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Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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Die Ärzte hatten ihr starke Beruhigungstabletten gegeben, die sie in einen gnädigen Schlaf versetzten.
    Doris konnte nicht schlafen in dieser Nacht. Und auch in den Wochen danach war es schwierig. Sie lief durch Watte, versuchte mühsam, alles zu tun, was ihre Mutter von ihr erwartete. Margret nahm die Trauer für sich allein in Anspruch. |196| Sie litt laut und verzweifelt, war nicht in der Lage, sich um irgendetwas zu kümmern. Das musste Doris machen. Ob sie wollte oder nicht.
    Dass sie es letztlich tat, lag an ihrer Disziplin und an Torsten, der ihr dabei half. Sie hatte funktioniert, hatte von der Beerdigung bis zu Telefonaten mit Behörden alles organisiert. Seitdem war das Verhältnis zu ihrer Mutter schwierig, nicht zuletzt, weil Margret am Steuer gesessen hatte.
     
    Schnelle Schritte auf dem Linoleum holten Doris wieder in die Gegenwart. Nele Wolter kam den Gang entlang, im selben Moment ging die gegenüberliegende Tür auf, und Angelika trat heraus.
    »Nele, da bist du ja.«
    Angelika sah ihrer Tochter unaufgeregt entgegen.
    Doris atmete aus. Die Geschichten wiederholten sich nicht.
    »Er hatte anscheinend einen leichten Schwächeanfall und soll ein paar Tage zur Beobachtung hierbleiben.«
    »Und weiter?« Neles Augen waren noch vor Schreck geweitet. Ihre Mutter zuckte mit den Achseln.
    »Alles halb so wild, hat der Arzt gesagt. Aber wir können die Geburtstagsfeier absagen. Einen kleinen Moment lang habe ich gedacht, er hat das extra gemacht.« Sie drehte sich um. »Ach, Doris, du bist ja auch noch da.«
    Doris erhob sich langsam. »Also geht es ihm ganz gut?«
    »Ich denke schon. Ich habe noch nicht mit ihm gesprochen, er wurde ja die ganze Zeit untersucht. Aber wir können jetzt zu ihm rein. Du kannst dann auch wieder fahren, Nele ist ja jetzt hier. Danke fürs Bringen, Doris. Wir sehen uns bestimmt nachher noch.«
    Sie ging mit ihrer Tochter zum anderen Ende des Ganges |197| und Doris machte sich auf den Weg zum Ausgang. Sie war selbst überrascht, wie groß ihre Erleichterung war. Katja eine schlechte Nachricht zu überbringen wäre ihr sehr schwergefallen, jetzt, da sie das Leben wieder leichter nehmen konnte.
     
    Als sie im Hotel ankam, führte ihr erster Weg ins Bistro. Katja und Anke saßen noch da.
    »Alles gut.« Doris legte die Hand auf Katjas Schulter, bevor sie sich setzte. »Er hatte einen Schwächeanfall, der Arzt hat aber wohl schon Entwarnung gegeben.«
    »Gut.« Katja nickte und atmete tief aus. »Versteh das bloß nicht falsch, Doris, ich habe es Anke auch schon erklärt: Ich bin nicht betroffen, weil er die Liebe meines Lebens war, sondern weil durch so etwas die ganzen alten Dinge wieder hochkommen. Du musst mich also nicht aufbauen oder trösten.«
    »Nein?« Doris betrachtete sie leicht verwundert. »Das sah vorhin aber ganz anders aus. Da hast du nicht so abgeklärt gewirkt.«
    »Ich kann das alles nicht gut ertragen, Krankheiten, Zusammenbrüche, Verdacht auf Herzinfarkt, es ist so deprimierend.«
    »Das ist nun einmal so, wenn man älter wird«, sagte Anke ohne eine Spur von Sarkasmus. »Plötzlich werden Menschen, die so alt sind wie wir, krank oder sterben sogar. Und das nicht nur durch einen Unfall. Das ist der einzige Grund, warum ich das Älterwerden hasse. Und das kann niemand ändern, weder durch Botox, Hormone, Kosmetik oder jüngere Liebhaber. Das muss man mit Haltung nehmen, wie es ist. Du auch, Severin.«
    »Ja, doch.« Katja rieb sich über die Stirn, dann hob sie den |198| Kopf und sah die beiden anderen entschlossen an. »Später. Aber eigentlich wollten wir heute Abend das Gegenteil machen. Wir wollten eine innovative Idee dafür suchen, wie ihr eure Leben auf eine andere Bahn bekommt. Sozusagen einen neuen Anfang finden. Schon vergessen?«
    »Nein.« Anke gab ein Zeichen, dass sie bezahlen wollte, was zur Folge hatte, dass Katja sofort ihr Portemonnaie aus der Tasche zog.
    »Ich mache das, Frau Dr.   Kerner, das war ja eine Therapiestunde und die ist sonst viel teurer.«
    »Das möchte ich aber nicht, deshalb   …«
    »Lass sie doch«, sagte Doris schnell und wandte sich zu Katja. »Irgendwie vertanzt du immer noch alles, was dich stört, oder?«
    Katja antwortete nur mit einem Augenzwinkern, während Anke sich zurücklehnte und hinzufügte: »Inzwischen muss Katja dafür nur die Musik lauter machen, aber das stört ja niemanden. Doris, wir beide sind einfach schon zu erwachsen.«

|199| D oris wollte noch duschen, um den Krankenhausgeruch zu vertreiben,

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