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Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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schwanger wurde und meine Mutter ganz schnell einen Abbruch organisieren musste, weil ihre Tochter ja zu blöd dazu war. Es ging alles ganz schnell, eine Praxis in Flensburg, der Arzt war ein Gspusi meiner Mutter. Anschließend war ich ein halbes Jahr krank, aber wenigstens nicht mehr schwanger. Nur der Studienplatz war weg. Und ich wollte das alles nicht mehr. Das war’s. Seitdem bin ich das schwarze Schaf. Aber sie hat ja noch meine Schwester, die macht alles wieder gut.«
    Katja war einen Moment lang sprachlos. Dann sagte sie: »Wieso haben wir deine Schwangerschaft nicht mitbekommen? Und wer war der Vater?«
    Anke streckte ihre Beine langsam aus. »Es war kurz nach dem Abitur. Ich habe es erst drei Monate später kapiert. Da wart ihr alle schon auf der Uni und wir hatten in der Zeit ja kaum Kontakt.«
    »Kurz nach dem Abi? Aber du hattest doch gar keinen Freund? Wer   …«
    Ankes Stimme klang müde. »Das ist doch egal. Es war eine Strandparty und wir waren alle ziemlich betrunken. Na ja, da ist es eben passiert.«
    »Du hattest einen One-Night-Stand?« Katja klang fassungslos. »Im Ernst?«
    »Ja, ich war tatsächlich so dämlich. Ich habe nie mit jemandem darüber gesprochen, weder wo, wann noch wer. Das ist das Einzige, worüber ich froh bin.«
    »Und wie hat der Typ reagiert? Oder hast du ihm auch nichts erzählt?«
    Anke schüttelte den Kopf und griff wieder zu ihrem Glas. |84| »Weil es vorbei war, bevor es angefangen hatte. Er war betrunken, ich auch, der Abbruch wurde sofort organisiert, was hätte ich erzählen sollen? Es war besser so. Und jetzt lass uns das Thema beenden. Bitte.«
    Katja musterte Ankes Gesicht in der Dunkelheit. Was für ein Chaos, was für Qualen. Und diese Zynikerin, diese Giftspritze, diese kluge Frau war so tapfer. Eine Welle von Sympathie überrollte Katja, sie beugte sich vor und küsste Anke auf die Wange. Überrascht hob die den Kopf.
    »Was ist jetzt   …?«
    Unvermittelt griff Katja nach ihrer Schulter. »Guck schnell, da oben.«
    Genau über ihnen fiel eine Sternschnuppe, dann eine zweite, eine dritte, dann ein ganzer Regen. Sie starrten beide wie gebannt auf dieses Schauspiel.
    »Wow.« Katja war begeistert. »So viele habe ich noch nie gesehen. Kerner, das ist ein Zeichen.«
    Anke blieb unbeeindruckt. »Das passiert oft am Meer.«
    »Sei nicht immer so blöde.« Katja schlug sie sanft auf die Schulter. »Lass mal was zu. Das war magisch. Und ich gehe jetzt ins Bett und freue mich auf morgen. Also, schlaf gut, mach dir keine Gedanken, das Leben ist schön und der Rest wird es auch noch. Gute Nacht, bis gleich.«
    Nachdem Katja weg war, blieb Anke noch einen Moment sitzen und sah in den Himmel.

|85| A m nächsten Morgen öffnete Doris vorsichtig die Glastür, die sich gleich am Eingang des Wellnessbereiches befand. Wenn sie den Hotelplan richtig im Kopf hätte, müsste hier der Fitnessraum sein. Bereits gestern, nach dem ersten Blick auf Katjas flachen Bauch und ihre schlanken Oberschenkel, hatte sie sich vorgenommen, sofort wieder mit einem Training zu beginnen. Das hatte sie in den letzten Jahren schon oft beschlossen, bezahlte sogar seit einigen Monaten einen völlig überteuerten Mitgliedsbeitrag in einem sehr edlen Fitnessclub, aber bislang war sie zu nicht mehr als zur ersten Probestunde gegangen. Und hatte deshalb auch nicht ein Gramm Fett verloren, geschweige denn Muskeln dazubekommen. Sie war einfach genauso schlaff und schlapp wie immer. Nur ihr schlechtes Gewissen wurde größer. Und ihre Unzufriedenheit. Aber jetzt hatte Katja die letzte Hemmschwelle weggeschossen. Und hier gab es einen Fitnessraum, in dem sie hoffentlich um 7   Uhr morgens noch niemanden treffen würde.
    Doris schloss leise die Tür hinter sich und sah sich tief einatmend um. Die verschiedenen Geräte standen auf dem glänzenden Holzboden vor der großen Fensterfront. Ihre Oberschenkel taten ihr bereits bei diesem Anblick weh, aber sie würde einen schönen Ausblick auf die Ostsee haben. Sie stellte sich auf eine Maschine, die sie aus ihrer Probestunde wiedererkannte. Dieser Stepper formte angeblich Hintern |86| und Beine. Doris suchte nach dem Knopf, sofort fingen die Scheiben unter ihren Füssen an sich zu bewegen und zwangen sie zu einem leichten Trab. Im letzten Moment hatte sie die Handgriffe erwischt, sonst wäre sie vermutlich wie ein Mehlsack heruntergekippt. Gut, dass niemand hier war, man würde sie sofort als absolute Dilettantin erkennen.
    Die erste Atemnot kam nach vier

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