Bei Interview Mord
an.
»Entschuldigung, wohnen Sie hier in der Straße?«, begann ich vorsichtig.
»Nein, das nicht. Aber was suchen Sie denn? Vielleicht kann ich Ihnen trotzdem helfen.«
»Ich habe erfahren, dass eine alte Bekannte von mir hier raufgezogen ist. Ich weiß aber ihre Adresse nicht.«
Der Mann öffnete einen zweiten Torflügel, und einige große Fahrzeuge, die in dem Gebäude standen, wurden sichtbar. Ganz vorn erhob sich ein knallroter Unimog. Riesengroß.
Was war das hier? Die Feuerwehrzentrale von Neschen? Oder von Odenthal?
»Wie heißt Ihre Bekannte denn?«, fragte der Mann.
»Theresa«, sagte ich. »Theresa Heilig.«
Das Lächeln des Mannes wurde noch etwas breiter, und er nickte. »Ist es vielleicht die Theresa, die da hinter Ihnen steht?«
Ich wandte mich um und sah eine kompakte Gestalt an der nächsten Haustür stehen. Ich erkannte sofort das runde Gesicht unter der blauen Mütze wieder, und es schien, als hätte Theresa dieselbe Latzhose an, die sie damals getragen hatte.
»Remi?«, rief sie mit ihrer tiefen Stimme und schüttelte verwundert den Kopf. »Bist du es wirklich?«
»Allerdings!«, sagte ich. »Es war nicht ganz einfach, dich zu finden. Ich musste erst einen leibhaftigen Gartenzwerg bedrohen, bevor ich erfuhr, wo du jetzt wohnst.«
Theresa kam auf mich zu, drückte mich an ihren kleinen, massigen Leib und sah mich aufmerksam an. »Ein bisschen dünner bist du geworden«, sagte sie. »Aber sonst hast du dich gar nicht verändert.«
»Ganz meinerseits«, sagte ich. »Obwohl ich das mit dem ›dünner‹ nicht gerade zurückgeben kann.«
Theresa drohte mit dem Finger, aber ich wusste, dass sie zu den wenigen Frauen gehörte, denen ihre Figur völlig egal war.
»Das hier ist übrigens Andreas Lindner«, sagte Theresa und wies auf den braunhaarigen Mann. »Er bringt in meiner Scheune seine Unimogs unter.«
Ich gab Herrn Lindner die Hand. »Deine Scheune?«, fragte ich verwirrt.
»Das hier ist Remigius Rott«, stellte Theresa mich vor. »Ein professioneller Privatdetektiv. Er kommt aus Wuppertal.« Und zu mir gewandt: »Das stimmt doch noch? Oder machst du jetzt was anderes?«
»Ah, und er berät dich in deinen Fällen?«, mutmaßte Andreas Lindner und verwirrte mich noch mehr. Ihre Fälle? War Theresa jetzt eine Kollegin?
Theresa legte mir die Hand auf die Schulter. »Das müssen wir alles in Ruhe besprechen«, sagte sie. »Komm erst mal rein. Andreas, willst du auch auf einen Kaffee mitkommen?«
Herr Lindner nickte. »Gerne. Ich komme gleich nach.«
»Andreas sammelt diese Riesendinger«, sagte Theresa und deutete auf die Fahrzeuge, zwischen denen der Mann verschwunden war. »Er hat insgesamt acht Stück davon. Drei stehen in meiner Scheune, die anderen hat er sonst wo im Bergischen Land untergestellt. Ist so eine Art Hobby. Hauptberuflich arbeitet er bei Ford in Köln und ist außerdem bei der freiwilligen Feuerwehr in Bechen.«
Theresa stoppte ihren Redefluss, als wir vor einem Fachwerkhaus standen. Der weiße Putz leuchtete, die Tür glänzte grün wie frisch gestrichen. Vor den Fenstern im Erdgeschoss hingen Blumenkästen, in denen es bunt blühte.
»Wow«, sagte ich, und Theresa lächelte stolz. Wir betraten einen kleinen Flur, und voller Freude zeigte sie mir das ganze Haus. Unten gab es Küche, Wohnzimmer und eine Abstellkammer, oben ein Bad, ein Schlafzimmer und einen weiteren Raum, den Theresa für Gäste vorgesehen hatte. Man musste seinen Kopf vorsichtig an alten Balken vorbeibewegen, wenn man die schmale Stiege hinaufging.
»Aber eine richtige Pension wie damals unten in Gronau ist das nicht, oder?«
»Nein«, sagte Theresa. »Ich habe am Anfang schon dran gedacht, so was wieder aufzumachen. Aber ich habe eine andere Beschäftigung gefunden. Trotzdem kannst du natürlich das Zimmer haben, wenn du ein paar Tage bleiben willst.«
»Gerne, aber…«
»Du musst mir haarklein erzählen, an welchem Fall du arbeitest, es ist nämlich so…« Wir waren wieder unten und betraten das Wohnzimmer, in dem es nicht nur die übliche Ausstattung mit Fernseher, Büchern und Sesseln gab. Es befand sich auch ein Schreibtisch darin, direkt unter dem Fenster, das auf den Garten hinausging. Ein aufgeklapptes Notebook stand bereit. Auf einem Regal an der Seite stapelten sich Krimis. Alle, wie die Cover verrieten, von Theresa Heilig.
»Mensch, du hast es geschafft«, sagte ich anerkennend. »Davon hast du doch immer geträumt!«
»Ja, und das ist auch der Grund, warum ich keine Pension
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