Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman
verstehen. Und sich versöhnen können. Und dann vielleicht neue Wege einschlagen?«
»Anke.« Mit einem Blick auf ihre Mutter am Büffet machte Doris eine ungeduldige Handbewegung. »Du eierst so rum. Ich verstehe kein Wort. Und meine Mutter sitzt gleich wieder am Tisch.«
»Wir sollten ein Buch schreiben.« Ankes Stimme klang ganz hell. »Wir schreiben unsere Geschichten auf. Die Anfänge, die Irrtümer, die Geheimnisse, die Liebesgeschichten und die Pläne. Wir schreiben alles auf und zwar so, dass andere Frauen beim Lesen denken, sie wären dabei gewesen.«
»Als Roman?«, fragte Katja ungläubig. »Wir sollen zusammen schreiben? Über uns?«
Anke nickte. »Wir können das. Wir haben das früher schon gekonnt. Doris kommt aus ihrem langweiligen Trott raus und hat eine Aufgabe. Katja strengt ihr Gehirn wieder an und ich bin auch irgendwie dabei. Und wenn wir Glück haben, können wir damit sogar ein bisschen Geld verdienen. Auf jeden Fall aber wird es spannend. Ich hätte wahnsinnig Lust dazu.«
|280| Doris blieb skeptisch. »Wir haben eine Schülerzeitung gemacht. Vor dreißig Jahren. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir einen Roman schreiben können.«
»Natürlich können wir das.« Katja war schon immer leicht zu begeistern. »Da bin ich mir auch sicher. Wir müssen nur die nötige Disziplin haben. Nicht wahr, Doris? Ich bin davon überzeugt, dass wir das schaffen. Ob das Werk dann jemand lesen will, werden wir ja sehen. Aber versuchen sollten wir es.«
»Was solltet ihr versuchen? Redet ihr über das Fest?«
Nachdenklich betrachtete Doris ihre Mutter, die schon wieder neben ihr saß, und anschließend Katja und Anke. Es würde weitergehen. Anders und spannender. Und die guten Dinge würden bleiben. Sie hob den Kopf, richtete den Blick wieder auf Margret und sagte: »Wir wollen gemeinsam ein Buch schreiben. So wie früher die Schülerzeitung. Nach dem Fest fangen wir an.«
»Ein Buch?« Margret schüttelte spöttisch den Kopf. »Als ob du dafür Zeit hättest. Schnapsidee.«
Doris lächelte, legte ihre Hand auf Ankes und sagte: »Eine Superidee. Ich habe auch Lust dazu. Und wie Katja schon gesagt hat, ob es jemand lesen will, das sehen wir dann. Aber probieren können wir es. Wir müssen es. Katja?«
»Ich bin dabei.« Ihre Augen glänzten. »Genug Themen hatten wir ja gerade. Wir müssen sie nur noch in Form bringen. Anke? Du machst die Oberaufsicht? Wie früher?«
»Klar.« Anke hielt immer noch ihr Brötchen in die Luft. »Ich treibe euch an. Wir können gleich mit der groben Planung beginnen.«
»Können wir nicht.« Doris deutete auf die Uhr. »Wir haben in einer halben Stunde unsere Kosmetiktermine. Dabei |281| können wir ja denken, zumindest erst mal jeder für sich. Tschüss, Mama, wir sehen uns später im Lokal. Wir sind auch pünktlich, das kannst du Torsten sagen, nicht, dass er die Nerven verliert. Also …«
»Doris.« Mit energischem Griff hinderte Margret ihre Tochter am Aufstehen. »Was ist denn los mit dir? Jetzt noch zur Kosmetik, das wird doch eine einzige Hetze. Und was soll diese Albernheit mit dem Buch? Was glaubt ihr denn, wer ihr seid? Künstler? Als ob du keine anderen Probleme hättest. Du wirst wirklich immer drolliger, du machst dich ganz verrückt wegen dieses runden Geburtstags.«
»Nicht mehr, Mama.« Doris lächelte mit einer Gelassenheit, nach der sie sich in der letzten Zeit so oft gesehnt hatte. »Ich mache mich überhaupt nicht mehr verrückt, ganz im Gegenteil. So langsam empfinde ich die Zahl fünfzig und diesen Tag als äußerst angenehm. Bis später, wir treffen uns unten.«
|282| A nke schloss die Augen und gab sich den warmen Händen und der einschläfernden Stimme der Kosmetikerin hin. Sie hieß Sandra, war blond, jung, glatt, perfekt geschminkt und hatte Ankes Haut erbarmungslos analysiert. Gepflegt sei sie ja, so viel gestand Sandra ihr zu, aber von Feuchtigkeit könne ja wohl keine Rede sein. Außerdem gebe es die eine oder andere Alterspigmentstörung und die Partie unter den Augen müsse man ganz klar als Problemzone bezeichnen. Im Übrigen sei sie sehr sensibel, bei einer solch extremen Empfindlichkeit würde sie eine Pflegelinie empfehlen, die auf der Basis von Baumwollzellen wirke. Anke nickte nur und verlor sich zwischen warmen Kompressen und wohlriechenden Ampullen in ihren Gedanken.
Auf dem Weg zum Frühstück war sie noch voller Furcht gewesen. Sie dachte, sie habe mit ihrem Geständnis Doris so verletzt, dass alles, was sie
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