Bei Landung Liebe
lediglich die Schlagzeilen des Regionalteiles. Politik oder Wirtschaft interessierte mich noch nie sonderlich. Irgendwo in der Nähe war ein Auto aufgebrochen und dessen Radio gestohlen worden. Woanders protestierten die Bürger gegen den geplanten Bau eines Windrades und das städtische Tierheim riet von verfrühten, unüberlegten tierischen Weihnachtsgeschenken ab. Zwar waren es noch sechs Wochen bis Weihnachten, aber überall wurde schon kräftig die Werbetrommel für das bevorstehende Fest gerührt. Die Küchentür ging leise auf und der rote Schopf meiner Großmutter kam zum Vorschein. Sie trug immer noch ihr geblümtes Nachthemd und ihre Beine steckten in einem Paar bunt gemusterter selbst gestrickter Socken.
„Guten Morgen, Mädchen.“
Sie hustete und griff dann sofort zu ihren Zigaretten.
„Du solltest nicht so viel rauchen“, ermahnte ich sie.
Sie legte, entgegen meiner Erwartung die Schachtel wieder aus der Hand und nahm sich stattdessen eine Tasse aus dem Schrank.
„Vielleicht hast du recht.“
Ein erneuter Hustenanfall schüttelte ihren zerbrechlich wirkenden Körper. Sie goss sich etwas von dem Kaffee ein und setzte sich zu mir an den Tisch.
„Ich werde heute mit Ryan wieder zurückfahren“, gestand ich ihr. Sie pustete in ihren Kaffee und musterte mich über den Rand der Tasse.
„Das ist gut. Klär das mit deinem Freund.“
Ich dachte eigentlich, dass sie mir widersprechen und mich dazu überreden würde zu bleiben.
„Du kennst ihn doch kaum.“
„Meine Nase hat mich in solchen Dingen selten im Stich gelassen. Er mag dich. Du musst ihm eine ganze Menge bedeuten, sonst wäre er nicht hier aufgetaucht.“
Bevor ich etwas erwidern konnte, kam Ryan ins Zimmer. Er hatte geduscht und ich erkannte einen Hauch seines Duschgels in der Luft. Im Gegensatz zu gestern trug er heute eine helle Jeans und einen dunklen Kapuzenpulli.
„Guten Morgen“, murmelte er und fuhr sich mit der Hand durch seine feuchten Haare.
„Setz dich. Ihr möchtet bestimmt etwas essen, bevor ihr aufbrecht“, bemerkte meine Oma und stand auf um den Tisch zu decken. Sie holte verschiedene selbst gemachte Marmeladen aus dem Kühlschrank, stellte Butter und Frischkäse dazu und begann eine Unmenge Brot aufzuschneiden.
Verstohlen blickte ich zu Ryan, der sich neben mich gesetzt hatte. Er drehte die Kaffeetasse in seiner Hand hin und her und wartete, bis meine Oma auch wieder Platz genommen hatte, bevor er sich ein Brot nahm und es mit Butter und Marmelade bestrich. Nervös nippte ich an meinem Kaffee. Irgendwie konnte ich kaum erwarten, dass wir endlich im Auto saßen. Je früher ich die Wahrheit erfuhr, umso besser war es vermutlich. Selbst wenn die Wahrheit mir das Herz brechen würde. Obwohl mein Magen knurrte, musste ich mich dazu zwingen, eine Scheibe Brot zu essen. Dann ging ich nach oben und warf meine Habseligkeiten in meinen Koffer. So oft wie in den letzten zwei Wochen hatte ich noch nie gepackt. Erst die Reise nach Miami und nun der Besuch bei meiner Oma, der jedoch ein allzu frühes und ungeplantes Ende nahm. Mein schlechtes Gewissen meldete sich, aber ich nahm mir vor wieder herzukommen, sobald die Sache mit Ryan ausgestanden war. Als ich alles verstaut hatte, sah ich mich noch einmal im Zimmer um, ob ich auch wirklich nichts vergessen hatte. Dann knipste ich das Licht aus und trat auf den Flur. Ich war schrecklich nervös. Mit einem klammen Gefühl in der Brust trug ich meinen Koffer nach unten.
Ryan wartete bereits am Auto auf mich. Meine Oma stand im Vorgarten und rauchte. Sie konnte es einfach nicht lassen. Meine Großmutter umarmte uns zum Abschied, bevor ich schließlich schweren Herzens auf den Beifahrersitz schlüpfte. Jetzt war es nicht mehr aufzuhalten. In weniger als zwei Stunden würde ich Gewissheit haben. Ryan startete den Motor und fuhr langsam los. Er lenkte den Wagen sicher durch die Straßen und bald konnte ich das kleine Dorf meiner Oma nur noch im Rückspiegel ausmachen, ehe es nach einer Kurve ganz aus meinem Sichtfeld verschwand. Ryan spielte an der Lüftung des Leihwagens herum, bevor er zu reden begann.
„Isa, ich muss dir etwas erklären. Ich habe dir doch erzählt, dass ich auf dem College war.“
Daran konnte ich mich noch gut erinnern. Es war der erste Tag unseres Besuchs bei seinem Vater gewesen. Der Tag, den wir zusammen am Strand verbracht hatten.
„Ja“, antwortete ich mit dünner Stimme.
„Das war gelogen. Ich war nie auf dem College.“
„Was hast du dann
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