Bei Interview Mord
schon einiges vorbereitet hatte: drei Kuchenteller nebst geblümten Tassen. Eine Schale mit Keksen. Eine Sorte, die ich von Aldi kannte. In einer Ecke des Tisches stapelten sich Bücher.
»Wie gesagt«, nahm Jutta den Faden wieder auf, als wir saßen, »wir freuen uns, dass Sie es so schnell einrichten konnten. Ich weiß nicht, was mein… was Herr Rott Ihnen schon erzählt hat. Es geht um die Interviewserie ›Menschen im Bergischen live‹ , und wir haben da als Nächstes an Sie gedacht. Eine Autorin aus dem Bergischen Land - das passt sehr gut.«
»Diese Interviews«, sagte Frau Kley-Knöter. »Das ist doch diese Interviewreihe, in der Herr Landauer…« Sie verstummte.
»Ja, dieser traurige Vorfall hat uns alle betroffen gemacht. Aber wir wollen die Reihe gern weiterführen.«
»Sie wissen, dass er unser Nachbar war? Er wohnte gleich hier drüben.« Sie deutete aus dem Fenster in Richtung des Zauns, der das Grundstück vom dem Landinis trennte. Er war von den Koniferen verdeckt, die gestern, als ich Heike besucht hatte, in Bewegung geraten waren.
Jutta legte eine oscarverdächtige Nummer im Schauspielfach »Erstaunen« hin.
»Tatsächlich!«, rief sie und fasste sich an die Stirn. »Die Adresse kam mir gleich so bekannt vor! So ein Zufall!«
»Ist das wirklich Zufall?«, fragte Frau Kley-Knöter misstrauisch.
»Aber sicher! Ich bin ja damals für die Vorgespräche mit Herrn Landauer gar nicht hier gewesen, sondern er hat uns im Sender besucht. Also so was… Was hältst du denn davon?«, sagte sie zu mir.
»Ja, also… ich finde auch, dass das ein großer Zufall ist«, sagte ich lahm, und dann ergriff ich die Gelegenheit, die sich mir plötzlich bot, das Grundstück etwas genauer in Augenschein zu nehmen. Ich stand auf, wobei ich einen verwunderten Blick der Hausherrin erntete, und ging auf die Terrasse zu.
»Ist das dahinten der Lerbacher Wald?«, fragte ich, und Frau Kley-Knöter nickte.
»Wir wohnen ganz in der Nähe des berühmten Lerbacher Schlosses«, sagte sie. »Das kennen Sie ja sicher.«
Ich versuchte, so etwas wie Bewunderung in meinen Gesichtsausdruck zu legen. Da ich mich nicht von der Stelle rührte, stand Frau Kley-Knöter auf und öffnete die Terrassentür.
Jutta zog mit. »So ein riesiger Garten«, sagte sie. »Der macht bestimmt viel Arbeit.«
»Allerdings.« Frau Kley-Knöter trat auf die grau geflieste Terrasse hinaus. »Und ich kümmere mich ganz allein darum.«
Ich folgte ihr, Jutta kam nach. Sie hatte jetzt einen Block in der Hand und machte sich eifrig Notizen.
»Das Schreiben ist etwas Geistiges«, sagte Frau Kley-Knöter, »und der Garten etwas Geerdetes, Stoffliches. Ich pendle sozusagen zwischen beiden hin und her. Das bringt mir innere Harmonie.«
Es klang wie auswendig gelernt.
Jutta schrieb mit. Ich war gespannt, wie sie auf die Bücher der Frau zu sprechen kommen wollte. Sie hatte in der kurzen Zeit kein Buch von Frau Kley-Knöter besorgen können. Geschweige denn lesen.
»An was für Texten arbeiten Sie denn gerade?«
Damit hatte Jutta die Autorin zum Reden gebrach. Sie erzählte irgendwas von einem großen Gedichtzyklus über sterbende Bäume und die Kraft des Wassers.
Da sah ich die kleine Hütte. Sie stand am Rand des Grundstücks, rechts unter den hohen Bäumen, wo der Wald begann. Das Häuschen konnte für alles Mögliche gut sein. Zur Aufbewahrung von Brennholz ebenso wie für Gartengeräte oder Fahrräder.
Oder für ein Motorrad.
Ich tat so, als hätte ich noch nie einen Wald gesehen, und schlenderte bis an die hintere Grundstücksgrenze. Dabei blickte ich nach oben, als wollte ich meine Aufmerksamkeit den Vögeln zuwenden, die in den Wipfeln lärmten. Als ich hinten angekommen war, wo das Unterholz des Waldes dicht durch einen Drahtzaun wuchs, drehte ich mich um. Jutta und Frau Kley-Knöter betrachteten gerade die Fliesen der Terrasse. Wahrscheinlich hatte Jutta verstanden, was ich vorhatte, und ihre Interviewpartnerin mit dem für Hausbesitzer sicher spannenden Thema »Fliesensorten« abgelenkt.
Ich machte, dass ich zu der Hütte hinüberkam, und drückte die Klinke der schmalen Tür hinunter. Nicht verschlossen. Ich riskierte einen Blick hinein und sah, dass das Häuschen mit Gartenmöbeln, Kartons und undefinierbarem Kram bis zur Decke voll gestopft war. Ein Motorrad konnte sich dahinter durchaus verbergen.
Ich bezähmte meine Neugier, ging gemütlich zurück, und als ich nahe genug herankommen war, lobte ich die Größe des Grundstücks und
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