Bei Anbruch des Tages
Meinung nicht.«
»Doch. Deine Unterstützung ist mir wichtig. Mit deinem Sohn kann ich nicht darüber reden. Er kennt keine Zwischentöne. Für ihn ist alles entweder Weià oder Schwarz. AuÃerdem weià ich noch gar nicht, wie sich die Geschichte entwickeln wird. Nicht zuletzt weil sie jeden Morgen zur Messe geht wie die Frömmlerinnen aus dem Dorf. Sie sagt, sie wartet auf eine Antwort von Gott. Wie bereits gesagt, sie ist etwas seltsam. Ich habe gehofft, du könntest mir helfen, sie zu verstehen«, meinte er errötend. »Aber anscheinend habe ich mich getäuscht.«
GroÃvater sah Guido in die Augen und erklärte: »Die Heirat mit deiner GroÃmutter war ein gutes Geschäft. Aber ich war aufrichtig in sie verliebt, und meine Arbeit bei Crippa-Armaturen hat mir viel bedeutet: Ich war zu jedem Opfer bereit, um mich so gut wie möglich um die Firma und meine Frau kümmern zu können. Du bist anders. Im Grunde arbeitest du nur in unserem Unternehmen, um deinem Vater einen Gefallen zu tun. Aber eines Tages wird es dir gehören, und da brauchst du eine zuverlässige Frau, die dir zur Seite steht, ja, vielleicht sogar mit dir zusammenarbeitet. Eine verrückte Lageristin, die auf eine Botschaft vom lieben Gott hofft, ist dafür wenig geeignet. Kannst du dir sie als Mutter deiner Kinder vorstellen? Du kannst Gott danken, dass sie dich abweist, während sie auf eine göttliche Botschaft wartet. Am besten, du betest auch, nämlich darum, dass der Herr ihr einen Weg weist, der weit von dir wegführt.«
»Vielen Dank. Du hast mir sehr geholfen!«, erwiderte Guido enttäuscht.
»Es tut mir leid, aber die Wahrheit kann manchmal sehr schmerzhaft sein.«
9
W enige Tage nach seiner enttäuschenden Unterredung mitGroÃvater Amilcare sprach Guido mit Generoso, dem ewigen Verehrer seiner GroÃmutter, über das Amaranta-Problem, als er mit ihm das Hippodrom in San Siro besuchte.
Es war nicht leicht, Generosos Aufmerksamkeit zu erringen, weil er gerade einem Vollblut die Daumen drückte, auf das er eine stolze Summe gesetzt hatte. Guido beschloss, es nach dem Rennen erneut zu versuchen. Er selbst hatte auf ein junges, Erfolg versprechendes Pferd mit einer Quote von fünf zu eins gesetzt. Er staunte mehr über den Sieg seines Pferdes, als dass er sich freute.
»Das übliche Anfängerglück!«, schimpfte Generoso. »Und jetzt geh, du bringst mir Unglück â¦Â«
»Ich hole meinen Gewinn ab und fahre nach Hause«, sagte Guido. Da wurde Generoso bewusst, wie kindisch er sich benahm. »Zum Teufel mit dem Rennen! Ich komme mit nach Villanova«, beschloss er.
Er stieg zu ihm ins Auto, unterwegs forderte er den jungen Mann auf, sich ihm anzuvertrauen.
»Warst du mit ihr im Bett?«, fragte er direkt.
»Bist du verrückt? Ich habe sie nicht mal mit dem kleinen Finger angerührt!«
»Es könnte dir genauso ergehen wie mir mit deiner GroÃmutter. Als wir als junge Leute zusammen durchgebrannt sind, habe ich versucht, sie zu küssen. Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte mir die Hand abgebissen! Hätte ich mich damals durchgesetzt ⦠wer weiÃ?«
»Du meinst �«, fragte Guido.
»Ich meine gar nichts. Ich erzähle dir nur, wie meine Geschichte ausgegangen ist â mit dem Ergebnis, dass sie mich noch heute am Gängelband hat.«
»Du meinst also, ich sollte â¦Â«, wiederholte Guido und klammerte sich an Generosos Worte.
»Junge Pferde brauchen Gerte und Karotte. Aber in deinem Fall solltest du die Bedenken deines GroÃvaters nicht unterschätzen: nämlich, dass ihr von eurer Bildung und Kultur her nicht zueinander passt«, bemerkte der Alte.
»Ich habe es einfach nicht geschafft, ihm zu vermitteln, wie komplex die junge Frau ist«, wandte Guido ein.
»Ich habe genau verstanden, worauf du hinauswillst: Du möchtest von mir die Zustimmung haben, die dir Amilcare verweigert hat. Aber die wirst du nicht bekommen. Denn es bringt nichts, sich in eine aussichtslose Verbindung zu verrennen . Dabei wirst du dir die Finger verbrennen, dir unglaublich wehtun, und wenn du später eine andere heiratest, wirst du niemals glücklich werden«, endete Generoso Castelli.
»Glaubst du nicht, du siehst das etwas zu schwarz?«, versuchte Guido, das Ganze abzumildern.
»In meinem Alter kann ich es mir erlauben, die Wahrheit zu sagen. Aber wenn
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