns nicht besuchen? Das Haus ist riesig, und für deinen Freund ist auch Platz.«
    Â»Danke, ich sage dir noch Bescheid«, erwiderte er und wartete darauf, dass Bona die Tür aufschloss.
    Â»Gute Nacht«, flüsterte sie und hob das Gesicht in Erwartung eines Kusses.
    Und Guido küsste sie. Auf die Wange.
    Schlecht gelaunt kehrte er nach Villanova zurück.
    Es war Mitternacht, und seine Eltern saßen mit

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