Bei Interview Mord
Schriftstellerin persönlich. Ich legte los.
»Hier ist Rott, freier Mitarbeiter von Radio Berg, schönen guten Tag. Spreche ich mit Miriam Kley-Knöter?«
»Ja?«
»Frau Kley-Knöter, Sie kennen ja sicher unsere Sendung ›Menschen im Bergischen live‹ mit Jutta Ahrens. Nach dem Auftakt mit Magic Landini suchen wir ein neues Thema. Ich habe gehört, Sie sind Schriftstellerin und Kursleiterin in kreativem Schreiben. Könnten Sie sich vorstellen, mit uns eine solche Sendung zu machen? Ein Interview?«
Ich stoppte. Auf der anderen Seite der Leitung blieb es stumm.
»Ja, also… Sie meinen, eine Sendung über mich?«
»Wie gesagt, wir sind auf der Suche nach neuen Gästen.«
»Wann sollte das denn sein?«
»Der Termin steht noch nicht fest. Frau Ahrens von Radio Berg würde mit Ihnen erst ein Vorgespräch führen. Da würden Sie ihr alles erzählen - was Sie so geschrieben haben, welche Kurse Sie geben…«
»Ja, also, was soll ich sagen? Ich bin ganz perplex.« Sie räusperte sich. »Das ist sicher eine schöne Sache… Wann wollen Sie denn kommen?«
Ich dachte nach. Am liebsten hätte ich den Termin noch auf den heutigen Abend gelegt, aber den würde ich brauchen, um Jutta schonend beizubringen, was ich hier gerade machte.
»Morgen?«, schlug ich vor.
»Ja, also…«
»Es ist nur ein Vorgespräch, Frau Kley-Knöter. Sie verpflichten sich natürlich zu nichts. Wir kämen kurz vorbei. So ein Stündchen vielleicht. Und dann macht sich Frau Ahrens ein Bild. Passt es Ihnen am Vormittag? Sagen wir, halb elf?«
»Also gut. Gerne, Herr… Wie war noch mal der Name?«
»Rott.«
»Herr Rott. Vielen Dank.«
Ich verabschiedete mich, und als ich auflegte, schlug ich innerlich ein Kreuzzeichen.
Wenn das mal gut ging!
Eine Dreiviertelstunde später hatte ich den Brunnen intensiv studiert. Mittlerweile war er mir ein bisschen über. Genauso wie die Erklärungen im Schaukasten. Ich wusste jetzt für alle Zeiten, dass Wipperfürth auf eine Furt in der Wupper zurückging und dass man dem Ort 1217 die Stadtrechte verliehen hatte. Wipperfürth war Münzstätte der Grafen von Berg gewesen. Siebenmal hatten verheerende Brände die Stadt heimgesucht, die Heimat eines florierenden Tuchhandels gewesen war. Auch die vier Kondommarken im Automat konnte ich auswendig.
Und endlich ging Jutta ans Telefon.
»Hallo, Jutta. Ich bin's.«
»Ach Remi, es tut mir ja so Leid wegen gestern!«
»Schwamm drüber«, sagte ich. »Ich habe neue Erkenntnisse. Und darüber müssen wir sprechen -«
Sie redete einfach weiter. »Und diese schöne CD, die du mitgebracht hast.«
»CD?«
»Guitarra Mediterrana. Von den Eduardos. Die ist doch von dir, oder nicht? Sie lag im Flur.«
Die CD aus dem Laden Klang & Farbe. Jetzt fiel es mir wieder ein.
»Hör doch mal«, sagte sie, »ich habe sie gerade aufgelegt.«
»Jutta, könnten wir das nicht später -«
Sie war nicht mehr am Telefon. Im Hintergrund wurde Musik lauter. Rhythmische Gitarren. Es klang wie in einer Bar.
»Da fühlt man sich gleich wie im Urlaub.«
»Ja, das freut mich. Du, wir müssen -«
»Weißt du, Remi, ich habe nachgedacht.«
»Worüber?« Meine Güte, was kam denn jetzt?
»Ich lade dich nach unserem Streit als Entschädigung zum Essen ein. Was hältst du davon?«
»Sehr viel! Ich habe wegen des Abendessens heute noch keine Planung, aber -«
»Das freut mich, Remi. Also pass auf, wir treffen uns…«
Ich gab es auf. Wer weiß, wie sie reagierte, wenn ich ihr erzählte, dass ich ihr einen Termin mit einer angeblichen Kandidatin für ihre Interviews aufs Auge gedrückt hatte. Sicher wurde sie dann wieder sauer. Und in einem öffentlichen Lokal hielt sich der Ausbruch hoffentlich in Grenzen.
»Es ist jetzt Viertel vor sieben«, sagte sie. »Komm doch zu mir rauf und hol mich ab. Dann können wir zusammen mit deinem Auto fahren.«
»Jutta, ich bin nicht zu Hause.«
»Wo denn dann?«
»Ich bin in Wipperfürth. Abholen kann ich dich gern, aber es dauert ein bisschen. Vielleicht können wir uns gleich in dem Restaurant treffen?«
»Ich habe im Moment kein Auto, Remi. Die Motorradsaison beginnt.« Aha! Wieder mal ein Wechsel des fahrbaren Untersatzes. Und dann auch noch ein Motorrad. »Ich habe keine Lust, abends mit der Maschine nach Hause zu fahren.«
»Okay«, sagte ich. »Ich mache den Chauffeur. Ich komme, so schnell ich kann.«
»Fein! Und dann kannst du mir deine Neuigkeiten in Ruhe erzählen. Ich bin ja schon so gespannt!«
Nach einer harten Prüfung im
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