Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bei Interview Mord

Bei Interview Mord

Titel: Bei Interview Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
Vom Netzwerk:
schob die Schublade zu, und da hörte ich schon die Schritte auf dem Flur. Die Tür wurde geöffnet, und mir blieb nichts anderes übrig, als mich an die Wand zu stellen und mich möglichst flach zu machen. Frau Kley-Knöter nahm ein Buch aus dem Regal und ging sofort wieder, ohne mich zu sehen.
    Mein Puls hatte von achtzig auf zweihundert geschaltet. Ich verließ den Raum und sah, wie sie ins Wohnzimmer zurückkehrte. Ich wandte mich in die andere Richtung. Zum Eingang, wo ich neben der Garderobe eine andere Tür gesehen hatte.
    Wenn mich nicht alles täuschte… ja, richtig. Stufen führten in den Keller. Noch einmal lugte ich in Richtung Wohnzimmer, aber die Luft war rein. Frau Kley-Knöter war gar nicht zu sehen.
    Ich lief die Treppe hinunter und checkte unten, so schnell ich konnte, die Räume. Gasheizung, Waschmaschine, Trockner. Regale mit Aktenordnern. Alles schön übersichtlich, aufgeräumt und so sauber, als würde die Hausfrau hier jede Woche wischen. Ein Tiefkühler brummte in der Ecke. Daneben gestapelte Vorräte.
    Kein Motorrad. Nicht mal eine Motorradschraube.
    Wieder nach oben.
    Jutta saß im Wohnzimmer und knabberte an einem Keks. Frau Kley-Knöter stand gerade auf und holte den Kaffee aus der Küche. Ich ließ mich auf meinem Platz nieder und nickte Jutta zu, während die Schriftstellerin die Tassen füllte und sagte: »Ich glaube, Sie können sich nur ein richtiges Bild von mir machen, wenn ich Ihnen einige meiner Gedichte vorlese.«
    Sie nahm ein Buch von dem Stapel, und ich konnte den Titel erkennen. Es hieß »Innenseiten«. Auf dem Cover war eine kindlich gemalte Blume abgebildet. Das Buch sah aus wie selbst verlegt.
    »Also«, sagte die Dichterin und blätterte. »Das erste Gedicht heißt ›Verlangen‹«
    Juttas Miene versteinerte, als sich Frau Kley-Knöter räusperte und mit Stentorstimme anfing:
    »Brennendes, heißes Verlangen / bange erwartetes / lange erträumtes / lärmendes zitterndes / blitzend gewitterndes / Bangen / erfüllendes langes Verlangen / an Wangen / an Liedern / die / verklangen…«
    Ich sah ausdruckslos ins Nichts und ließ die Lyrik über mich ergehen.
    Die Lesung dauerte eine halbe Stunde. Ich trank in der Zeit vor lauter Langeweile vier Tassen Kaffee und aß sämtliche Kekse bis auf einen einzigen, den ich aus Höflichkeit liegen ließ.
    Endlich konnten wir gehen. Jutta erklärte Frau Kley-Knöter, dass das Interview am morgigen Tag stattfinden würde, und zwar um kurz nach fünf. Eine knappe halbe Stunde davor würde der Ü-Wagen kommen. Wenn sie wollte, könnte sie Freunde einladen. »Und es wäre nett, Ihren Mann kennen zu lernen.«
    »Mein Mann wird sicher dabei sein, sagte Frau Kley-Knöter. »Er muss sich nur am Nachmittag freinehmen.«
    »Bei welchem Verlag arbeitet Ihr Mann eigentlich?«, fragte Jutta, als wir schon aus der Tür waren und auf den Natursteinplatten standen.
    Frau Kley-Knöter nannte den Namen eines Verlages in Köln.
    »Kenne ich«, sagte Jutta, »die machen doch auch Telefonbücher, oder?«
    Die Schriftstellerin schwieg, und wir gingen.
    »Wir reden unten in der Stadt irgendwo«, raunte mir Jutta zu. »Fahr mir einfach nach.«
    Ich folgte ihr den steilen Berg hinunter zur Bensberger Straße. Unten hielt sich Jutta links, und nach ein paar hundert Metern bog sie auf einen Supermarktparkplatz ein. Sie stieg von der Maschine und setzte sich zu mir ins Auto.
    »Was hältst du von der ganzen Sache?«, fragte sie.
    Ich verzog den Mund. »Die Frau ist grauenhaft. Tut mir Leid, dass du mit ihr deine Zeit verplemperst. Du sagst das Interview doch ab, oder?«
    »Was? Wie kommst du denn darauf?«
    »Das ist doch eine blutige Dilettantin! Willst du die wirklich vor dein Mikro lassen?«
    »Darum geht's doch gar nicht, Remi. Es geht darum, eine schöne Geschichte zu haben. Und eine Frau mit einem schönen Haus im schönen Bergischen Land, die schöne Gedichte schreibt: Das ist eine schöne Geschichte.«
    »Wenn du meinst…«
    »Also, was ist nun mit unserem Verdacht?«
    Ich erklärte Jutta, dass ich im Keller nichts gefunden hatte, mir aber die Hütte noch einmal ansehen musste. »Und ansonsten habe ich das hier.«
    Ich griff in die Tasche und gab Jutta das Blatt. »Passt nicht gerade zu einer Dichterin, oder?«
    Jutta starrte die Zeichnung an. »Passt aber auch nicht gerade zu unserem Mörder. Der ist auf einem richtigen Motorrad gekommen. Und nicht auf einem gezeichneten. Remi, ich glaube, dass wir auf dem Holzweg sind. Das hier nützt uns gar

Weitere Kostenlose Bücher