Bei Interview Mord
erkennen, wie sie in den Wagen stiegen.
Ich griff zum Telefon und drückte die Wahlwiederholung.
Theresa meldete sich sofort.
»Ich hab die Häuser jetzt genau im Blick«, sagte sie. »Alles ist wie ausgestorben.«
»Kannst du rauskriegen, ob jemand zu Hause ist?«
»Zu sehen ist nichts. Ich ruf mal übers Handy an.«
Ich wartete fünf Minuten. Dann rief ich Theresa wieder an. »Heike Quisselborn ist zu Hause, und Kley-Knöter auch«, meldete sie. »Eben habe ich übrigens die Ankündigung im Autoradio gehört. Sag mal - hast du wirklich keine Angst?«
Überraschungen
Warten. Mit Theresa telefonieren, nur um zu erfahren, dass sich in der Schreibersheide nichts tat. Wieder warten. Wieder mit Theresa telefonieren. Zwischendurch eine Zigarette rauchen. Aus dem Fenster sehen.
Warten, warten, warten.
Das mulmige Gefühl in meinem Bauch wurde immer stärker. Am liebsten wäre ich sofort rüber zu dem kleinen Wanderparkplatz am Ende des Wohngebiets gegangen, um mich umzusehen. Aber ich durfte die Leute von der Sicherheitsfirma nicht verpassen.
Wieder rief ich Theresa an.
»Absolut nichts, Remi. Eben ist jemand in das Haus am Anfang vom Wendehammer gegangen, aber das ist auch schon alles. Bei Landini und Kley-Knöter tut sich gar nichts. Der silberne Kombi steht bei Heike vor der Garage, und Kley-Knöters Wagen parkt ordentlich unter dem Carport.«
»Okay«, seufzte ich.
Ruhelos tigerte ich im Wohnzimmer und in der Küche umher. Ich öffnete die Terrassentür, weil ich plötzlich das Bedürfnis nach frischer Luft hatte. Draußen im Garten ging der Blick über die Weiden. Es duftete nach Gras, und die Vögel zwitscherten. Ich ließ mich in einem der weißen Plastikgartenstühle nieder und zwang mich, nicht andauernd auf die Uhr zu sehen. Als ich mich nicht mehr beherrschen konnte, waren gerade mal acht Minuten seit dem letzten Telefonat mit Theresa vergangen.
Mein Bauchgefühl hatte sich gerade mal wieder verstärkt, da überfiel mich plötzlich eine Vorstellung, die mich fast in Panik versetzte. Wer sagte eigentlich, dass der Mörder auf das Interview wartete, um mich umzubringen? Was hielt ihn davon ab, jetzt schon zuzuschlagen? Er brauchte nur zu wissen, dass ich mich allein hier im Haus aufhielt.
Ich blickte über die grüne Fläche hinweg zu dem kleinen Wäldchen, das knapp hundert Meter entfernt liegen mochte. Genau in der richtigen Distanz für einen Schützen, der es auf mich abgesehen hatte.
Ich kehrte ins Haus zurück, schloss die Terrassentür und wollte gerade ein weiteres Mal Theresa anrufen, da klingelte es an der Haustür.
Mein Herz klopfte plötzlich wie wild, aber ich zwang mich zur Ruhe. Landini war auch nicht irgendwo ermordet worden, sondern während des Interviews. Und Miriam Kley-Knöter war auch nicht erschossen worden, während sie im Haus war, sondern ebenfalls, während sie gerade vor dem Mikro von Radio Berg stand. Wer immer der Typ war, er hat einen Interviewtick, redete ich mir ein. Und wenn Kley-Knöter oder Heike über Kreuz gemordet haben, wird im Moment keiner von beiden auf mich anlegen oder gar vor der Tür stehen. Denn sie sind zu Hause, bewacht von Theresa.
Ich war noch unterwegs, um die Tür zu öffnen, da schrillte das Telefon so laut, dass ich zusammenzuckte.
Draußen standen zwei Männer mit Sonnenbrillen. Beide waren in einer Art Kluft gekleidet: graues Hemd und graue Cargohose. Sie erinnerten an Ordner bei einer Großveranstaltung.
»Herr Rott?«, fragte der eine.
»Entschuldigung, ich muss ans Telefon«, sagte ich. »Kommen Sie rein.«
Ich stürzte an den Apparat.
»Remi, es tut sich was«, sagte Theresa. »Kley-Knöter ist aus dem Haus gekommen und hat eine Tasche in den Kofferraum seines Wagens gelegt. Er ist wieder reingegangen, ich habe aber den Eindruck, dass er gleich wegfährt.«
»Die Herren von der Sicherheitsfirma sind da«, sagte ich. »Ich melde mich gleich wieder.«
»Wir wollen nur das Gelände sondieren«, sagte der eine, der sich als Seidel vorgestellt hatte und offensichtlich der Boss war. »Frau Schall sagte, Sie können uns zeigen, wo die Sache stattfindet.«
Ich nickte. Wir verließen das Haus und gingen an der Scheune mit den Unimogs vorbei in Richtung Wanderparkplatz. Die beiden Männer gingen stramm im Gleichschritt und sahen sich aufmerksam um.
Gleich neben der schmalen Straße begann die Weide. Sie war nicht eingezäunt. Weiter hinten, etwas im Tal gelegen, begann der Wald. Die Äste der Bäume reichten bis auf den Boden und
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