Bei Interview Mord
weiteres Interview zu bringen, damit der Landini-Mord nicht so lange an der Serie ›Menschen im Bergischen live‹ klebt. Ich habe ihr von Miriam Kley-Knöter erzählt. Offensichtlich ist sie auch ein bisschen bekannt im Bergischen. Also: Die Sache steigt.«
»Hast du Frau Schall auch gesagt, dass die neue Interviewkandidatin die Nachbarin des Mordopfers ist?«
Jutta stutzte, schüttelte dann aber den Kopf. »Ist doch egal. Der Mord ist ja nicht in der Schreibersheide passiert. Jetzt müssen wir nur noch mit der Schriftstellerin einen Termin ausmachen.«
Ich sah Jutta eine Weile dabei zu, wie sie ihr Fleisch vertilgte, atmete tief durch und nahm einen Schluck Bier. Vor lauter Aufregung leerte ich das ganze Glas. Ich schluckte schwer.
»Schon passiert«, sagte ich dann.
Eine Dreiviertelstunde später saßen wir im Wagen. Pappsatt und zufrieden.
»Das hättest du mir ruhig von Anfang an erzählen können«, sagte Jutta, als ich den Golf aus dem kleinen Parkplatz der Eisenwerkschänke bugsierte.
»Ich dachte, du würdest sauer werden, wenn ich einfach Termine in deinem Namen mache. Was wäre denn gewesen, wenn Frau Schall dem Interview nicht zugestimmt hätte?«
»Dann wären wir da hingegangen, hätten das Gespräch geführt, wären weggefahren und hätten die Sache abgeblasen. Nach dem Motto: Tut mir Leid, ich kriege keinen Sendetermin oder so was. Und du hast ja Recht: Wir dürfen das nicht auf die lange Bank schieben. Wenn das alles stimmt, sitzt dieser Pfaff unschuldig. Eigentlich wäre es deine Pflicht, sofort zur Polizei zu gehen.«
»Eigentlich ja. Aber das wäre ja gegen die Spieregeln.«
Jutta drehte sich zu mir und lächelte.
»Genau. Wie gut, dass wir uns wieder verstehen.«
Als wir auf dem Brill angekommen waren, fiel mir siedend heiß etwas ein. Piet! Was, wenn er mir diese Nacht auflauerte?
Jutta öffnete den Wagenschlag. »Also, mach's gut. Wir treffen uns um halb elf morgen in der Schreibersheide. Ich nehme das Motorrad.«
»Jutta?«
»Was ist?«
»Kann ich vielleicht in deinem Gästezimmer übernachten?«
Juttas Gästezimmer war ein Apartment und fast so groß wie meine ganze Wohnung. Ich hatte schon öfter dort genächtigt. Eigentlich hätte ihr das also gar nicht so außergewöhnlich vorkommen dürfen. Aber ausgerechnet jetzt stutzte sie.
»Was ist los? Traust du dich nicht nach Hause?«
Ich seufzte. »Müssen wir darüber reden? Ich hab einfach meine Gründe, okay?«
Jutta kniff die Augen zusammen. »Hat es etwas mit diesem Fall zu tun? Verschweigst du mir da was?«
»Nein.«
»Worum geht es dann?«
Ich zögerte. Doch dann hatte ich eine Idee, wie ich Jutta die Sache begreiflich machen konnte. »Vielleicht genügt es dir«, sagte ich, »wenn ich verrate, dass ich am Montag Besuch vom Finanzamt hatte…«
»… und deine Schulden nicht bezahlen konntest?« Jutta nickte verständnisvoll. »Ich wette, du bist die Kfz-Steuer schuldig geblieben. Kann ich mir vorstellen.«
Ich hatte richtig getippt. Was es hieß, das Finanzamt auf den Fersen zu haben, verstand Jutta. Darin waren wir Verbündete.
»Aber seit wann kommen Finanzbeamte nachts?«, bohrte sie weiter.
»Ich will nicht darüber reden.«
»Also gut. Kannst mit raufkommen.«
»Danke. Und noch was.«
Ich gab ihr meinen Schlüsselbund. »Könntest du mir bitte ein paar Sachen aus der Wohnung holen? Wenn wir morgen Abend noch in Gladbach bleiben sollten, suche ich mir da eine Unterkunft. Vielleicht gibt es ja die Pension von Theresa noch.«
Jutta verzog den Mund. »Finanzamt hin oder her. Die lauern dir doch da unten nicht auf. Das sind Beamte. Es ist halb elf abends.«
»Und nimm bitte dein Motorrad«, fügte ich hinzu. »Mein Auto kennen sie.« Und Piet kennt Jutta nicht, dachte ich. Es müsste also klappen.
»Sonst noch Wünsche? Willst du vielleicht deinen eigenen Fernseher im Gästezimmer haben? Oder einige von deinen Möbeln? Vielleicht kann ich die ja auch noch auf dem Moped raufholen.«
»Meine Pistole vielleicht. Für alle Fälle.«
»Worum geht es, Remi? Nun sag es schon.«
»Eine offene Rechnung. Wenn sie mich erwischen, kann ich nicht weiter für dich arbeiten. Mit dem aktuellen Fall hat es nichts zu tun.«
»Wirklich?«
»Megagroßes Riesen-Detektiv-Ehrenwort!«
Jutta guckte skeptisch, doch dann nahm sie mir den Schlüsselbund ab und öffnete ihre Garage, die unter dem Haus lag.
Sie holte ihr Motorrad, eine BMW mit leuchtend rotem Tank, heraus, setzte sich den bereitliegenden Helm auf und raste die
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