Bei Interview Mord
einfach, zack, auf Befehl, zwei Stunden schlafen und dann wieder aufwachen konnte?
Nach endlos langer Zeit und drei ergebnislosen Telefonaten bei Theresa hörte ich das dumpfe Brummen eines näher kommenden Fahrzeugs. Ich dachte schon, es sei einer von Andreas Lindners Unimogs. Doch dann schob sich etwas Weißes am Küchenfenster vorbei. Der Ü-Wagen.
Jetzt hielt ich es im Haus endgültig nicht mehr aus und ging hinüber zum Parkplatz. Das Gefährt rangierte gerade herum. Endlich fand es die richtige Position und stand. Weitere Autos folgten - darunter ein schwarzer Kleinwagen mit dem gelben Radio-Berg-Logo. Das Reportageauto. Unter den Leuten, die ausstiegen, erkannte ich ein paar bekannte Gesichter: Peter Volkmer, Frau Schall und die junge blonde Redakteurin, die ich heute Mittag im Großraumbüro gesehen hatte.
Frau Schall nickte mir zu und sah sich um. Dann blickte sie auf ihre Armbanduhr. In diesem Augenblick fuhr ein Motorrad auf den Parkplatz. Für den Bruchteil einer Sekunde spürte ich den Schreck in den Knochen, aber es war nur Jutta. Ich atmete tief durch.
Die Radio-Berg-Leute unterhielten sich, doch niemand verlor ein Wort darüber, warum wir wirklich hier waren. Dass wir auf einen Mörder warteten. Dass der Mörder schon bald da unten in dem Wäldchen lauern konnte.
»Wir machen jetzt gleich die Rausschaltung«, sagte Peter Volkmer, und Jutta nickte.
»Muss ich dabei sein?«, fragte ich und erntete allgemeines Kopfschütteln. »Gut, dann gehe ich noch mal rüber zum Haus.«
»Punkt fünf nach fünf geht's los«, sagte Peter Volkmer und gab Jutta den Kopfhörer und das Mikro.
Auf dem Weg zurück traf ich auf Seidel und seinen Mitarbeiter, die auf dem Weg zum Parkplatz waren. Sie nickten mir zu. Ich war noch nicht am Haus, da traf schon die nächste Gruppe ein. Die Staatsgewalt Ballmann und seine Konsorten.
»Das Publikumsinteresse ist ja gewaltig«, sagte ich mit gespielter Freundlichkeit. »Haben Sie schon ein Motorrad gesichtet?« Der Hauptkommissar ignorierte mich einfach. Die Kripoleute gingen schweigend vorbei, und ich betrat unbehelligt Theresas Haus.
Meine Armbanduhr zeigte zehn vor fünf. Hektisch drückte ich auf die Wahlwiederholung.
»Remi, ich wollte dich gerade anrufen«, sagte Theresa. »Es hat sich was getan. Vor ein paar Minuten ist eine Frau aus dem Haus gekommen. Sie haben sich ausführlich begrüßt, und das so herzlich…«
»… als wenn sie ein Verhältnis hätten?«
»Kann man so sagen.«
»Dann hat er wohl keins mit Heike Quisselborn…«
»Sie sind jedenfalls dann reingegangen und bisher nicht wieder rausgekommen.«
»Du weißt nicht, wie die Frau heißt?«
»Leider nicht. Dazu hätte ich wissen müssen, wo Kley-Knöter geklingelt hat. Das habe ich aber nicht sehen können. Es war irgendwo oben. Das Haus hat drei Etagen, und es gibt auf jeder Etage vier Wohnungen. Hab ich schon überprüft.«
»Bist du sicher, dass es keinen anderen Ausgang gibt?«
»Eigentlich schon.«
»Versuch, das noch mal genau festzustellen, und bleib dran.«
»Remi!«, rief sie plötzlich.
»Was ist?«
»Sie kommen aus dem Haus raus. Moment…«
»Was ist? Sprich weiter. Was machen sie?«
»Das darf nicht wahr sein. Sie machen eine von den Garagen auf…«
»Und?«
»Jetzt sind sie reingegangen. Ich kann hier von der Ecke aus nicht sehen, was für ein Fahrzeug da drin ist…«
Es klingelte an Theresas Wohnungstür. »Warte mal einen Moment«, rief ich. Ich sah auf die Uhr. Punkt fünf. Draußen stand Peter Volkmer.
»Wir müssen«, sagte er. »Die Nachrichten laufen.«
»Einen Moment noch.«
Ich ließ ihn draußen stehen und zog mich ins Wohnzimmer zurück.
»Theresa? Ich muss jetzt zum Interview. Gibt's noch was?«
»Remi, sie haben ein Motorrad! Gerade setzt sich Kley-Knöter den Helm auf. Er hat schwarze Motorradklamotten an! Und die Tasche hat er auf seinem Rücken. Es ist ein Rucksack!«
Jutta hatte sich an den Rand der Weide gestellt. Es hatte sich eine große Gruppe von Leuten angesammelt, durch die wir uns hindurchdrängen mussten. Ich erkannte noch mehr Radio-Berg-Mitarbeiter; es waren aber auch ein paar Fremde zu sehen. Ob Polizisten in Zivil oder Passanten oder Neugierige, wusste ich nicht.
Als ich Jutta erreichte, konnte ich eben noch zu Atem kommen, da begann sie in das Mikrofon zu sprechen. »David, wir stehen hier auf einem wunderschönen Wanderparkplatz in Odenthal. Ich sehe Weiden, hinten ein bisschen Wald und einen schmalen Weg, der hinunter zur
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