Bei Anruf - Angst
noch keinen Pokal
gewonnen. Aber er könnte bewaffnet sein. Verbrecher wie er tragen Pistolen.
Also aufpassen!
Lederjoppe, dem offenbar vom
vielen Bier nach noch mehr Bier zu Mute war, kam in die Diele geschlurft.
Tim hatte Gaby lautlos in den
hinteren Teil der Küche geschoben und lauerte hinter der Tür. Lederjoppe nahte.
Zwei Schritte noch.
In diesem Moment klingelte im
Wohnraum das Telefon.
Der Typ blieb stehen, knurrte
ärgerlich, schien zu überlegen, was vordringlich sei: Bier oder Telefon?
Er entschied sich für
fernmündliche Kommunikation, machte kehrt, schlurfte zurück und griffelte sich
den Hörer.
„Hm. Ja?“
Damit war der Anrufer offenbar nicht
zufrieden. Und Lederjoppe sagte: „Erkennst du meine Stimme nicht? Ich bin’s — Victor
Havliczek. Ja. ‘n Abend auch! Nee, der Kuno ist nicht da. Der ist auf Tour mit ‘nem
neuen Transport. Hat übernommen. Ich schlafe heute Nacht hier. Wie? Deine
Schwester — ja, ich weiß. Auf die soll er aufpassen. Aber da ist was
schiefgelaufen. Dieses dumme Stück Entschuldige! Entschuldige! Bevor du auf
mich losgehst, solltest du dir erst mal anhören, was sie verzapft hat, die
Süße. Die hat sich nämlich vorhin bei einem Sorgentelefon ausgequatscht.
Jawoll! Weil sie weiß, was du treibst. Sie hat dich belauscht, als du mit Kuno
telefoniert hast. So eine ist das! Gerade mal, dass sie dich nicht namentlich
verpfiffen hat. Aber vielleicht hätte sie’s gemacht — wäre Kuno nicht gerade
noch rechtzeitig dazwischen gegangen. Wie?... Bei einem Sorgentelefon für Kids.
Aber dort hat man offenbar doch rausgekriegt, woher der Anruf kam. Vielleicht
haben die ‘ne Fangschaltung, was sie eigentlich nicht dürfen. Oder irgendwelche
Geräusche im Hintergrund haben Kunos Adresse verraten. Jedenfalls waren dann
vier Kids hier auf der Matte und haben sich aufgespielt. Vier richtige Zecken,
sage ich dir, drei Jungs und ein Mädchen. Die haben dann Kuno verfolgt bis zur
Müllkipperheide. Aber er hat’s gemerkt — und wir haben eine Falle aufgestellt.
Haben die vier in einen der Bombenkeller gelockt und von beiden Seiten
verriegelt. Kuno wollte sie dort darben lassen, bis der Dicke drei
Konfektionsgrößen dünner ist. Fehlanzeige! Die haben sich befreit. Weiß der
Teufel, wie! Vielleicht haben sie sich per Mobiltelefon Hilfe bestellt. Wie dem
auch sei — eben sind sie wieder hier rumgeschlichen bei Kunos Behausung.
Seinetwegen mache ich mir jetzt echt Sorgen. Der muss sich was einfallen
lassen. Sonst steigen sie ihm auf die Zehen.“
Worauf du dich verlassen
kannst!, dachte Tim. Und nicht nur ihm.
„Wie?“, fragte Havliczek. „Nee,
weiß ich nicht. Keine Ahnung, wo Olivia jetzt ist. Kuno erwähnte nur, sie sei
in ‘nem sicheren Versteck.“
Havliczek lauschte einen Moment.
Dann: „Da musst du Kuno fragen.“ Er rülpste. „Weiß ich auch nicht. Ja, ich
brettere morgen zurück. Übrigens — wie ist denn das Wetter in Tirol? Na, egal!
Wo seid ihr eigentlich — ich will nämlich Pfingsten auch in die Gegend? Wie?
St. Amuletta? Häh? Amarusetta? Verstehe! Wie der Likör. Na, dann Prost! So, ich
breche noch einer Flasche den Hals, dann poofe ich. Grüß Adolf! Servus!“
Er legte auf.
13. Menschliche Fracht
Kuno Ivoritzki fuhr zu schnell.
Wie ein Irrer donnerte er mit seinem Lastzug über die Autobahn Richtung
Frankfurt. Der Schleuser wusste, wie unklug er sich verhielt. Er riskierte,
dass Polizei auf ihn aufmerksam wurde, eine Streife ihn anhielt. Dennoch!
Sein Instinkt trieb ihn. Das
Gefühl, diesen verdammten Transport rasch hinter sich zu bringen. Denn zuviel
war schiefgelaufen heute Abend — und jetzt, in der Nacht, war diese Pechsträhne
noch nicht zu Ende. Eine innere Stimme befahl ihm: Schnell zurück in deine
Wohnung! Dort baut Havliczek Mist.
Draußen peitschte Schneeregen
über das Land. Die Wolkendecke hatte sich geschlossen in dieser Gegend.
Allerdings war im Verkehrsfunk — den hatte er eingeschaltet — noch nicht von
dramatischen Unfällen die Rede.
Gerade als er sich eine
Zigarette anzünden wollte, hörte er das Klopfen. Im Tankauflieger, wo sich der
geheime Transportraum befand, wurde gegen Stahlblech gehämmert.
Das Zeichen! Verdammt! Den
Flüchtlingen, die dort eingepfercht waren, hatte man gesagt, sich im Notfall — aber
wirklich nur im äußersten Notfall! — auf diese Weise bemerkbar zu machen.
Was war los? Brachten die sich
gegenseitig um? War eine der Frauen schwanger und kam jetzt ein Kind zur Welt?
Oder war die
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