Bei Interview Mord
hatte.
Ich atmete tief durch, um meine wachsende Unruhe in den Griff zu bekommen, ging zum Telefon und rief sie an.
»Wo bist du?«, fragte ich, nachdem sie sich gemeldet hatte. Im Hintergrund waren laute Geräusche zu hören.
»Ich bin noch nicht da«, sagte sie. »Ich fahre gerade die Feldstraße hoch.«
Ich sah auf die Uhr. Der erste Trailer war vor einer Viertelstunde gelaufen.
Hinter dem Küchenfenster, das zur Straße hinausging, schob sich ein großer Personenwagen vorbei. Das Auto blieb stehen. Türen öffneten sich.
»Ich biege jetzt gleich in die Schreibersheide ein«, sagte Theresa.
»Und ich kriege Besuch. Die Leute von der Sicherheitsfirma.«
»Okay, bis später.«
Ich hatte gerade aufgelegt, da klingelte es. Als ich öffnete, stand Ballmann in Begleitung von zwei weiteren Herren in Zivil vor mir. Drei Kriminalbeamte auf einmal, dachte ich. Donnerwetter.
»Ich muss mich ja nicht mehr vorstellen«, sagte der Hauptkommissar. »Das hier sind meine Kollegen Reuter und Blissenbach. Dürften wir kurz mit Ihnen reden?«
Hinter der höflichen Maske blitzte es gefährlich aus Ballmanns Augen. Sie reden ja schon mit mir, hätte ich am liebsten gesagt. Ich nickte aber nur. Ich hatte mit so was gerechnet. Frau Schall hatte angekündigt, dass sie die Polizei informieren würde. Wahrscheinlich hatten die Sicherheitsbehörden die Gelegenheit beim Schopf gepackt und wenigstens eine richtige Frage gestellt: Wo wohnt dieser Rott eigentlich?
»Dürfen wir reinkommen?«, fragte einer der Kollegen. Ich wusste nicht, ob es Reuter oder Blissenbach war. Ballmann hatte mir verschwiegen, wer wer war.
»Kommen wir zur Sache«, sagte Ballmann. »Sie wissen, dass Sie sich da auf ein ganz gefährliches Spiel einlassen?«
»Ist das jetzt eine Frage oder eine Feststellung?«
Ballmann ignorierte den Einwand. »Warum macht Radio Berg das Interview live?«, fragte er. »Können die Sie nicht im Studio befragen? Wo es sicherer wäre?«
»Das ist nun mal das Konzept der Sendung«, sagte ich. »Fragen Sie doch Frau Schall. Ich freue mich aber, dass Sie sich so viele Sorgen um mich machen.«
»Das ist kein Spiel, Herr Rott. Nach allem, was wir wissen, könnte es tatsächlich sein, dass der Mörder wieder zuschlägt.«
»Sie meinen, nach allem, was Sie nicht wissen«, konnte ich mir nicht verkneifen einzuwenden.
»Lassen Sie den Quatsch. Lassen Sie uns unsere Arbeit tun. Verzichten Sie auf das Interview!«
»Wenn Radio Berg einen Experten befragen will, dann können sie das tun. Ich werde mich nicht dagegen sperren.«
»Experte«, sagte Ballmann verächtlich, und es klang, als würde er etwas ausspucken. »Sie sind der Neffe von Frau Ahrens, die unbedingt die journalistische Sensation braucht.«
»Ach, dass wir verwandt sind, haben Sie mittlerweile herausgefunden?«, sagte ich. »Herzlichen Glückwunsch. Bei unserer letzten Begegnung wollten Sie es mir nicht glauben.«
Ballmann sah mich eine Weile an und sagte: »Was haben Sie eigentlich vor, Rott?«
»Ich gebe ein Interview. Normale Sache für jemanden, der was geleistet hat im Leben.« Aus meiner Selbstsicherheit war Großkotzigkeit geworden. Was soll's, dachte ich. Kann ich diesen Soldempfängern mal zeigen, was eine Harke ist. Hatten die schon mal erlebt, wie es sich anfühlt, kein Geld mehr zu haben? Hatten die sich schon mal Sorgen um ihre Existenz gemacht? Beamte! Wenn es denen nicht gut ging, ließen sie sich krankschreiben, und dann verdienten sie ihr Geld zu Hause.
»Sie machen das doch nicht so ins Blaue hinein!«, rief Ballmann. »Wen wollen Sie da herauslocken?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»Sie haben doch einen Verdacht! Sonst würden Sie das alles nicht machen. Vor allem nicht so hopplahopp.«
Ich blickte auf den Zettel mit Theresas Handynummer. Ballmann folgte meinem Blick. Ich nahm das Blatt, faltete es zusammen und steckte es ein.
»Was ist das?«, wollte einer der Kollegen wissen.
»Eine Information meiner Wirtin«, sagte ich. »Ihre Handynummer. Sie wollte, dass ich sie anrufe, wenn ich weiß, wann das Interview stattfindet. Sie ist nämlich gerade einkaufen und -«
»Lassen Sie das Gelaber, Rott«, giftete Ballmann. »Sagen Sie, was dahinter steckt.«
»Nichts steckt dahinter. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Und ansonsten steht es Ihnen frei, bei dem Interview dabei zu sein. Das Ganze ist ja eine öffentliche Veranstaltung.«
Ballmann sah mich noch mal scharf an. Dann zogen die drei ab. Ich konnte durchs Küchenfenster
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