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Bei Rotlicht Mord

Bei Rotlicht Mord

Titel: Bei Rotlicht Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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die
Clochardsachen, die er trug.
    „Das lag noch in ihrem Kofferraum. Sie
meinten, für mich würd es reichen. Na ja, schließlich war’s besser als
nichts... Dann haben sie mich mitgeschleift, um sicher zu gehen, daß ich ihnen
keinen Ärger machen würde. Aber im Vorort von Paris angekommen, haben sie mich
rausgeschmissen, hopp! Sieh zu, wie du fertig wirst! Haben mir etwas Geld
zugesteckt, nicht der Rede wert, nur für den Anfang. Weniger hätten sie nicht
für mich tun können! Na gut... Sie können sich vorstellen, daß ich gar nicht
glücklich bin über meine Rückkehr in die freie Wildbahn. Möchte nur wissen, wie
ich ohne viel Ärger wieder zurück in den Knast kommen kann! Freies Geleit,
sozusagen, nur umgekehrt. Das Leben, das ich seit ‘n paar Tagen führe, ist kein
Honigschlecken, sag ich Ihnen! Wegen der zwei Monate, die ich noch absitzen
mußte, werd ich mich nicht durch ganz Frankreich jagen lassen. Und das ohne
einen Franc in der Tasche und mit den Klamotten hier! Über kurz oder lang
würden die mich wieder einfangen, und dann müßte ich nicht nur die zwei Monate
absitzen, sondern würd noch ‘ne saftige Extrastrafe aufgebrummt kriegen für den
Scheiß-Ausbruch. Verstehen Sie jetzt, in welchem Schlamassel ich stecke?“
    „Ich verstehe“, sagte ich. „Aber ich
glaube, nichts läßt sich leichter wieder einrenken als das. Du mußt dich nur
freiwillig stellen.“
    „Genau das wollte ich ja! Aber da hab
ich von Ihnen in der Zeitung gelesen und bin ins Grübeln gekommen... Von
Privatflics hat man manchmal komische Vorstellungen...“
    „Falsche, vor allem“, korrigierte ich
ihn.
    „Tja, aber nicht immer... Ein
Privater, das ist schließlich kein richtiger Flic, stimmt’s? Ich glaub, mit
einem Privaten kann man reden... sich einigen oder so. Na ja, daran hab ich
gedacht, als ich Ihnen auf die Bude gerückt bin.“
    „Und jetzt denkst du das nicht mehr?“
    „Doch, das denk ich immer noch, trotz
Ihres Revolvergags, wie Sie’s nennen...“ Mit der Hand, die nicht das Sandwich
hielt, kratzte er sich das unrasierte Kinn. „Also, ich komme hierher, erzähle
Ihnen die Geschichte von meinem Ausbruch, und Sie raten mir, mich freiwillig zu
stellen. Nehmen wir mal an, ich befolge Ihren Rat... Und wenn ich das nicht tu?
Was können Sie mir sonst noch raten?“
    „Nichts.“
    „Gut... Wenn aber so ein kleiner
Gauner wie ich die zwei Monate, die er der Gesellschaft noch schuldet, einfach
sausen läßt, das würde Sie doch nicht um Ihren Schlaf bringen, oder?“
    „Bestimmt nicht, mein Lieber.“
    „Also dann, im Klartext: Ich werd’s
riskieren! Ich vertraue Ihnen und hoffe, daß Sie mein Vertrauen nicht
enttäuschen. Wie gesagt, ohne einen Franc in der Tasche und in diesem Aufzug
komme ich nicht weit und lande bald wieder im Knast. Wenn ich aber das nötige
Geld hätte, könnte ich mir was Ordentliches anziehen und hätte eine reelle
Chance, nicht erwischt zu werden. Und Sie, Sie tun so, als hätten Sie mich nie
gesehen.“
    „Nachdem ich dir das nötige Geld
gegeben habe, nehme ich an?“
    „Ja.“
    „Und warum sollte ich dir das Geld
geben?“
    „Weil wir jetzt so gut wie Partner
sind.“
    „Partner?“
    „Nennen wir’s mal so.“
    „Aber hör mal, Alter, zu einer
Partnerschaft trägt jeder etwas bei. Was wäre denn dein Anteil, außer dem
Wunsch, dich ordentlich zu kleiden und frei herumzulaufen?“
    „Ach ja, natürlich!“ Er lächelte. „Ich
werde Ihnen bestimmte Dinge erzählen, die etwas mit dem zu tun haben, was in
den letzten Tagen passiert ist. Ich meine den Tod der jungen Frau vom
Fernsehen.“
    „Du hast Françoise Pellerin gekannt?“
fragte ich und sah mein Gegenüber skeptisch an.
    „Nein. Hab ihren Namen zum ersten Mal
in der Zeitung gelesen. Aber da steht auch, daß sie die Puppe von Dolguet war.
Und Dolguet hab ich gekannt.“
    „Ach. Und?“
    „Das ist sein Geld wert.“
    „Die bloße Tatsache, daß du Dolguet
gekannt hast?“
    „Dolguet und...“
    Er zögerte, zwinkerte mir zu und
sagte, so als würde er ins kalte Wasser springen:
    „Und Dubaille.“
    „Aha! Und wer ist dieser Dubaille?“
    „Ein Don Juan. Und noch so einiges
mehr. Aber bevor ich weitererzähle, müßten wir ein wenig über die Finanzen
plaudern. Ich...“
    Er wurde unterbrochen. Es läutete an
meiner Wohnungstür. Ein kurzes, freundschaftliches Läuten, leicht und
beruhigend. Ping-Bingebing-Ping. Mach auf, mach auf, ich bin weder der
Gerichtsvollzieher noch der Kassierer von den Gaswerken.

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