Bei Interview Mord
sie hinter dem Mord steckt?«
»Sie war bei der Hochzeit«, sagte ich.
»Sie könnte einen Auftragsmörder auf Landini angesetzt haben. Womit wir wieder bei Pfaff wären.«
»So was würde sie ihrer Tochter niemals antun.«
»Immerhin hätte sie ihr zu einem schönen Erbe verholfen. Haus. Pension. Sicher auch ein bisschen Vermögen.«
Ich schüttelte den Kopf und erzählte weiter. Als ich gerade darlegte, wie ich bei Wipperfürth auf Winfried Kurz getroffen war, sagte Jutta plötzlich: »Hier kommt die Loher Straße. Da musst du rechts abbiegen.«
Wir hatten die Wuppertaler Stadtgrenze längst überquert und waren in Schwelm angekommen. Die Gegend war ziemlich hässlich, eine typische Zwischen-den-Städten-Gegend. Wir waren an Tankstellen und an Einkaufszentren vorbeigekommen. Ich war gespannt, wie unser Ziel aussah.
»Fahr die Straße durch. Dahinten ist es.«
Rechts begann eine Backsteinmauer, die wahrscheinlich zu einem alten Fabrikgelände gehörte. Und dann stand da plötzlich ein kleines, mit Schiefer beschlagenes Häuschen an der Straße.
Jutta dirigierte mich auf einen Hinterhof voller Autos, wo es noch eine einzige Lücke gab. Wir stiegen aus.
»Auf geht's. Die Eisenwerkschänke erwartet uns. Ich hoffe, du hast Hunger mitgebracht.«
Eine schmale Tür führte auf einen Flur, und dann ging es in den Gastraum, aus dem mir ein intensiver Geruch entgegenkam: bestes Küchenaroma, durchsetzt mit Grillmief und einer feinen Nuance von Bier und Tabakrauch. Herrlich.
Wir absolvierten im Slalom den Weg zwischen den Tischen, und Jutta begrüßte im Vorbeigehen einen Mann in weißer Schürze und Kochmütze, der hinter einem Grill zugange war. Dort brutzelte es wunderbar. Mein Blick fiel auf fertig bereitete Teller mit Folienkartoffeln, Fleisch, Salat und Körbchen mit geschnittenem Brot.
Das Restaurant war ziemlich voll, aber wir fanden Plätze an einem der großen Tische.
Ich ließ mich nieder und sah mich um. Der Küchenduft hatte mich so gefangen genommen, dass ich erst jetzt erkannte, dass wir uns in einer Art Wunderland befanden. Jeder Quadratzentimeter war mit Altertümchen bedeckt: Da hingen uralte Fotos von Fachwerkhäusern und Stadtansichten. Dazwischen längst verblichene, streng dreinblickende Uniformträger und Frauen in hochgeschlossenen Kleidern. Zwischendurch gab es auch mal ein kitschiges Gemälde zu sehen - einen Blumenstrauß, blühende Landschaften oder, ganz groß, Jesus, der die Kinder segnet. An den Fenstern, hinter einer langen, geschlossenen Bank, reihte sich altes Küchengerät: Kaffeemühlen, Waagen, Vasen, Kaffeekannen.
»Das ist nicht nur ein Restaurant, sondern auch ein Museum«, stellte ich verwundert fest. »Welcher Sammler hat das denn aufgemacht?«
»Die Eisenwerkschänke gibt's schon dreißig Jahre. Sie gehört Herrn Diehl. Da kommt er gerade.«
Der weiß beschürzte Mann hinter dem Grill kam auf Jutta zu und gab ihr die Hand. Dann stützte er sich auf die Stuhllehne und lächelte uns an. »Freut mich, dass Sie wieder mal den Weg hergefunden haben«, sagte er.
»Ganz meinerseits«, sagte Jutta artig und stellte mich vor. »Das ist mein Neffe. Ich wollte ihn heute mal zum Essen einladen. Er kannte ihr Lokal bisher noch nicht.«
Herr Diehl war sichtlich glücklich über einen neuen Gast, den er mit seinem Lokal begeistern konnte.
»Wenn das Essen so ist wie die Atmosphäre, kannst du mich öfter einladen«, sagte ich.
Jutta deutete nach oben. »Hast du schon gesehen, was sich an der Decke abspielt?« Ich hob den Kopf und erkannte im dämmrigen Licht eine matt glänzende Ansammlung von alten Küchengeräten - Töpfe, Schaumkellen und Reiben.
»Wo haben Sie all diese Sachen her?«, fragte ich den Inhaber.
Er zuckte mit den Schultern. »Auf Flohmärkten zusammengetragen. Manchmal bringen auch Gäste etwas mit. Sie sagen, es sei ihnen lieber, Omas alten Kochtopf hier zu wissen, als ihn irgendwem zu geben oder sogar wegzuwerfen.« Herr Diehl lächelte noch mal in die Runde. »Der Grill ruft«, sagte er. »Suchen Sie sich was Schönes aus.«
Jutta sah mich an, und in ihrem Blick lag etwas Spitzbübisches. »Siehst du diesen Teekessel da am Fenster?«, fragte sie. »Der hat Frieda gehört. Vielleicht kannst du dich an ihn noch erinnern.«
»Frieda?«, rief ich. »Meiner Mutter? Du hast Herrn Diehl den Teekessel meiner Mutter gegeben?« Ich war baff.
»Jetzt hör aber auf. Das Ding lag über zwanzig Jahre in einem Umzugskarton im Keller. Und du hast doch gehört, was Herr
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