Bei Dir bin ich geborgen
vermisste sie so schmerzlich, dass er am liebsten selbst gestorben wäre. Aber irgendwie war das Leben weitergegangen, und irgendwie hatte er es überlebt. Doch er war nicht mehr derselbe. Der Verlust seines geliebten Kindes hatte ihn verändert. Der alte Dan war verschwunden, und der neue musste erst einen Weg finden, wie er ohne Mona weiterleben konnte.
Allmählich ließ der Schmerz nach, aber selbst heute noch, nach neun Jahren, konnten ihn die alte Traurigkeit und die Depression ohne Vorwarnung packen.
Michael und Livvy rissen ihn aus seinen schwarzen Gefühlen. Gerade noch rechtzeitig, wie er fand. Eine Minute länger, und die große Traurigkeit hätte ihn wieder gepackt.
Den Kindern war kalt, und Glynnis befand, es sei Zeit zu gehen. Als sie vor Glynnis’ Haus hielten, lächelte sie ihn an. „Möchten Sie noch eine heiße Schokolade und ein Sandwich mit uns essen?“
Dan wusste nicht, woher er die Kraft nahm, Nein zu sagen, denn nichts hätte er lieber getan. Aber das Gespräch über Kinder und Erziehung hatte seine wunden Stellen geöffnet, und er wollte allein mit seinen Erinnerungen sein. Daher sagte er: „Danke, aber ich habe dem Chief versprochen, um fünf auf der Wache vorbeizuschauen.“
„Oh, okay.“ Ihre Enttäuschung war nur schwer zu übersehen.
„Aber ein andermal gern.“
Jetzt lächelte sie wieder. „Das würde mich freuen.“ Dan wartete, bis sie und die Kinder im Haus verschwunden waren, bevor er nach Hause fuhr, um mit seinen Dämonen zu kämpfen.
Der Wiedereinstieg in die Arbeit fiel Glynnis schwerer, als sie erwartet hatte.
Nicht nur war sie fast vier Wochen weg gewesen, auch die Tatsache, dass sie Olivia wieder allein lassen musste, behagte ihr nicht, auch wenn sie wusste, dass sie nach den Geschehnissen einfach übervorsichtig war. Sie versuchte sich zu überzeugen, dass die Kinder in Sicherheit waren – Livvy im Kindergarten, Michael in der Schule –, und machte sich auf den Weg. Die erste Woche war gar nicht mal so hart, wie sie gefürchtet hatte. Michael und Livvy waren abends immer ganz aufgeregt und freuten sich auf den nächsten Tag, und Glynnis entspannte sich langsam.
Heute war Freitag, und da traf sie sich wie immer mit Kat im Bootsie’s, einer beliebten Pausenbar in der Nähe der Schule, wo es Sandwiches und Salate gab.
„Ich bin froh, dass wir unseren Freitag wieder haben“, begrüßte sie Kat, während sie die Handschuhe auszog und ihren Mantel über den Stuhl hängte. Nach dem eisigen Wind draußen schien das Restaurant vollkommen überheizt.
„Ich auch“, entgegnete Kat. „Während der Ferien habe ich unser Mittagessen schon vermisst.“ Sie lächelte. „Und dich auch.“
„Nun übertreib mal nicht“, neckte Glynnis sie. „Wie war dein Urlaub?“ Kat und Bill hatten die Kinder bei einer Schwester von Bill untergebracht und waren nach Neujahr eine Woche auf den Bermudas gewesen.
„Oh, Glynnis, es war Klasse.“ Sie zwinkerte ihr verschwörerisch zu. „Es war, als wären wir frisch verheiratet.“
Glynnis verspürte einen leisen Neid. Sie musste Kat nur ansehen, um zu wissen, dass sie eine vollkommen glückliche Frau vor sich hatte. Doch die Tatsache, dass sie selbst niemanden hatte, mit dem sie Bett und Leben teilen konnte, war kein Grund, Kat ihr Glück zu missgönnen.
Sie suchten sich etwas zu essen aus und sprachen gerade über den Urlaub, als die Getränke serviert wurden.
„Jonah erzählte, er hätte dich und die Kinder mit Dan an Neujahr beim Eislaufen getroffen.“
Aus irgendeinem Grund wurde Glynnis verlegen, und das machte sie wütend auf sich selbst. Hallo! Es gab keinen Grund, wegen Dan rote Ohren zu bekommen.
„Ja, es war schön. Dein Bruder ist wirklich nett, Kat.“
„Das finde ich auch.“ Kat lächelte.
„Die Kinder hatten einen Mordsspaß, denn am Anfang ist er ständig hingefallen.
Doch nach einer Weile hatte er den Bogen raus und flitzte fast wie ein Kind übers Eis. Michael und Livvy lieben ihn. Er kann wirklich gut mit ihnen umgehen.“ Einen langen Augenblick war es still, dann fragte Kat nachdenklich: „Ich habe dir doch von seiner Tochter erzählt, oder?“
Glynnis’ Herz machte einen Satz. Sie blinzelte. „Seiner Tochter? Ich wusste nicht, dass er eine Tochter hat. Lebt sie bei seiner Exfrau?“
„Nein.“ Kat seufzte tief auf. „Sie ist gestorben.“ Um Gottes willen, nein! „Ich hatte ja keine Ahnung! Wann war das?“
„Vor neun Jahren schon. Es ist eine traurige Geschichte. Mona bekam mit fünf
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