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Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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hob Doris das Gesicht in den Wasserstrahl und dachte an Torsten. Sie würde es ihm sagen. Sie hatte ihm immer alles gesagt. Vielleicht nicht jede Kleinigkeit, gerade in den letzten Jahren nicht, aber zumindest das meiste. Nur, was würde es nützen? Anke und Torsten, Doris und Tim und das alles vor dreißig Jahren. Spielte irgendetwas davon wirklich noch eine Rolle?
    |274| Sie stellte das Wasser ab und griff nach dem Handtuch, in das sie ihr Gesicht vergrub. Das war doch alles Unsinn, das war aus einem anderen Leben. Jetzt ging es um sie, um Sascha, um Torsten und um Anke und Katja, die sie nicht wieder verlieren wollte. Sie würde dafür sorgen. Sie selbst. Es wurde Zeit.
     
    Ein lautes Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Es wurde immer lauter und schneller, dann hörte sie die Stimme, die sie bis eben erfolgreich verdrängt hatte: »Doris. Herrgott, mach doch mal die Tür auf, ich bin’s!«
    Seufzend schlüpfte sie in den Bademantel, der an der Tür hing, und öffnete ihrer Mutter. »Morgen, Mama.«
    Mit beleidigtem Gesicht rauschte Margret Goldstein an ihrer Tochter vorbei ins Zimmer. »Sag mal, wo hast du denn gestern bloß gesteckt? Ich reise extra früher an, um dir noch bei den Vorbereitungen zu helfen, und du bist nicht aufzufinden. Ich hätte mir diesen ganzen Reisestress sparen können.«
    »Stimmt.« Doris knotete den Bademantelgürtel fester zusammen und hockte sich auf einen Sessel. »Hättest du. Du hättest mir aber auch einfach zuhören können. Es ist nicht meine Einladung, also muss ich auch nichts vorbereiten. Ich wollte nämlich gar nicht feiern. Das sagte ich ja bereits mehrfach.«
    Margret winkte unwirsch ab. »So ein dummes Zeug. Torsten hat es wenigstens richtig gemacht. Man wird schließlich nur einmal im Leben fünfzig. Was ziehst du an?«
    Ohne die Antwort abzuwarten, riss sie die Schranktür auf.
    »Ich habe das graue Seidenkleid mit«, redete sie weiter, während ihre Hände eilig Kleiderbügel zur Seite schoben. »Was ist das denn? Das sind ja nur Hosen und normale |275| Blusen.« Ihre Stimme klang regelrecht schockiert. »Du hast ja überhaupt nichts Elegantes dabei?«
    Sie drehte sich zu ihrer Tochter um, die inzwischen mit übereinandergeschlagenen Beinen in dem Sessel saß und ihr unbewegt zusah.
    »Doris. Jetzt guck nicht so. Das kann ja wohl nicht wahr sein. Torsten hat es nur gut gemeint, das kannst du nicht machen.«
    »Was kann ich nicht machen?« Doris blieb zu ihrer eigenen Verwunderung sehr entspannt.
    »Nicht hingehen.« Margret hatte schon Flecken am Hals. Die bekam sie immer, wenn sie sich aufregte. »Du kannst das nicht boykottieren. Das bricht ihm das Herz. Und überleg dir mal, was die Leute sagen. Die denken doch alle, ihr seid zerstritten. Wie viele Ehen gehen in eurem Alter auseinander? Und denk auch mal an die Jungs. Und an deine Schwiegereltern. Kommen nicht auch noch Leute aus der Firma? Und   …«
    »Es ist gut.« Abrupt sprang Doris hoch und baute sich vor ihrer Mutter auf. Sie war fast einen Kopf größer. »Jetzt beruhigst du dich bitte. Und hörst mir mal zu. Ich komme da hin, zusammen mit Anke und Katja. Die beiden haben mich nämlich überredet. Ich finde Torstens Idee zwar immer noch blöd, aber das sage ich ihm nachher selbst. Und ich ziehe mich jetzt an, gehe frühstücken und anschließend haben wir noch einen Kosmetiktermin. Irgendwann danach kommen wir dann rüber. Und du mischst dich bitte nicht dauernd ein. Ich bin fünfzig, Mama, nicht fünfzehn, ich weiß selbst, was ich tun muss.«
    Als sie es aussprach, wusste sie, dass es stimmte.
     
    |276| Im Frühstücksraum standen zwei Bedienungen an dem Tisch, vor dem Anke und Katja warteten, und nahmen das Tischtuch ab.
    »Kerner hat schon wieder einen Kellner umgerannt«, teilte Katja knapp mit. »Zum Glück habe ich noch nicht gesessen, aus einer weißen Jeans kriegt man Kaffeeflecken ja niemals raus.«
    Anke sah Doris entgegen und lächelte flüchtig. »Ich habe ihn nicht gesehen. Guten Morgen. Ist   … alles gut?«
    Mittlerweile war das Tischtuch ausgewechselt, Doris setzte sich neben Anke und nickte knapp. »Ihr habt ja auch nicht lange geschlafen. Seid ihr nicht müde?«
    »Nein.« Katja fing im letzten Moment eine Gabel auf, die Anke mit ihrem Ärmel fast vom Tisch gefegt hätte. »Könntest du bitte versuchen, deine Grobmotorik etwas zu beherrschen? Ich habe keine saubere Hose mehr, bevor du dir also Rührei mit fettigem Speck holst, sag Bescheid.«
    »Natürlich«, antwortete

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