Bei Interview Mord
kein Auto, nur ein Mofa. Ich leihe ihr den Unimog als Gegenleistung dafür, dass sie mir die Scheune zur Verfügung stellt.«
Er stand auf und verabschiedete sich. Als er weg war, erzählte ich Theresa, was mich hergeführt hatte. Sie hörte aufmerksam zu und unterbrach mich nicht ein einziges Mal.
»Miriam Kley-Knöter kenne ich«, sagte sie, als ich den Besuch bei der Schriftstellerin geschildert hatte. »Die Frau ist eine Katastrophe, genau wie ihre Texte. Aber du hast Recht. Die Spur führt eindeutig in die Schreibersheide. Ansonsten hätte ich eher gedacht, es hätte was mit dem Zaubertrick zu tun.«
»Ich will ja auch noch mit diesem Jürgen W. Urbahn sprechen, aber ich hab ihn nicht erreicht.«
»Das ist kein Wunder, mein Lieber.« Theresa grinste spitzbübisch.
»Wieso?«
Sie stand auf, ging nach nebenan und brachte eine Zeitung mit. Es war der Kölner Stadt-Anzeiger von heute. Die Seite, die Theresa aufgeschlagen hatte, gehörte zum Lokalteil »Bergisches Land«.
»Magische Momente in Las Vegas«, lautete die Überschrift, darüber nahm ein großes Farbfoto fast die ganze Breite der Seite ein. Es zeigte vier Personen: Ganz rechts außen war ein kleiner bärtiger Mann mit Brille im dunklen Jackett und mit gestreiftem Schlips zu sehen, der ernst blickte und die Hände etwas verkrampft über dem Bauch verschränkte. Dann kamen zwei Männer, die mir bekannt vorkamen: ein blonder Schönling im Glanzsakko und ein Schwarzhaariger, der etwas ramponiert wirkte - gezeichnet von einem Tigerangriff, der zwar schon eine Weile zurücklag, aber offensichtlich irreparable Schäden hinterlassen hatte. Ganz rechts stand eine Frau mit kurzen Haaren, ebenfalls schick gekleidet. Ein Blick auf die Bildunterzeile sagte mir, dass der Zauberer Jürgen W. Urbahn aus Rösrath derzeit in Las Vegas weilte und dabei bei den Weltklassemagiern Siegfried und Roy Halt gemacht hatte. Der Artikel berichtete, dass die beiden Zauberer aus Urbahns Händen eine Auszeichnung des Magischen Zirkels von Deutschland erhalten hätten: die »Magica« - eine Metallstatue, verbunden mit dem Ehrentitel »Magier des Jahrhunderts«. Ich sah mir das Bild noch einmal genauer an und erkannte in der Hand des blonden Siegfried eine Messingfigur. Weiter unten hieß es, Urbahn befände sich gerade auf einer längeren Amerikareise.
»Als Zauberer kommt man viel rum. Dabei sieht dieser Urbahn gar nicht aus wie ein Magier. Auf den ersten Blick würde ich sagen, er ist Bankdirektor.«
»Du hast ja wirklich Menschenkenntnis«, sagte Theresa. »Urbahn war im Privatberuf jahrzehntelang Investmentfondsverwalter bei einer großen Bank.«
»Ein Zauberer, der Geld zaubern kann. Tolle Sache. Und ich komme nicht an ihn ran.«
»Kümmer dich um die Schreibersheide. Du solltest mal rauskriegen, ob dieser Knöterich während des Mordes an Landini auf der Arbeit war.«
»Das sollte ich. Und zwar schnell. Es ist schon zwei Uhr durch, und um drei habe ich an der A 1 den Termin mit dem Waffenhändler.«
»Dann los«, rief Theresa unternehmungslustig.
»Was heißt hier ›dann los‹? Das ist nicht so einfach! Soll ich vielleicht in den Verlag gehen und mich nach den Urlaubsscheinen erkundigen?«
»Erzähl mir mal, was der Typ beruflich genau macht.«
Ich erklärte Theresa, dass Kley-Knöter wahrscheinlich den interessantesten Job der Welt hatte: Er las vermutlich Telefonnummern Korrektur.
Theresa ging wieder ins Wohnzimmer und holte ein Telefonbuch. »Ich habe eine Idee«, sagte sie.
»Und?«
»Verrate ich nicht.« Sie nahm den drahtlosen Hörer in die Hand und begann zu wählen.
»Moment«, sagte ich und nahm ihr das Telefon weg. »Erst will ich wissen, was du vorhast.«
»Es wird funktionieren. Und Kley-Knöter wird nichts merken. Ich verspreche es.«
Ich seufzte. »Also gut. Aber wehe, es geht schief.«
Theresa wählte erneut und hielt den Hörer ans Ohr. »Du kannst ja mithören, wenn du willst.«
Ich stellte mich neben sie und duckte mich. Ihre Haare kitzelten mich am Ohrläppchen. Eine Frauenstimme meldete sich und sagte den Namen des Verlages.
»Heilig hier«, sagte Theresa. »Könnte ich bitte Herrn Kley-Knöter sprechen?«
»Einen Moment, ich verbinde.«
Ich hörte, wie es in der Leitung tutete, und es dauerte eine ganze Weile, bis jemand ranging.
»Biermöller.«
»Heilig hier«, sagte Theresa wieder und verlangte Kley-Knöter aufs Neue.
»Ich glaube, er ist noch zu Tisch… ach nein, da kommt er gerade. Einen Moment. Ich
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