Bei Anbruch des Tages
Abend wird, auch wenn der Tag noch so strahlend gewesen ist. Zehntens: Das habe ich vergessen. Anscheinend war es nicht weiter wichtig.
Er faltete das Blatt Papier zwei Mal und steckte es in seine Jackentasche.
Kurz darauf verlieà er das Haus. Er war fest entschlossen, alles zu tun, um seine Frau nicht zu verlieren. Er schaute bei einem Blumenhändler vorbei, kaufte einen Strauà weiÃer Rosen und besuchte Amaranta im Krankenhaus.
Er traf sie im Bett an. Sie hatte sich aufgesetzt, nippte an einer Tasse Tee und empfing ihn mit einem Lächeln. Er zog einen Stuhl ans Bett und setzte sich neben sie.
»Danke für die wunderschönen Rosen!«, sagte sie und gab sie einer Schwester, damit diese sie in eine Vase stellte.
»Hast du noch Schmerzen?«, fragte Guido.
»Nur einen leichten Druck auf dem Unterbauch. Der Arzt sagt, dass es mir morgen deutlich besser gehen wird. In zwei Tagen werde ich dann entlassen.«
»Ich möchte heute Nacht hier bei dir schlafen â¦Â« Er zögerte, bevor er weitersprach.
»Und?«, hakte Amaranta nach.
»Ich finde, wir sollten unsere Beziehung endlich offiziell machen. Wir sind wie geschaffen füreinander, und ohne dich kann ich nicht leben, mein Schatz.«
»Ich muss erst trauern«, flüsterte sie nach langem Schweigen.
»Da bist du nicht die Einzige, Amaranta«, bemerkte Guido.
Sie nickte und strich ihm übers Gesicht.
»Im Himmel steht bereits geschrieben, wer wen lieben wird. Diese Liebe muss dann nur noch gelebt werden. Ob unsere dazugehört?«, fragte sie und sah ihm in die Augen.
»Zweifelst du daran?«
»Ich liebe dich von ganzem Herzen, und ich werde dich immer lieben«, murmelte sie, um dann traurig fortzufahren: »Aber ich weià nicht, ob unsere Liebe schon im Himmel beschlossen wurde. Denn wenn, müssten wir nicht so leiden.«
»âºIrgendwann wird es immer Abend, auch wenn der Tag noch so strahlend gewesen ist.â¹ Das hast du selbst geschrieben, aber vergessen hinzuzufügen: Und anschlieÃend geht die Sonne wieder auf«, sagte Guido in dem Versuch, sie aufzuheitern.
»Du hast meine Zehn Gebote gelesen«, sagte Amaranta überrascht und flüsterte mit gesenktem Blick: »Zerreià sie, sie haben keine Bedeutung mehr.«
In den darauffolgenden Tagen wich Guido kaum von Amarantas Seite. Sie schien sich wieder zu beruhigen. Der Arzt hatte ihr gesagt, dass sie problemlos erneut schwanger werden könne. Am dritten Tag ging Guido zur Krankenhausverwaltung und beglich die Rechnung. Währenddessen zog Amaranta sich an, um mit ihm nach Hause zurückzukehren. Doch als er wieder in ihr Zimmer kam, fand er nur eine Krankenschwester vor.
»Die Signora ist bereits gegangen. Sie hat etwas für Sie dagelassen«, sagte die Frau und reichte ihm ein zweifach gefaltetes Blatt Papier.
Guido las: Der Himmel will nicht, dass ich Kinder oder einen Lebensgefährten habe. Ich darf nicht gegen den Wunsch des Herrn verstoÃen. Ich weiÃ, dass du mich verstehen wirst. Ich liebe dich sehr, Guido, aber ich kann nicht deine Frau werden.
Léonies Aufstieg
1
U nd dann bist zum Glück du aufgetaucht, wie ein Geschenkdes Himmels«, sagte der alte Amilcare.
Léonie war müde, das Gleiche galt für den GroÃvater. Trotzdem wollte sie mehr wissen.
»Wo ist Amaranta hingegangen?«, fragte sie.
»Zu Don Tranquillo. Er hat sie in die Obhut der Benediktinerinnen von Lecco gegeben, die sie als Novizin aufgenommen haben. Sie ist jetzt Ãbtissin in einem Kloster. Laut Guido ist sie eine glückliche Nonne«, sagte Amilcare.
»HeiÃt das, er steht noch mit ihr in Kontakt?«
Im Nebenzimmer begann der kleine Gioacchino zu schreien. Die Kinderfrau, die sich auch um Giuseppe kümmerte, betrat das Zimmer und hielt ihr das Neugeborene hin.
»Mein Kleiner hat Hunger«, sagte Léonie lächelnd und nahm ihn in den Arm.
»Würden Sie mich zurück in meinen Wohnbereich begleiten?«, bat der Alte die Bedienstete.
Kurz darauf kam Celina und nahm in dem Sessel Platz, in dem kurz zuvor ihr Schwiegervater gesessen hatte. Sie sah zu, wie die Schwiegertochter ihren zweiten Enkel stillte.
Als der Kleine satt eingeschlafen war, sagte Léonie: »Ich bin müde, maman . Guido wird bestimmt gleich kommen, und ich möchte ein wenig schlafen«, und übergab den Kleinen dem Kindermädchen. Celina drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und
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