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Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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wir sie mal anrufen? Hast du dein Handy dabei?«
    |205| Doris lächelte sie milde an. »Ich habe es gestern an die Wand geschmissen. Wegen meiner Mutter. Es sind jetzt fünf Einzelteile plus Akku. Funktioniert nicht mehr.«
    »Aha. Meine Mutter ist zwar auch eine Katastrophe, aber sie hat noch keines meiner technischen Geräte auf dem Gewissen. Na ja, wir wollten ja nicht darüber reden. Ich gehe mal hoch und klopfe.«
    Sie stand in dem Moment auf, als Katja aus dem Fahrstuhl trat. Die lächelte nur und sagte mit einem Blick auf die Uhr: »Sorry, habe mich vertrödelt. Wollen wir ein Taxi nehmen? Zu Fuß schaffen wir das nicht mehr bis halb acht.«
    »Du zahlst das aber, du bist zu spät.« Doris sah sie strafend an.
    Anke drehte sich um, lief zur Rezeption und bestellte ein Taxi.
     
    Der Erste, den Anke beim Betreten der »Weidenklause« sah, war Georg. Er lehnte am Tresen. Neben ihm stand seine Schwester.
    Katja stürmte auf die beiden zu und begrüßte Christine überschwänglich.
    Der für sie reservierte Tisch stand mitten in einem urigen Gastraum. Die Decke war niedrig, der Holzboden alt und abgetreten, die kleinen Fenster hatten Sprossen und auf allen Fensterbänken flackerten Kerzen. In einer Ecke des Raumes knisterte ein Kamin, die Tische waren mit weißen Tischdecken, kleinen Rosensträußen und schlichten Gläsern, Besteck und Servietten gedeckt.
    »Das ist doch wenigstens mal altersgerechte Beleuchtung«, sagte Doris auf dem Weg zu ihrem Platz. »Kaum Deckenlicht, viel Feuerschein, da hat doch keine Falte eine Chance.«
    |206| »Aber Fisch darfst du nicht bestellen.« Christine setzte sich als Erste. »Du siehst ja keine einzige Gräte.«
    Katja nahm den Stuhl neben ihr und sah sich um. »Sehr schön hier. Und man kann eine Brille aufsetzen, wenn man unter Altersweitsichtigkeit leidet. Ich kann sehen wie ein Luchs. Ich kann dir auch den Fisch filettieren, wenn dich das entspannt.«
    Anke war ihnen langsam gefolgt. Sie fühlte sich plötzlich unwohl, glaubte, dass Katja und Doris genau registrierten, wohin sie sich setzte, wie sie Georg ansehen, was sie zu ihm sagen, wie er auf das alles reagieren würde, und spürte so etwas wie Fluchttrieb in sich aufsteigen. Sie hasste solche Situationen. Außerdem sah dieses Restaurant teuer aus. In ihrem Portemonnaie befanden sich noch genau 156   Euro, sie wusste nicht, was sie morgen noch brauchen würde. Und zur Bank konnte sie auch nicht gehen, heute war erst der 26. und das Gehalt wurde erst zum 28. überwiesen.
    Anke setzte sich auf den letzten freien Stuhl, neben Doris, gegenüber von Katja, die wiederum neben Christine saß. Georg blieb am Kopfende. Anke beobachtete ihn, während er seiner Schwester und Katja zuhörte. Er hatte ein schönes Profil. Trotzdem wollte sie diesen Mann nicht hier vor Publikum kennenlernen. Sie hörte einen Moment dem Gespräch zwischen den anderen zu, es waren die üblichen »Wir lernen uns hier kennen und finden es so nett«-Themen. Natürlich duzten sich auch alle sofort und tauschten Gemeinsamkeiten aus. Katja und Christine hatten sich vor zwei Jahren zuerst getroffen, so viel hatte Anke schon mitbekommen. Und natürlich hatte diese Christine auch einen tollen Job: Sie war Redakteurin bei einer Frauenzeitschrift und hatte Katja für eine Serie interviewt, bei der es |207| um Fernsehfrauen ging. Danach waren sie zusammen auf Sylt gewesen, anscheinend hatten Christine und Georg dort Familie. Irgendein Heinz hatte mit ihnen eine Inselführung gemacht. Anke fragte sich, warum man darüber so lachen konnte.
    Sie spürte einen Anflug von Eifersucht. Es war der letzte Abend, und anstatt ihn zu dritt zu verbringen, saßen sie hier und würden alle nur Banalitäten austauschen. Katja hatte schon wieder ihr Moderatorinnenlächeln aufgesetzt, sie war nicht mehr echt, und Anke merkte wehmütig, wie die Leichtigkeit der letzten Tage verflog.
    Neben ihr faltete Doris eine Serviette immer wieder auseinander und zusammen, Anke wurde ganz kribbelig. Ihr vorwurfsvoller Blick aber prallte an Doris ab, die voll damit beschäftigt war, neben der Falterei den Raum zu betrachten.
    Plötzlich hob Georg den Kopf und sah sie an. Er lächelte etwas gequält, anscheinend fand er, dass seine Schwester zu viel redete. Das fand Anke auch. Trotzdem wollte sie sich nicht mit ihm verbünden, auch wenn sie sich eingestehen musste, dass es ihr gefiel, wenn er sie so ansah. Ein kleines Lächeln rutschte ihr ins Gesicht.
    »Anke?«
    Sie zuckte zusammen, als Doris

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